Brüchige Siege
Ansturm; unter den
Zuschauern waren viele Teenager und Soldaten aus Camp
Penticuff. Während des Krieges brauchten GIs nur den halben
Preis zu zahlen, sie zahlten fünfzig Cent für die Fußreihen und hatten die Augen mehr bei den Weibern als beim Spiel. Milt
Frye, der die Lautsprecheransage machte, meldete uns eine
Belegung von über dreitausend, ein mehr als anständiges
Ergebnis, selbst wenn viele ›nur‹ mit Altmetall bezahlt hatten.
CVL-Teams legten ihre Spiele meist ans Wochenende.
Manchmal kam es vor, daß eine Serie schon am Donnerstag-
oder Mittwochabend begann, doch die Montage und Dienstage
blieben offen und konnten als Reisetage genutzt werden oder
zum Nachholen von Spielen, die wegen Regen ausfielen.
Im Clubhaus verkündete Mister JayMac die vorläufige
Aufstellung. Kein einziger Neuling dabei. Junior, Skinny und
ich sollten die Bank drücken, bis jemand wegen Verletzung
ausschied oder einer von uns aus strategischen Gründen
gebraucht wurde. Fadeaway sollte überhaupt nicht spielen –
Mister JayMac hatte ihn für Sonntag eingeplant.
»Das sind nur zwei Tage Schonung«, meinte Fadeaway.
Allen stand der Mund offen, als hätte er sich soeben
geweigert, beim Löschen eines brennenden Waisenhauses zu
helfen.
»Nach meiner Rechnung drei«, sagte Mister JayMac. »Zum
Donnerwetter, mein Sohn, du bist fünfzehn, hab ich recht?«
»Jawoll, Sir.«
»Dann erholst du dich nie wieder so schnell vom Pitchen wie
jetzt, und deine Junk-Bälle* kannst du dir sparen. Wann
gedenkst du zu werfen? Wenn ich es von dir erwarte oder
wenn dir danach ist?«
»Wenn Sie es von mir erwarten.«
»Gut«, sagte Mister JayMac. »Also hör auf zu schmollen.«
Zwielicht kroch über das Feld. Die Lampen auf den Masten
erwachten. Es wurde taghell. In jenem Sommer machte sich
niemand Gedanken über ein Nazi-U-Boot, das den
Chattahoochee heraufkam, um eine Werft am Ufer oder einen
einsamen Nachschubkahn zu entern. Unter den Lampen sah
McKissic Field wie ein Wunderland aus: grüner Rasen,
glänzende Reklame, überall kräuselten sich die zarten
Gespenster aus Zigarren- und Zigarettenqualm. Nicht mal der
ewige Geruch nach gebrannten Erdnüssen konnte mir das
Wunder verderben. Als Mrs. Harry Atwill, die Organistin,
Take Me Out to the Ball Game spielte, rieselte es mir den Rücken hinunter. Mir war, als wolle der Himmel aufreißen wie
die Kapsel einer Seidenpflanze und ein Seraphimgeschwader
zur Erde schicken, um mit den Menschen Fastnacht zu feiern.
An diesem Abend warf Creighton Nutter, und hätte er nicht
das Zeug dazu gehabt, Highbridge hätte verloren. Die
Regulären spielten wie Behinderte. Sie übersahen Zeichen, sie
verpaßten Bodenbälle, verspielten harmlose Flugbälle und
verfehlten Cut-Off-Leute*, um nur einiges zu erwähnen. Im
vierten Inning begannen uns die Fans auszupfeifen. Sie
suchten sich Trapdoor Evans als Prügelknaben aus, der auf
dem Rasen lag und sich krümmte, nachdem er einen Korb-
Fang* in einen Unterleibstreffer verwandelt hatte. Charlie
Snow kam aus dem Centerfield gestürzt, las den Ball auf und
warf ihn zurück zum Pitcher.
»Evans ist kastriert!« skandierte eine Fußzeile aus Soldaten.
»Evans ist kastriert!«
Milt Frye sagte über Lautsprecher: »Beruhigt euch, Leute.
Die Direktion hat großen Respekt vor unseren Streitkräften,
aber wir tolerieren keinen Unflat, egal aus welchen Reihen.«
»Evans ist kastriert, Evans ist kastriert, Evans ist kastriert!«
skandierten die GIs. Die Schelte von Frye störte sie kein
bißchen, und als er bellte: »Wer von diesem unreifen,
rüpelhaften Verhalten nicht abläßt, wird – auch wenn er
Uniform trägt – aus dem Stadion geschafft!« da wandte sich
eine ganze Fußzeile von ihnen zur Pressekabine und beschickte
sie mit einem rhythmischen Stakkato von Pfiffen, das jeden
Drill-Wettbewerb in Camp Penticuff gewonnen hätte. Doch,
ehrlich gesagt, gab es an diesem Abend kein obszöneres
Spektakel als das, was unsere Regulären aufführten. Selbst
Leute, die Kinder dabei hatten, hatten mehr Sympathie für die
GIs als für unsere Hampelmänner.
Wir hatten förmlich Blinde-Kuh gespielt und gingen mit
einem einzigen Home Run in die letzte Schlagrunde. Und den
hatten wir Nutter zu verdanken, der klug geworfen hatte und
auch dann nicht durchdrehte, wenn seine Feldspieler sich wie
tänzelnde Nilpferde aufführten. Der Schock des Abends war
dann – eine Ohrfeige für Mister JayMacs Strategie, nach der
wir
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