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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Ansturm; unter den
    Zuschauern waren viele Teenager und Soldaten aus Camp
    Penticuff. Während des Krieges brauchten GIs nur den halben
    Preis zu zahlen, sie zahlten fünfzig Cent für die Fußreihen und hatten die Augen mehr bei den Weibern als beim Spiel. Milt
    Frye, der die Lautsprecheransage machte, meldete uns eine
    Belegung von über dreitausend, ein mehr als anständiges
    Ergebnis, selbst wenn viele ›nur‹ mit Altmetall bezahlt hatten.
    CVL-Teams legten ihre Spiele meist ans Wochenende.
    Manchmal kam es vor, daß eine Serie schon am Donnerstag-
    oder Mittwochabend begann, doch die Montage und Dienstage
    blieben offen und konnten als Reisetage genutzt werden oder
    zum Nachholen von Spielen, die wegen Regen ausfielen.
    Im Clubhaus verkündete Mister JayMac die vorläufige
    Aufstellung. Kein einziger Neuling dabei. Junior, Skinny und
    ich sollten die Bank drücken, bis jemand wegen Verletzung
    ausschied oder einer von uns aus strategischen Gründen
    gebraucht wurde. Fadeaway sollte überhaupt nicht spielen –
    Mister JayMac hatte ihn für Sonntag eingeplant.

    »Das sind nur zwei Tage Schonung«, meinte Fadeaway.
    Allen stand der Mund offen, als hätte er sich soeben
    geweigert, beim Löschen eines brennenden Waisenhauses zu
    helfen.
    »Nach meiner Rechnung drei«, sagte Mister JayMac. »Zum
    Donnerwetter, mein Sohn, du bist fünfzehn, hab ich recht?«
    »Jawoll, Sir.«
    »Dann erholst du dich nie wieder so schnell vom Pitchen wie
    jetzt, und deine Junk-Bälle* kannst du dir sparen. Wann
    gedenkst du zu werfen? Wenn ich es von dir erwarte oder
    wenn dir danach ist?«
    »Wenn Sie es von mir erwarten.«
    »Gut«, sagte Mister JayMac. »Also hör auf zu schmollen.«
    Zwielicht kroch über das Feld. Die Lampen auf den Masten
    erwachten. Es wurde taghell. In jenem Sommer machte sich
    niemand Gedanken über ein Nazi-U-Boot, das den
    Chattahoochee heraufkam, um eine Werft am Ufer oder einen
    einsamen Nachschubkahn zu entern. Unter den Lampen sah
    McKissic Field wie ein Wunderland aus: grüner Rasen,
    glänzende Reklame, überall kräuselten sich die zarten
    Gespenster aus Zigarren- und Zigarettenqualm. Nicht mal der
    ewige Geruch nach gebrannten Erdnüssen konnte mir das
    Wunder verderben. Als Mrs. Harry Atwill, die Organistin,
    Take Me Out to the Ball Game spielte, rieselte es mir den Rücken hinunter. Mir war, als wolle der Himmel aufreißen wie
    die Kapsel einer Seidenpflanze und ein Seraphimgeschwader
    zur Erde schicken, um mit den Menschen Fastnacht zu feiern.
    An diesem Abend warf Creighton Nutter, und hätte er nicht
    das Zeug dazu gehabt, Highbridge hätte verloren. Die
    Regulären spielten wie Behinderte. Sie übersahen Zeichen, sie
    verpaßten Bodenbälle, verspielten harmlose Flugbälle und
    verfehlten Cut-Off-Leute*, um nur einiges zu erwähnen. Im
    vierten Inning begannen uns die Fans auszupfeifen. Sie

    suchten sich Trapdoor Evans als Prügelknaben aus, der auf
    dem Rasen lag und sich krümmte, nachdem er einen Korb-
    Fang* in einen Unterleibstreffer verwandelt hatte. Charlie
    Snow kam aus dem Centerfield gestürzt, las den Ball auf und
    warf ihn zurück zum Pitcher.
    »Evans ist kastriert!« skandierte eine Fußzeile aus Soldaten.
    »Evans ist kastriert!«
    Milt Frye sagte über Lautsprecher: »Beruhigt euch, Leute.
    Die Direktion hat großen Respekt vor unseren Streitkräften,
    aber wir tolerieren keinen Unflat, egal aus welchen Reihen.«
    »Evans ist kastriert, Evans ist kastriert, Evans ist kastriert!«
    skandierten die GIs. Die Schelte von Frye störte sie kein
    bißchen, und als er bellte: »Wer von diesem unreifen,
    rüpelhaften Verhalten nicht abläßt, wird – auch wenn er
    Uniform trägt – aus dem Stadion geschafft!« da wandte sich
    eine ganze Fußzeile von ihnen zur Pressekabine und beschickte
    sie mit einem rhythmischen Stakkato von Pfiffen, das jeden
    Drill-Wettbewerb in Camp Penticuff gewonnen hätte. Doch,
    ehrlich gesagt, gab es an diesem Abend kein obszöneres
    Spektakel als das, was unsere Regulären aufführten. Selbst
    Leute, die Kinder dabei hatten, hatten mehr Sympathie für die
    GIs als für unsere Hampelmänner.
    Wir hatten förmlich Blinde-Kuh gespielt und gingen mit
    einem einzigen Home Run in die letzte Schlagrunde. Und den
    hatten wir Nutter zu verdanken, der klug geworfen hatte und
    auch dann nicht durchdrehte, wenn seine Feldspieler sich wie
    tänzelnde Nilpferde aufführten. Der Schock des Abends war
    dann – eine Ohrfeige für Mister JayMacs Strategie, nach der
    wir

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