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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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hat einen guten
    Schuß Cherokeeblut in den Adern, der erste entwurzelte
    Indianer, der heimkehrt auf dem Pfad der Tränen.« Frye sagte,
    Junior Heggie, der Junge aus Valdosta in Georgia, verdiene
    auch Applaus, und spätestens da muß sich Hoeys Speichel in
    Schwefelsäure verwandelt haben.
    Nach dem Spiel schmetterten die Lautsprecher eine
    krächzende Konserve der Nationalhymne. Ich stand auf der
    obersten Stufe unseres Unterstands, die Kappe am Herzen, und
    lauschte dem trunkenen Chor unserer Fans. Sie räumten das
    Stadion erst, als die Platzbeleuchtung auf Mister JayMacs
    Geheiß abgeschaltet wurde.
    Im Clubhaus meinte Lamar Knowles zu Junior und mir, wenn
    es uns gelänge die Boles-Heggie-Clerval-Kombination
    durchzuhalten, dann würden wir in der CVL so berühmt
    werden wie die Tinker-Evers-Chance-Combo in den Major-
    Leagues. Er wollte uns nicht den Hemdschlips küssen – er
    meinte es ehrlich. Junior hatte ihm die Schau gestohlen, und
    Knowles hätte ihn fertigmachen und alles mit Anfängerglück
    abtun können, aber das tat er nicht. Alle Achtung.
    Nach dem Duschen suchte uns Mister JayMac auf und
    meinte, das Wichtigste am heutigen Spiel sei nicht das Debüt
    von ein paar fiebernden Neulingen oder die Wiederholung des
    alten Double-Play-Rekords – das Wichtigste sei, daß die
    Hellbenders seit dem Eröffnungsspiel am 7. Mai gesiegt
    hätten.
    »Heute abend, Gentlemen, stehen wir neun und acht. Das ist
    gut: ein Sieganteil von mehr als 0.530. Aber wir brauchen uns

    weder diese noch sonst eine Nadel anzustecken. Schlagt diese
    Schaumschläger noch ein einziges Mal, morgen, und wir
    werden uns am Mittwoch auf Quitman stürzen und die
    Mockingbirds bei drei von drei Spielen auseinandernehmen.
    Opelika hat heute abend wieder verloren, und LaGrange und
    Cottonton verbeißen sich in Extra-Innings.*
    Wetzt Schnäbel und Klauen, Gentlemen. Bis Ende August
    sollten wir King in der Hackordnung der CVL sein.«
    Wir schlugen einander auf den Rücken und jubelten.
    »Wer spielt morgen am Short?« sagte Hoey.
    Die Frage verwandelte die Party erst in ein leeres
    Schwimmbecken und dann in hallende Stille.
    Mister JayMac sagte: »Wenn Sie die letzten beiden Spiele
    Revue passieren lassen, Mr. Hoey, wen würden Sie denn vorschlagen?«
    »Wenn ich meine letzten sechzehn Spiele Revue passieren lasse, dann halte ich die Frage nicht für fair, Sir.«
    »Vielleicht sollten wir jedesmal über die Aufstellung
    abstimmen. Jedesmal nachfragen, ob meine Anordnungen fair
    sind oder nicht.«
    Hoey hielt den Mund. Er hätte das Duell nur mit einer Pistole
    oder mit Hilfe eines Hypnotiseurs gewinnen können. Alle –
    mit Ausnahme von Evans, Sloan und zwei anderen – wollten, daß Hoey den Mund hielt. Er hatte die Siegesfeier in eine
    spröde Manöverkritik verwandelt.
    »Gut«, sagte Mister JayMac. »Zapfenstreich heute nacht um
    eins. Nein, zum Teufel. Macht um Mitternacht die Augen zu
    und schlaft euch morgen aus.« Er ging.
    Ach ja. An jenem Abend hatte Jumbo keinen Base Hit landen
    können, aber gescheiter wie ein Staubsauger jede Chance am
    First aufgesaugt und sich das Monsterherz aus dem Leib
    gespielt.

    Und wenn uns Buck Hoey wie Ammoniak in die Nase stach,
    dann roch Jumbo vergleichsweise nach Geißblatt und Minze.

    16

    IN JENER NACHT – GEGEN DREI ODER vier Uhr früh – hatte ich
    einen mächtigen Druck auf der Blase. Nach dem Spiel hatte
    Kizzy lauter Metallkrüge mit Zitronenlimo in den Clubraum
    gestellt, und ich hatte literweise davon getrunken. Eine Menge hatte ich wieder ausgeschwitzt, aber ein gut Teil brachte sich jetzt schmerzhaft in Erinnerung, weshalb ich aufstand, auf
    Zehenspitzen an Jumbos Bett vorbeiging und den Flur lang
    zum Etagenklo taperte. Schon komisch: Durch die Ritzen rings
    um die Tür zum Waschraum fiel Licht, der Knauf ließ sich
    nicht drehen, und ich vernahm ein harsches Gesprenkel auf
    Blech.
    Es war nicht Jumbo. Jumbo lag im Bett, eine abschreckende,
    zerklüftete Landschaft, die verträumte Schnaufer von sich gab.
    Jemand von unten war raufgekommen. Warum? War Sosebee
    zum Scheißen raufgekommen? Ich war stocksauer. Woher
    nahm diese Hellbender-Niete die Unverschämtheit, unseren
    Waschraum zu entern?
    Meine Blase war eine entsicherte Bombe. Ich brauchte
    Erleichterung. Ich konnte nicht warten, bis der Mistkerl fertig geduscht und sich abgetrocknet hatte. Bevor er mich reinließ,
    würde ich den Flur unter Wasser setzen. Ich suchte nach
    Alternativen: offene Fenster, Blumentöpfe,

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