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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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uns beim Heimspiel gründlich blamieren sollten – der
    Schock war dann, daß wir das Spiel irgendwie gewannen: drei
    zu zwei.
    Das war knapp. Und ungerecht. Na und?

    Der Sieg brachte uns mit acht-acht in die Saison. Opelika,
    Eufala und Cottonton verloren am selben Abend, und zwar
    gegen Quitman, Marble Springs und LaGrange, so daß wir um
    einen vollen Punkt an die Orphans und Mudcats heranrückten
    und uns den vierten Platz nicht länger mit den Boll Weevils
    teilen mußten. Doch es wurmte mich nach wie vor, daß Mister
    JayMac uns Neulinge ausgesperrt hatte, zumal unseren
    Sparringspartnern ganz offensichtlich die Puste ausgegangen
    war.1
    »Was müßte die Mannschaft tun, damit der Boss uns eine
    Chance gibt?« hatte Junior zu Skinny Dobbs gesagt.
    »Verlieren«, hatte Skinny gesagt. »Die Kerle müßten
    verlieren.«

    Skinny irrte. Das nächste Spiel gegen Lanett war auf
    Samstagnachmittag fünf Uhr angesetzt. Das CVL-Komitee
    hatte verfügt, eine bestimmte Anzahl von Spielen in den späten Nachmittag zu legen. Denn seit Jahren wurde der Süden von
    einer nagenden Dürre heimgesucht, die ihm die Deckung des
    Strombedarfs erschwerte. Spiele bei Tageslicht und
    Dämmerung senkten diesen Bedarf. Das war gut so.
    Rüstungsbetriebe – Schiffswerften, Torpedofabriken und
    Montagebänder – mußten rund um die Uhr laufen. Man
    konnte, wenn es nicht zu Extra-Innings kam, ganze Spiele
    zwischen fünf und Sonnenuntergang quetschen.
    Egal, knapp bevor wir uns rausputzten für die zweite
    Begegnung in der Lanett-Serie, kam Darius in den
    Umkleideraum und verlas die Aufstellung:
    »Erster am Schlag und Short, Danl Boles…« Er fuhr fort,
    doch das einzige, was mich noch interessierte, waren die
    Positionen sieben und acht, die besagten, daß Junior und
    Skinny zum Schlag eingeteilt waren, Junior das Second

    bespielte und Skinny von Trapdoor Evans das Rightfield
    übernahm.
    »Soll das ein Witz sein?« sagte Buck Hoey zu Dar-ius. »Ich
    hab gestern abend für drei geschlagen. Keiner war besser.«
    »Mr. Curriden war besser«, sagte Darius. »Und noch besser
    wär er gewesen, wenn Sie ihn nicht bei dem Pop-up* behindert hätten. Diese Beule an Ihrer Stirn, geht sie zurück?«
    »Sachte, Darius«, sagte Hoey. »Du betrittst dünnes Eis.«
    Darius schürfte mit der Spitze seines Halbschuhs über den
    Beton. »Hier ist doch überhaupt kein Eis. Schade, sonst hätten Sie was zum Kühlen gehabt.«
    »Lesen Sie noch mal vor«, sagte Junior.
    Brav verlas Darius die Aufstellung für den Nachmittag noch
    einmal. Mein Körper fing an zu summen wie eine Stimmgabel.
    Samstag, 5. Juni 1943. Mein erstes Spiel am Short in einem
    Profi-Verein.
    »Ich kann nicht glauben, daß Mister JayMac mich auf die
    Bank setzt«, sagte Hoey. »Ich habe an einem Streifen neun
    Hits geschlagen.«
    Darius pochte mit den Fingerknöcheln auf die Karte. »Hier
    steht nichts davon, daß der Wechsel für immer gilt, Mr. Hoey.«
    Das traf mich an einer empfindlichen Stelle. Wenn ich eine
    Chance vertat oder vorbeischlug, wenn Runner in den
    Startlöchern waren, war Hoey spätestens morgen wieder in
    Amt und Würden.
    »Und was, zum Teufel, machen wir solange?« wollte Evans
    wissen.
    »Wie wär’s mit Ausruhen«, sagte Darius. »Fand ich ganz
    logisch.«
    »Mist, verfluchter«, sagte Hoey.
    »Tja, und Sie, Captain: Mister JayMac will, daß Sie den
    Coach am First machen.«

    Vito Mariani war als Pitcher eingeteilt. »Kopf hoch, Buck.
    Ich werd sie so rasch plazieren, daß dein Hosenboden keine
    Zeit hat, blank zu werden.«
    Darius ging. Hoey starrte an den Boden. Knowles, der
    entthronte Second-Base-Mann, ging rüber zu Junior und legte
    ihm die Hand auf die Schulter.
    »Zerreiß sie in der Luft, Junge.«

    Das Spiel war kein Zuckerschlecken, auch wenn die
    Linenmakers gar nicht richtig zum Zug kamen. Auf die Scrap Metal Collection Night von Freitag folgte die Kitchen Fats for Victory Night; auch wenn niemand umsonst reinkam, weil er Bratfett von Frikadellen oder Speck mitbrachte, sorgten Milt
    Frye und drei Platzanweiserinnen dafür, daß der Name von
    jedem Fan, der eine Dose Hartfett beisteuerte, notiert und in eine Lostrommel gesteckt wurde. Die Ziehung sollte im Laufe
    des siebten Innings stattfinden. Der erste Preis war ein
    Wochenende zu zweit in Atlanta, mit Zimmer im Hotel Ponce de Leon. Und es sah ganz so aus, als ob die Ziehung für Zivilisten genauso wichtig war wie das Baseballspiel.
    Der ranzige Geruch war allgegenwärtig. Die hehre

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