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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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östlicher Richtung
bewegen, also Richtung Zentrum des Waldes, aber es gibt hier überhaupt keine
Wege mehr. Keine Wegweiser, die auf eine der beiden im Thost liegenden
Ortschaften deuten. Wir begegnen auch niemandem. Tiere sind ebenfalls kaum zu
sehen, ein paar Vögel, ein paar Insekten, aber nichts Größeres. Auch der Bach,
nach dem ich mich sehne, ist nirgendwo zu finden.
    Bestar nimmt den Thost immer noch nicht für
voll. Er sagt, wenn wir einfach in dieser Richtung weitergehen, stoßen wir in
zwei oder drei Tagen auf die Meeresküste, und der Thost ist zu Ende.
    Wir rasten jetzt im Schatten einiger
gewaltiger Laubbäume. Staub tanzt in der Luft wie Mückenschwärme. Bestar hat
ein paar Erdlöcher gefunden, die ein Kaninchenbau sein könnten, aber der Bau
wirkt leer, verwaist und ausgetrocknet.
    Aus Eljazokads Tagebuch:
    2. Blättermond (Abenddämmerung)
    Damit mir noch Licht bleibt zum
Schreiben, schlagen wir unser Nachtlager schon jetzt auf. Wir wollen kein Feuer
machen. Bestar sagt, der Wald wirkt so trocken, ein einziger Funken könnte hier
alles in eine Feuersbrunst verwandeln.
    Den Bach haben wir nicht wiedergefunden. Was
gäbe ich jetzt für ein erfrischendes Bad!
    Ich muß an das Mammut denken, das der Dreimagier
mir gezeigt hat. Ich habe verblüffend wenig darüber nachgedacht seitdem, dabei
war dies das erste und mit Sicherheit einzige Mal in meinem Leben, daß ich ein
solches Tier zu Gesicht bekommen werde. Es stammte aus Rodraegs Traum – aber
sind das überhaupt Träume? Der Blauhaarige war ja auch dort, und ich weiß, daß
es ihn gab und daß er sich vor unseren Augen in Luft auflöste. Gibt es ein
Land, wo die Toten hingehen, auch die ausgestorbenen Tiere, und in das Rodraeg
blicken kann, in seinen Träumen, und von der Brücke der brennenden Blumen aus?
Heißt das, daß auch er ein Magier ist, ohne daß er sich jemals dessen bewußt
war?
    Aber was ist das schon, Magie? Bestar hat
auch etwas Magisches, seitdem er wie ein Riese herumstampft und dieses absurde
Erzschwert führt. Naenn ist magisch. Ich war es. Das Stadtschiff. Alles, was
ich erlebt habe, seit ich beim Mammut bin. Dasco. Die Gezeitenfrau. Der
Gefangene. Die Wale. Die Riesen, die Schemenreiter und die Höhle des
vergessenen Zepters.
    Auch der Thost ist magisch. Manchmal kann
man es riechen. Es riecht nicht nach Löwenzahnhonig. Eher nach Bucheckernmark
und Steinpilz.
    Alles Lebendige ist magisch. Magie ist der
Funken, der das Lebendige vom Toten unterscheidet. Und ein einziger Funken kann
alles in eine Feuersbrunst verwandeln.
    Ist dies der wahre Grund, weshalb das Mammut
ins Leben gerufen wurde? Weil so ein magischer Funken einen Unterschied machen
und den gesamten Kontinent verändern kann, weit jenseits des Einflußbereiches
einer Königin, einer Armee oder vielleicht auch selbst der Götter?
    War dies der Grund, weshalb mein mir völlig
unbekannter Vater Zarvuer sich gegen den späteren Gründer des Mammuts wandte,
gegen Riban Leribin? Weil dieser schon immer geplant hatte, den Kontinent nach
seinen Vorstellungen zu formen? Dürfen Menschen demnach niemals Götter werden?
    Es ist erneut passiert. Gerade eben. Ich
habe es bemerkt, sobald ich es aufgeschrieben hatte.
    D. M. d. n. G. w.
    Ich habe nicht das Gefühl, daß jemand mich
lenkt oder mir Dinge einflüstert. Es muß mit dem Schreiben zusammenhängen. Wer
schreibt, erzeugt Zufälle. Schafft Welten und Wahrheiten. Zusammenhänge, die
womöglich nicht vorhanden sind.
    Gib acht auf deinen Verstand, Eljazokad.
Schreiben ist gefährlicher, als du bisher annahmst.
    Rodraeg, der ein Schreiber war, bevor er zum
Mammut kam, ist womöglich schon immer ein tapferer Mann gewesen. Bestar, der
das Schreibenlernen meidet, ist umsichtiger, als wir alle ahnten.
    In dieser Nacht schlich ein Schatten um ihr Lager, ohne
daß sie es bemerkten. Bestar versuchte zwar, mit mindestens einem Auge Wache zu
halten, aber er wußte nicht, wozu und wovor, deshalb übermannte ihn immer
wieder der Schlaf.
    Am Morgen stand der Schatten vor ihnen und sah auf sie herab, als
sie erwachten.
    Â»Wenigstens habt ihr kein Feuer angezündet in dieser Trockenheit«,
grollte der Schatten. »Kommt, ich führe euch raus hier. Es gibt schon lange
keine Schätze mehr im Thost, ihr könnt mir glauben.«
    Der Schatten war ein Mädchen. Sie war kaum größer als

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