Brücke der brennenden Blumen
von einem Vogelblick geträumt, und S. hatte ihn
genau damit geködert. Mit dem Blick der Wolken auf den Thost, dem Blick der
unverstellten Lufthoheit.
Die Geschwindigkeit des Eilmarsches paÃte sich dem Untergrund an â
und der Ausdauer Eljazokads. Rennend durchquerten sie abschüssige Lichtungen
und Wiesenhänge, danach rasteten sie kurz, bis der Lichtmagier wieder zu Atem
gekommen war. Im Dauerlauf folgten sie Tjarka durch ein Gewirr aus Hölzern,
Pilzkolonien und verwirrend umhersausenden Insekten. In einer Passage, in der
das Laubdach so dicht war, daà darunter ewige Nacht herrschte, schlichen sie
langsam, weil der Boden hohl dröhnte unter ihren Schritten. Bestar konnte zwei
fette, kalbsgroÃe Waldspinnen ausmachen, die auf ihren Beinen am Rande ihres
Sichtbereiches zitterten und nicht anzugreifen wagten, weil drei Menschen doch
nicht so leicht zu überwältigen waren wie ein einzelner. Danach ging es im
Dauerlauf zwischen Fichten und Eiben hindurch, deren rote Beeren den Boden
färbten. Hügelaufwärts wiederum liefen sie im Schrittempo, aber schneller
dennoch als bei einem Waldspaziergang.
Als sie einen Bach erreichten, dessen Wasser von Moosen ganz grün
war und von winzigen Fischen durcheilt wurde, gab Tjarka ihren Auftraggebern
Gelegenheit zum Trinken und Ausruhen. Eljazokad kam endlich dazu, Atem zu
schöpfen und weitere Fragen an die jugendliche Waldführerin zu richten.
»Dieser Rothaarige«, japste er, »hatte der eigentlich etwas
Ungewöhnliches bei sich? Tote Kaninchen vielleicht?«
Tjarka schüttelte den Kopf. »Er war mit einem Dolch bewaffnet. Und
einen Rucksack hatte er, so wie ihr. Aber ich habe nicht reingeschaut.«
»Wir sind jetzt seit Stunden unterwegs und niemandem begegnet. Ist
es normal, daà der Thost so menschenleer ist?«
»Er ist nicht menschenleer, denn wir drei rennen ja hier herum. In
Stoerig und Anfest gibt es ein paar hundert Menschen, dann noch die Unsteten und den einen oder anderen Abenteurer. Im Winter
ist der Thost viel leerer.«
»Kennst du die Unsteten persönlich?«
»Sie kommen alle zwei Jahre hierher. Ich kenne sie.«
Eljazokad wollte fragen, ob die Unsteten gute
Menschen waren, aber wie gut muÃte man jemanden kennen, um zu wissen, ob er ein
guter oder ein schlechter Mensch ist? »Kannst du sie finden?«
»Auch die kann ich finden.«
»Falls wir den Rothaarigen nicht erwischen, dann bitte zu den Unsteten .«
»Wir werden Gudvin wiederfinden. Doch zuerst den Spaziergänger,
nicht wahr?«
»Richtig. Sind wir ihm denn schon näher gekommen?«
»Natürlich. Wir bewegen uns doch, oder etwa nicht?«
Der Tag ging so weiter. Mit Rennen, schnellem
Ausschreiten, Verschnaufen und Weitertraben. In der Abenddämmerung war
Eljazokad viel zu erschöpft, um noch etwas in sein Tagebuch zu schreiben. Er
warf sich zu Boden und wollte schlafen, wie und wo er lag.
Bestar dagegen fühlte sich groÃartig. Seine in den Terreker
Talkesselkämpfen erhaltene Speerwunde, die ihm die Strapazen der Höhle des Alten Königs noch zur Hölle hatte werden lassen,
war durch die regelmäÃigen Atmungsübungen im Zauberrauch der Riesen vollständig
verheilt. Auch fühlte er sich in einem Wald einfach wohl, so wohl, daà er
zwischenzeitig sogar darüber nachdachte, weshalb eigentlich die meisten
klippenwälder Jünglinge ihre Heimat verlieÃen, um auf Abenteuersuche
auszuziehen. Was war es, was man dort drauÃen erwartete, wenn in Wirklichkeit
die Sehnsucht nach den Wäldern immer einen Teil des Herzens beschwerte?
Weder die Hitze noch die Staubigkeit der Luft machten ihm etwas aus,
weder das Gepäck noch die schwere Waffe, weder die massive Rüstung noch die
Wasserschläuche, die er für sich und den Magier schleppte. Er folgte der
wieselflinken Tjarka durch den Tag und sorgte dafür, daà der Kontakt zum
hinterhertaumelnden Eljazokad nicht abbrach. Wenn sie pausierten, wetteiferte
er mit Tjarka darin, wer von ihnen beiden weniger auÃer Atem war. Auch jetzt,
wo der Magier schon zusammengerollt wie ein Kleinkind auf dem Boden lag,
standen Bestar und Tjarka tatendurstig herum.
»Morgen wird es regnen«, stellte Tjarka fest, die Farbschattierungen
des Abendhimmels betrachtend. »Dann wechselt der Thost sein Gesicht.
Gleichzeitig werden Spuren verwaschen.«
»Dann findest du den Spaziergänger und den Rothaarigen nicht
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