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Brücke der brennenden Blumen

Brücke der brennenden Blumen

Titel: Brücke der brennenden Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Sommersprossige zu ihm, strich ihm beim Hinsetzen sanft über das Haar und
lauschte mit ihm der beinahe zauberischen Musik. Ihm fiel erst jetzt auf, daß
sie grüne, katzenhafte Augen hatte.
    Â»Ich habe übrigens Rodraeg kennengelernt«, flüsterte sie ihm ins
Ohr, als Eljazokad gerade die Augen geschlossen hatte, um sich der Gegenwart
hinzugeben.
    Â»Rodraeg? Unseren Rodraeg? Wann?«
    Â»Zu Beginn dieses Jahres. Wir lagerten westlich von Warchaim. Ein
Teppichhändler auf einem Einspänner kam bei uns vorbei. Mit ihm reisten eine
sehr schöne Schmetterlingsfrau und ein Mann, den sie Rodraeg nannte. Rodraeg
war eine Woche vorher schlimm verprügelt worden und hatte immer noch
unverheilte Blessuren im Gesicht. Ich bemalte die Wunden mit Baumblutbalsam.
Dann zogen die drei weiter.«
    Eljazokad kam diese Geschichte rätselhaft vor. Niemand hatte ihm je
erzählt, daß Rodraeg ins Gesicht geschlagen worden war und daß Rodraeg und
Naenn zusammen reisten, schon bevor Bestar und Hellas zu ihnen stießen.
    Â»Was für einen Eindruck hattest du von ihm?«
    Â»Einen … außergewöhnlichen Eindruck. Als ich sein Gesicht berührte …
hatte ich das Gefühl, seine Seele sehen zu können. Das ist schwer zu
beschreiben. Er kam mir wie jemand vor, der selten ist. Den man eigentlich
aufbewahren und beschützen müßte.«
    Ja, dachte der Magier. Der
vom Aussterben bedroht ist.
    Â»Ich fühlte mich zu ihm hingezogen«, fuhr die Sommersprossige fort.
Sie sagte das gleichzeitig scheu und bestimmt.
    Â»Das geht, glaube ich, allen so. Auch Bestar und ich vermissen ihn
sehr. Wir versuchen ihn zu ersetzen und scheitern tagtäglich.«
    Â»Er ist doch nicht tot?«
    Â»Nein. Aber sehr schwer verwundet. Er kämpft auf dem Krankenlager um
sein Leben. Ich wünschte, wir könnten mehr für ihn tun. Und die
Schmetterlingsfrau?« fragte er, um das Gespräch in weniger düstere Gefilde zu
steuern. »Wie war sie, bevor ich ihr begegnete?«
    Â»Ernst. Argwöhnisch den Menschen gegenüber. Verwundet, wie er. Als
wäre ihr im sicheren Heimatwald ein Tier begegnet und hätte ihr ein Leid
getan.«
    Eljazokad starrte vor sich hin. Es war, als weigerte sich sein
Gehirn, über den letzten Satz in all seinen Andeutungen nachzudenken.
    Â»Jedenfalls … bin ich euch schon begegnet. Und ich wollte euch noch
etwas mitteilen«, sagte die Frau nach einer kurzen Pause. »Wir sind vor zwei
Tagen durch ein Gebiet gekommen, das man Fenchels Gebet nennt. Es liegt, von
hier aus, in Richtung der Brunnen und dahinter. Ich würde euch eine Karte
zeichnen, aber ihr habt ja Tjarka Winnfess bei euch. Sie kann keine Karten
lesen, aber sie liest statt dessen den Thost, was besser ist. Dort war etwas.
Ich konnte es spüren, hier.« Sie tippte sich gegen die Schläfe. »Etwas, das
wahnsinnig machen würde, wenn man es direkt betrachtete. Etwas, das den Halt
verlieren läßt zwischen Himmel und Erde. Unsere Pferde scheuten und rollten in
ihren Geschirren wie unruhige Wellen. Zwei unserer Kinder fingen an zu weinen.
Die Älteren bewältigten, indem sie vergaßen.«
    Â»Was war es?«
    Â»Ich weiß es nicht. Es fühlte sich wie ein Lebewesen an, aber wie
eines, das nicht lebt, sondern stirbt. Es schien in den Bäumen zu hängen wie ein
unsichtbares Gespinst. Ich fürchte, daß ihr dorthin müßt, um voranzukommen.«
    Â»Ein Lebewesen. Können es auch mehrere Lebewesen gewesen sein?«
    Â»Ich weiß es nicht. Mein Kopf schmerzt, wenn ich nur versuche, mich
zu erinnern.«
    Â»Fenchels Gebet.«
    Â»Fenchels Gebet. Tjarka kennt dieses Gebiet.«
    Â»Ich danke dir. Dieser Hinweis nutzt uns wahrscheinlich mehr als
alle Schicksalskarten, alle Spaziergänger und alle Listen mit fremdartigen
Namen zusammen.«
    Â»Kann ich … kann ich sonst noch etwas für dich tun?«
    Eljazokad lächelte. Ihre Augen schimmerten lebendig. »Ich bin leider
viel zu erschöpft, dich gebührend zu würdigen. Ein andermal vielleicht. Unter
anderen Umständen.«
    Â»Vielleicht«, sagte sie, ebenfalls lächelnd, erhob sich und ging.
    Als Bestar und Eljazokad am späten Morgen erwachten, waren
die Wagen der Unsteten verschwunden. Der Boden war
zerfurcht von Rad- und Hufspuren, aber die gesamte Wagenburg hatte sich in Luft
aufgelöst.
    Â»Das gibt es doch gar nicht!« staunte Bestar. »Die

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