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Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Titel: Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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verschwinden, bevor wir noch entdeckt werden.«
    Er nahm die Kerze und öffnete die Tür einen Spalt weit. Eine schmale Treppe führte in die Dunkelheit. Und aus dieser Dunkelheit wehte falscher Gesang herauf.
    Als Avi sich aus der Tür beugte, verstummte das Lied.
    »Da ist jemand!«, war von unten eine polternde Stimme zu hören.
    »Am besten schauen wir nach«, antwortete ein zweiter Mann.
    Orangefarbenes Licht erschien auf der Treppe. Etwas fiel klappernd zu Boden, dann erzitterten die Stufen unter den schweren Schritten zweier Männer.
    Avi schloss rasch die Tür und löschte die Kerze.
    »Wir brauchen einen anderen Fluchtweg«, sagte er.
    »Es gibt nur eine Tür.«
    »Dann eben das Fenster.«
    Wegen ihrer Rucksäcke wären sie beinahe in der Öffnung stecken geblieben. Draußen endete ein steiles Strohdach an einer Art Trog, der entlang der Dachkante verlief. Vor Kälte nach Luft schnappend, rutschten Avi und Hannah das Dach hinunter. Das Innere des Trogs war feucht.
    »Wohin jetzt?«, fragte Hannah.
    »Da drüben!« Avi deutete auf eine Stelle, wo der Trog in zwei Schächten mündete. Einer führte zurück ins Haus, der andere fiel senkrecht zum Boden hin ab.
    Ohne zu zögern, schob Avi Hannah nach vorne, bis ihre Füße über der Öffnung baumelten.
    »Bist du sicher?«, meinte sie. Im nächsten Moment war sie verschwunden.
    Avi blickte zurück zum Fenster und rechnete schon damit, dort Gesichter zu sehen, aber das Zimmer, das sie gerade verlassen hatten, war noch immer leer.
    Das würde vermutlich nicht lange so bleiben.
    Er kletterte vorsichtig den Trog entlang zum Schacht, holte tief Luft und ließ los.
    Es war eine schnelle und heftige Rutschpartie. Der Schacht verlief außen um das ganze Haus herum, war an manchen Punkten steil, an anderen flach, erst glatt und dann wieder so holperig, dass Avi die Zähne klapperten. Auf halbem Weg stieß er mit dem Kopf gegen ein Nest, so dass eine erschrockene Schleiereule rufend in den Nachthimmel aufflog. Jählings kam er unten an und landete kopfüber in einem Sandhaufen, auf dem Hannah bereits saß. Ihre rote Igelfrisur war fast vollständig plattgedrückt.
    »Das war spitzenmäßig!«, begeisterte sie sich. »Aber was hat eine Rutsche an einem Haus aus der Zeit von Königin Elizabeth zu suchen?«
    »Keine Ahnung.«
    Hannah verzog erschrocken das Gesicht. »Oh, Pennie! Sie ist noch da oben!«
    »Ihr passiert schon nichts«, erwiderte Avi. »Mit ihrer Tarnung wird sie niemand entdecken.«
    »Vielleicht sollten wir …«
    Doch ein Schrei auf dem Dach unterbrach sie. Als sie aufblickten, bemerkten sie zwei kräftig gebaute Goblins in Kettenhemden, die ihnen nachkletterten. Ihre langen Hellebarden trugen sie in kunstvoll gefertigten Lederhalftern um die Taille. Die scharfen Enden der Waffen – halb Axt, halb Spitzhacke – glitzerten im Sternenlicht.
    »Keine Bewegung!«, brüllte einer der Goblins.
    »Stehen bleiben!«, befahl der andere.
    »Wir holen Pennie später«, sagte Avi. »Versprochen. Aber jetzt müssen wir verschwinden!«
    Gefolgt von einer Sandwolke, rannten sie auf die enge Straße hinaus. Zusammengesackte, unbewohnte Gebäude lehnten sich von beiden Seiten über den Weg, und aus dem angetrockneten Schlamm unter ihren Füßen ragten uralte Pflastersteine. Avi konnte kaum glauben, dass er wieder hier war. Verglichen mit dem London der Sterblichen roch die Luft so frisch wie eine Frühlingswiese.
    Aber er hatte jetzt nicht die Zeit, sich über seine Rückkehr zu freuen, denn zwei Goblins waren ihnen auf den Fersen.
    Die windschiefen Häuser versperrten den Blick zum Himmel. Als sie schlitternd um eine Ecke bogen, standen sie auf einem kleinen Platz, in dessen Mitte sich ein wackeliger, fast vier Stockwerke hoher Turm erhob. Oben auf dem Turm befand sich ein gewaltiger verwitterter und vielfach ausgebesserter Tank aus Blei, an dem ein dünnes Seil baumelte. Hölzerne Rinnen führten von dem Tank zu den meisten der umliegenden Häuser, auch zu dem, aus dem sie gerade geflohen waren.
    »Warte einen Moment«, keuchte Hannah. »Ich kriege keine Luft mehr.«
    Eigentlich wäre Avi lieber weitergelaufen, aber ihre Rucksäcke waren schwer. Er bezweifelte, dass sie den Goblins entkommen konnten, ohne sie wegzuwerfen. Im nächsten Moment hallte, wie um seine Befürchtungen zu bestätigen, das Klappern der Kettenhemden um die Ecke. »Wo sind sie?«, rief eine Stimme.
    Avi schaute hinauf zu dem Turm und fragte sich, welchem Zweck er wohl diente. Da fiel ihm ein Tropfen

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