Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)
verbiete dir, es zu benutzen! Und zwar strengstens!«
Erschrocken über Durins heftigen Ausbruch, wich Avi zurück. Plötzlich erkannte er hinter der Fassade der harmlosen Lehrerin den ehernen Willen eines Wächters, der ihm Angst machte. Dennoch änderte das nichts an seiner Entschlossenheit.
Aber jetzt war nicht der richtige Moment, um zu streiten.
Im Flur am anderen Ende des Raums hallten nämlich Schritte.
»Por-klick-pop!«, krächzte Pennie, flog aus Hannahs Rucksack und ließ sich unten auf dem Bilderrahmen nieder. Das Fell auf ihrem Rücken sträubte sich und glich sich den Pinselstrichen an, bis es völlig mit dem Gemälde verschmolzen war.
»Der Wachmann kommt«, stellte Roosevelt fest. »Wenn du hinüberwechseln möchtest, Avi, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt.«
»Gut«, erwiderte Avi. »Hannah, kannst du Pennie einfangen? Durin, was muss ich tun?«
»Das«, entgegnete Durin, »bleibt ein Geheimnis.«
»Was?«
Hilflos zuckte Durin mit den Achseln. »Es ist nicht unser Fachgebiet.«
Avi traute seinen Ohren nicht. »Ihr habt mich den ganzen Weg hierher geschleppt, ohne zu wissen, wie es funktioniert?«
»Pssst«, zischte Hannah. »Wir müssen uns verstecken.«
Als Avi sich umdrehte, blitzte im Flur eine Taschenlampe auf.
Durin packte die Griffe des Rollstuhls und schob das Gefährt an die Wand. Avi und Hannah folgten, und alle machten sich so klein wie möglich.
Ein Wachmann erschien in der Tür und leuchtete mit der Taschenlampe den Raum ab. Der Lichtkegel glitt über das Pennapor, das nun hell angestrahlt vor dem Bild saß. Avi hielt den Atem an, doch die Taschenlampe drehte sich wieder weg. Außerdem war Pennie gut getarnt. Der Wachmann schüttelte den Kopf und ging mit quietschenden Sohlen in den nächsten Saal.
Das war ziemlich knapp!
Nachdem sich Avi und seine Begleiter vergewissert hatten, dass der Wachmann fort war, lösten sie sich wieder von der Wand und kehrten zurück zu dem Bild. »Also?«, begann Avi, der allmählich die Geduld verlor. Das Pennapor flatterte zu Hannah.
Obwohl Avi wusste, dass man so etwas in einem Museum eigentlich nicht tat, berührte er das Bild. Die dick in Kringeln und Klecksen aufgetragene Ölfarbe fühlte sich unter seinen Fingerspitzen beinahe warm an.
»Ich spüre die Magie«, flüsterte er.
Er stellte sich direkt vor die beeindruckende Gestalt von Henry Hudson. Wieder schienen die Augen ihn zu fixieren. Das ist bei Bildern doch immer so, nicht wahr?, dachte er. Seine Hand betastete weiter die Leinwand. War es Einbildung, oder wurde die Farbe noch wärmer?
Als er über Hudsons Hand glitt, war sie geradezu heiß. Avi wollte seine Hand wegziehen, aber sie schien festzukleben. Offenbar hatte Hannah seine Bemühungen, sich zu befreien, bemerkt. »Was ist los, Avi?«
Entsetzt beobachtete er, wie die helle Farbe von Hudsons Fingern sich aus dem Gemälde wölbte. Nein, es war nicht nur die Farbe. Die Finger selbst streckten sich aus. Knöchel bewegten sich, schlossen sich um Avis Hand und hielten sie fest. Henry Hudson hatte warme Haut und gepflegte, halbmondförmige Nägel.
»Was geschieht mit mir?«, keuchte Avi.
»Ich denke, es ist Mr.Hudson«, stellte Roosevelt fest.
Wieder wollte Avi sich losreißen, aber die Hand umklammerte ihn, und im nächsten Moment wurde seine Faust mit einem Ruck in das Gemälde gezerrt.
»Avi!«, rief Hannah und ließ Pennie los, um ihn am anderen Arm zu packen. »Pass auf!«
Zentimeter um Zentimeter und gezogen von einer unsichtbaren Macht verschwand sein Arm in dem Bild. Er spürte noch immer eine Hand um seine und schaute auf.
Henry Hudson lächelte.
Kapitel 13
A vi schrie auf, als sein Ellbogen eintauchte. »Ihr habt doch gesagt, es sei ungefährlich . So fühlt es sich aber gar nicht an!«
Hannah wollte ihn zurück in den Saal ziehen, war Hudson jedoch kräftemäßig unterlegen. Pennie stieß ein ängstliches Schnalzen aus. »Helft uns!«, rief Hannah.
»Ich dachte, du hättest es so gewollt«, brummte Roosevelt.
Inzwischen steckte Avi bis zur Schulter im Bild.
»Ich würde einfach nachgeben«, meinte Durin.
Im Flur hallte eine Stimme, gefolgt von raschen Schritten. Der Wachmann kam zurück.
»Wir kümmern uns um die Ordnungsmacht«, sagte Roosevelt, wendete den Rollstuhl und fuhr zur Tür. »Komm, Durin, lass uns eilen wie die Schwalben übers Feld!«
Avi hatte den Eindruck, dass sein Arm in kaltem Sirup versank. Obwohl er wusste, dass er auf dem richtigen Weg war, erschien ihm die Vorstellung
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