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Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Titel: Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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Navigieren dienten. Hinter dem Mann, auf einem Regal an der Wand, befand sich ein Schiffsmodell, das ein Namensschild aus Silber trug: Halve Maen.
    »Das war Hudsons Schiff«, raunte Durin. Der Klang seiner Stimme ließ Avi zusammenfahren. »Der Name bedeutet Halbmond .«
    »Wie unheimlich«, flüsterte Hannah.
    »Schaut euch den Spiegel genauer an«, forderte Roosevelt sie auf und wies auf die linke Seite des Schreibtischs.
    Avi stieg über die Absperrkordel, um das Bild eingehender zu mustern. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing ein runder, gewölbter Spiegel. Das Zimmer, das darin reflektiert wurde, hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit Henry Hudsons holzgetäfelter Studierstube.
    Der Raum im Spiegel war mit Bahnen aus weißer Seide geschmückt. Kleine blaue Punkte wimmelten umher. Bei oberflächlicher Betrachtung durch einen Sterblichen mochten sie als Schmetterlinge durchgehen, aber Avi wusste es besser.
    »Das sind ja Elfen!«
    »Du hast wahre Adleraugen«, erwiderte Roosevelt. »Hat sonst noch jemand Hunger?«
    »Du hast gesagt, er sei ein Goblin gewesen. Für mich sieht er aus wie ein gewöhnlicher Mensch«, wandte Hannah ein.
    »Damals standen sich nicht nur die beiden Welten näher«, erklärte Durin. »Auch ihre Bewohner ähnelten sich stärker. Falls du einen Beweis brauchst, schau auf seine Hand.«
    Hudsons linke Hand ruhte auf einer der Seekarten. Da sie halb im Schatten lag, brauchte Avi eine Weile, um herauszufinden, worauf Durin hinauswollte. Die Hand hatte nur drei Finger, war allerdings so dargestellt, dass es nicht auffiel, wenn man nicht danach suchte.
    Avi holte tief Luft und trat einen Schritt zurück.
    »Gut«, sagte er. »Wir sind hier. Was jetzt?«
    »Einen Moment noch«, meinte Hannah. »Wie gefährlich ist es?«
    »Das ganze Leben ist gefährlich«, entgegnete Durin ernst. »Doch Roosevelt und ich halten dieses Gemälde für sicher.«
    »So sicher wie ein Haus«, ergänzte Roosevelt. »Zumindest verglichen mit beispielsweise dem Schweigenden Tor.«
    Avi konnte den Blick nicht von dem Bild abwenden, aber nun ließ ihn etwas an Roosevelts Tonfall – ein winziges Zittern vielleicht? – aufmerken, so dass er sich zu dem Rollstuhl umdrehte. »Was bitte ist das Schweigende Tor?«
    »Nichts, mein lieber Junge«, erwiderte Roosevelt rasch. »Vergiss, dass ich es erwähnt habe.«
    »Ich soll etwas vergessen, das dafür sorgt, dass du knallrot wirst und dich windest, als hättest du Ameisen im Rollstuhl? Auf gar keinen Fall.«
    »Meine Lippen sind versiegelt.«
    »Wir hätten dich nutzlosen Fettsack im Teich verrotten lassen sollen!«, schimpfte Avi.
    »Du verspottest einen Kranken!«, empörte sich Roosevelt.
    »Genug!«, mischte sich Durin ein. »Roosevelt, erzähl es ihm.«
    »Meinetwegen.« Roosevelt war eingeschnappt. »Das Schweigende Tor ist eine Brücke, eine Verbindung zwischen den Welten. Im Feenreich befindet sie sich in der Chapel of Saint Thomas auf der London Bridge, der Heimat des Orakels und des Feenthrons.«
    »Eine Brücke? «, wunderte sich Avi. »In der Kapelle? Ich dachte, alle Verbindungswege zwischen dem Feenreich und der Welt der Sterblichen seien bis auf einen zerstört worden oder aus anderen Gründen unbenutzbar. Deshalb stehen wir ja vor diesem verdammten Bild, oder?« Am liebsten hätte er Roosevelt auf den verbundenen Fuß geschlagen, um Dampf abzulassen. »Warum kannst du nicht einfach die Wahrheit sagen?«
    »Das versuchen wir doch gerade, Avi«, schaltete sich Durin beschwichtigend ein. »Und sie lautet wie folgt: Das Schweigende Tor führt nicht in die Welt der Sterblichen, sondern an einen anderen Ort, an den niemand, weder Sterblicher noch Fee, einen Fuß zu setzen wagt.«
    »Nämlich direkt ins Déopnes «, fügte Roosevelt mit Grabesstimme hinzu.
    Avi zuckte zusammen. »Gut, ich gebe zu, dass das gefährlich klingt. Und warum wusste ich bis jetzt nichts davon?«
    »Weil es damals noch nicht existiert hat, Avi«, antwortete Durin. »Es entstand wenige Wochen nach deiner abgebrochenen Krönung – wieder ein Hinweis auf das Ungleichgewicht, das dieses Ereignis zum falschen Zeitpunkt verursacht hat.«
    Doch Avi hörte nur mit halbem Ohr hin. Ein Weg ins Déopnes!
    »Ich könnte es benutzen, um meinen Vater zu retten«, sagte er nachdenklich.
    »Avi, nein!«, protestierte Hannah und packte ihn am Arm.
    »Aber es wäre möglich«, beharrte er. »Oder, Durin?«
    »Auf gar keinen Fall!«, rief der. »Das Schweigende Tor führt nur in eine Richtung. Ich

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