Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)
drückte zu, bis der Elf violett anlief und ihm die Augen aus den Höhlen quollen wie Wachteleier.
»Va …«, japste Foster, aber Avi umklammerte ihn weiter. Er hatte ein Dröhnen in den Ohren. Der Widerstand des Elfs wurde immer schwächer. »Va … ter.«
Als Avi diese beiden Silben hörte, legte sich das Dröhnen und er lockerte seinen Griff.
»Was hast du gesagt?«, fragte er. Foster krümmte sich hustend und hielt sich die Kehle. Avi schüttelte ihn, denn obwohl seine Wut zwar ein wenig nachgelassen hatte, waren seine Gefühle für Foster weiterhin alles andere als freundschaftlich. »Raus mit der Sprache!«
»Vater«, krächzte Foster. »Ich kann dir helfen, deinen Vater zu finden. Wenn ich aufstehen darf, erzähle ich dir alles.«
»Nein, du erzählst es mir zuerst, und dann überlege ich mir, was ich mit dir mache.«
Foster sträubte sich halbherzig, gab allerdings den Widerstand bald auf. »Also gut«, seufzte er. »Meinetwegen. Der Einbruch ins Banqueting House geht auf meine Kappe.«
»Du … ? Was ist mit den Kobolden? McNemosyne sagte …«
»Arethusa hat mich angewiesen, sie mitzunehmen. Aus Sicherheitsgründen.«
»Arethusa? Meine Mutter hat dich geschickt?«
»Die Idee stammt sogar von ihr.« Foster grinste trotz seiner Schmerzen. »Auch wenn sie es ohne mich nie geschafft hätte.«
»Aber warum? Und was hat es mit meinem Vater zu tun?«
»Mein Auftrag lautete, Orens Erinnerungsbuch an mich zu bringen und es Königin Arethusa zu übergeben.« Foster hustete wieder und reckte dann stolz die magere Brust. »Und zu meiner Freude kann ich melden, dass besagter Auftrag erfolgreich ausgeführt wurde.«
Fosters lange, spitze Nase wackelte wie von selbst, und seine schmalen Lippen verzogen sich wieder zu einem Grinsen.
»Du hast es gestohlen«, stellte Avi fest. Plötzlich fielen ihm die Nachrichtenmeldung im Fernsehen und die Videoaufnahme ein, die eine Gestalt vor der British Library gezeigt hatte – eine Gestalt, die, einen Gegenstand an die Brust gedrückt, über die Straße gehuscht war. »Du bist damit in die Welt der Sterblichen geflohen.«
»Nur um sie auf eine falsche Fährte zu locken. Das ist der Vorteil, wenn man ein Elf ist. Man kann fliegen, wann und wohin man will.«
Als Foster sich wieder erholte, kehrte der Witzbold in ihm zurück, den Avi noch gut in Erinnerung hatte. »Seit wann stehst du plötzlich auf Arethusas Seite?«, erkundigte er sich und schüttelte Foster noch einmal. »Ich dachte, du arbeitest für Kellen.«
»Das war einmal. Abwechslung verleiht dem Leben Würze.«
»Und wozu braucht meine Mutter das Buch?«
»Weißt du, was das Komische ist? Ich habe nicht den leisesten Schimmer!«
Verzweifelt kauerte Avi sich auf die Fersen. In seinem Kopf drehte sich alles. Wenn es das Buch noch gab, war sein Vater also doch nicht tot.
»Ich suche sie auf«, murmelte er. »Ich werde sie auffordern, mir zu erklären, was sie vorhat. Sie kann sich nicht weigern. Immerhin bin ich ihr Sohn.«
»Ein schwieriges Unterfangen«, wandte Foster ein. »Seit deinem letzten Besuch hat Arethusa die Sicherheitsvorkehrungen verdoppelt. Viele neue Tierchen in ihrer Menagerie. Du wirst einen Führer brauchen.«
»Und wie ich annehme, wirst du mir gleich deine Dienste anbieten.«
Foster rappelte sich auf und hielt ihm die Hand hin. »Ich brauche einen neuen Herrn. Schlag ein. Dann versuche ich, den von mir verursachten Schaden wiedergutzumachen.«
Avi war zu erschöpft, um ihm zu widersprechen. Wenn er ohne Foster den Weg nicht finden würde, sollte es eben so sein. Gerade wollte er ihm die Hand schütteln, als er bemerkte, dass der Blick des Elfs über seine Schulter wanderte.
»Avi, pass auf!«, hörte er da zu seiner Überraschung Hannahs Stimme.
Avi wirbelte herum und stellte fest, dass ein Kobold mit scharf geschnittenem Gesicht drohend über ihm aufragte. Er zielte mit einer Armbrust auf ihn und spitzte dabei aufmerksam die Ohren mit dem auffälligen Spiralmuster. Als er den Mechanismus auslöste, duckte sich Avi, so dass der Bolzen nur wenige Zentimeter an Fosters Gesicht vorbeisauste.
»Du Tropf!«, schimpfte Foster. »Auch wenn du es nicht glaubst, lege ich großen Wert auf unversehrte Züge.«
Avi richtete sich auf, stürzte sich auf den Kobold und rammte ihm den Ellbogen in die Magengrube. Sein Gegner stieß ein Grunzen aus, geriet ins Taumeln, und die Armbrust fiel ihm aus der Hand. Als Avi ihm einen kräftigen Boxhieb auf das schmale Kinn versetzte, sackte er
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