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Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition)

Titel: Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Lindner , Hans-Dietrich Genscher
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hatte. Es ist auch völlig legitim, dass man in Fragen der Strategie, der Priorität von Themen, des Stils unterschiedlicher Meinung sein kann. Ich will daran festhalten, diesbezüglich nicht in Einzelheiten zu gehen. Im Herbst ist jedenfalls meine Entscheidung gereift, dass ich mein Amt als Generalsekretär in die Hände der Partei zurückgebe. Während des damals laufenden Mitgliederentscheids zur Europapolitik war das nicht möglich, dessen Ergebnis wollte ich nicht tangieren, aber unmittelbar nach dem Einsendeschluss der Wahlunterlagen war für mich der Zeitpunkt gekommen. Das war der 14 . Dezember 2011 . An diesem Mittwochmorgen habe ich Philipp Rösler im Bundeswirtschaftsministerium aufgesucht und persönlich unterrichtet, danach habe ich unter anderem Rainer Brüderle und Sie angerufen, damit Sie von meiner Entscheidung nicht zuerst aus den Medien erfahren. Der Zufall wollte, dass dies auf den Tag genau zwei Jahre nach meinem Amtsantritt war. Daraus wurden dann teilweise Legenden gestrickt, ich wolle durch den Schritt eine Bewegung auslösen, um dann selbst Parteivorsitzender zu werden. Unsinn – wenn das mein Ziel gewesen wäre, hätte ich mich gleich um die Nachfolge von Guido Westerwelle bewerben können.
    GENSCHER
    Ich erinnere mich an dieses Telefonat. Ihren Schritt habe ich bedauert, aber solche Situationen gibt es. Das muss man mit sich selbst abmachen. Sie haben dann ja auch – zu Recht – viel Respekt dafür erfahren, dass Sie persönliche Überzeugungen wichtiger nehmen als politische Ämter. Imponiert hat mir auch, dass Sie danach keine weiteren Worte darüber verloren, sondern sich eingereiht und Ihre Facharbeit im Bundestag wieder aufgenommen haben.
    LINDNER
    Ich wollte vor allem der FDP mit meinem Schritt nicht schaden. Breite öffentliche Debatten hätten nur Verlierer produziert. Im übrigen gab und gibt es kein menschliches Zerwürfnis.
    GENSCHER
    Eine besondere Fügung war, dass Sie kurz danach wieder in Verantwortung eintreten mussten. Ein Regisseur hätte es dramatischer kaum anlegen können.
    LINDNER
    Im Frühjahr spitzte sich die Lage im Düsseldorfer Landtag zu. Die rot-grüne Minderheitskoalition von Hannelore Kraft hatte nicht damit gerechnet, dass sich die nordrhein-westfälische FDP  – trotz mageren zwei Prozent in den Umfragen – dem Schuldenhaushalt verweigern und lieber einer Auflösung des Landtags zustimmen würde. Doch unsere Leute unter der couragierten Führung des damaligen Fraktionsvorsitzenden Gerhard Papke blieben standhaft – also kam es zu Neuwahlen. Diese Entscheidung wurde übrigens just an einem Tag, dem 14 . März 2012 , getroffen, als ich mich in Berlin gerade einer Augenoperation unterzogen habe – ich dachte eben, es würde eine ruhige sitzungsfreie Woche … Meine alten Kolleginnen und Kollegen aus NRW , auch viele Wahlkämpfer von der Basis, haben mich gleich nach der Landtagssitzung telefonisch und mit Kurznachrichten bestürmt, als Spitzenkandidat anzutreten. Das war aber nicht mein Plan. Ich wollte in meine neue Aufgabe als technologiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion eintauchen. Mit diesem festen Entschluss habe ich mich in Berlin dann am Folgetag auch von meiner Frau verabschiedet, um in Düsseldorf abends an einer Sondersitzung des Landesvorstands teilzunehmen. Aus diesem Termin bin ich dann – mit roten Augen noch von der Operation und in Jeans – als designierter Spitzenkandidat vor die Kameras getreten.
    GENSCHER
    Das war ein Wendepunkt für die Landespartei und darüber hinaus. Wer oder was hat Sie denn zu diesem Entschluss bewegt, der ja auch auf Ihr Privatleben über einige Jahre großen Einfluss hat?
    LINDNER
    Wie gesagt, mich haben viele Freunde gebeten. Sogar die Mitarbeiter unserer Landtagsfraktion haben mir geschrieben, das hat mich schon bewegt. Vor der Sondersitzung des Landesvorstands haben mich dann der Landesvorsitzende Daniel Bahr und der Fraktionschef Gerhard Papke um noch ein Gespräch gebeten. Um 19  Uhr sollte der große Kreis tagen, der Parteivorsitzende Philipp Rösler war eigens angereist. Nach einer halben Stunde saßen wir immer noch zu dritt in einem Nebenraum. In einer so existenziellen Lage konnte und wollte ich mich am Ende nicht verweigern.
    Schwierige Aufgaben scheue ich nicht, obwohl ich selbst nicht auf einen Erfolg gewettet hätte. Aber wenn ich wieder Führungsverantwortung übernehme, dann richtig und mit wirklichen Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der politischen Projekte, der

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