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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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silbern und rot. Der geflügelte Schatten flog mit großer Geschwindigkeit nach Norden, die beiden Himmelswanderer zu seiner Rechten. Zu seiner Linken färbte ein letzter Streifen des verhassten Tageslichts den Himmel in einen tiefen Blauton, gegen den sich der Horizont als schwarze Silhouette abzeichnete. Diese letzte Andeutung des Sonnenlichts bereitete dem Dämon Unbehagen, genauso wie der Silberglanz Eril-Firions. Das Gefühl wurde jedoch ausgeglichen durch das beruhigende Glühen Eril-Angoths. Kraft und Zuversicht durchfluteten seinen Körper, als er sich im roten Licht des kleineren Himmelswanderers badete.
    Der Dämon wandte seinen Blick nach unten und sah den matten Schein, der aus dem Fenster eines einsam stehenden Hauses nach draußen sickerte. Für einen Moment stellte er sich vor, wie er durch dieses Fenster in das Haus eindrang, um einen der Bewohner ins Freie zu zerren, dessen Blut zu trinken und seine Zähne in das weiche Fleisch zu versenken. Schwache und weiche Geschöpfe waren die Bewohner dieser Welt – aber ihr Blut schmeckte köstlich. Die Träume des Dämons endeten abrupt, als eine Stimme in seine Gedanken eindrang.
    »Du bist noch nicht am Ziel. Und vergiss nicht deinen Auftrag. Du wirst kein Blut vergießen und auch kein Blut trinken, bevor ich es dir erlaube. Dein Opfer muss noch in der Lage sein zu reden. Also vergiss deine blutigen Träume für eine Weile, wir haben dir schon genug zu trinken gegeben.«
    Der Dämon flog weiter und bemühte sich, seine Gedanken im Zaum zu halten. Es war demütigend, sich diesen Geschöpfen unterwerfen zu müssen, die selbst halbe Menschen waren. Aber Thaur-Angoth hatte den Schwarzen Seelen die Macht gegeben, die Barriere zwischen dieser Welt und dem Reich der Finsternis aufzureißen, also musste man ihren Befehlen Folge leisten – das war der Wille des Dunklen Herrschers. Während der Dämon seinen Blick auf die Landschaft richtete, die tief unter ihm vorüberzog, spürte er den fremden Geist in sich, der durch seine Augen sah. Nach einer Weile verkündete die Stimme in seinen Gedanken endlich, dass er sein Ziel erreicht hatte.
    Nichts regte sich auf dem kleinen Gehöft, als der geflügelte Schatten in einer weiten Kurve über den Himmel zog. Erst als der Dämon sich lautlos auf dem Dach des Hauses niederließ, hörte er ein paar Geräusche aus dem Stall. Er wusste, dass die Tiere meist feinfühliger waren als die Menschen. Es war so leicht, Firions Kinder im Schlaf zu überraschen – und ihr Blut schmeckte viel besser als das der Tiere.
    *
    Eine plötzliche Unruhe hatte Sardoc ergriffen – er schreckte aus seinem Schlaf hoch und richtete sich von seinem Strohlager auf. Um ihn herum erklang das nervöse Scharren der anderen Tiere im Stall, und seine Sinne sagten ihm, dass irgendetwas nicht so war, wie es sein sollte. Der Arath trat aus seinem Unterschlupf ins Freie und lief bis zur Mitte des Hofs, wo er für eine Weile die kühle Nachtluft witterte. Es war kein fremder Geruch zu bemerken, und bis auf die Geräusche aus dem Stall war nichts zu hören. Doch ein anderer Sinn veranlasste ihn, den Blick nach oben zu wenden, wo die Sterne am wolkenlosen Himmel funkelten. Er stieß seinen keckernden Ruf aus und ging dann ein paar Schritte zurück in Richtung auf den Stall, wo sein warmes Lager ihn erwartete. An der Pforte angekommen, zögerte er, sah sich noch einmal um – und dann erstarrte er in plötzlichem Schrecken.
    *
    Zwar war die letzte Nacht ohne Störungen vorübergegangen, trotzdem hatte Danira nur wenig geschlafen, da sie weitere unheimliche Besucher gefürchtet hatte. Nach einem ereignislosen Tag war sie in dieser Nacht etwas ruhiger zu Bett gegangen, und ihre Müdigkeit hatte sie schnell einschlafen lassen. Krampfhaft schlossen sich ihre Hände um den Griff des Schwertes, das sie nun auch mit in ihr Bett nahm. Das Gefühl der Waffe in ihrer Hand gab ihr Zuversicht, ließ die Schatten der Nacht weniger bedrohlich wirken. Sie schlief ruhig, bis ein leises Geräusch ertönte – so leise, dass es nicht genügte, um sie erwachen zu lassen. Nun jedoch drängten sich immer wieder geflügelte Schatten in Daniras Träume, Schatten, die um ihr Haus herumflogen, die versuchten, in ihr Zimmer einzudringen – geflügelte Schatten mit rot leuchtenden Augen.
    Dann erklang wieder ein Geräusch: ein Kratzen auf dem Dach, kaum hörbar, kaum zu unterscheiden von dem ständig wiederkehrenden Scharren der Strohechsen. In ihren Traum schlich sich das Bild eines

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