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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Tan-Thalion angekommen war. »Der Weg, der vor uns liegt, ist schwierig, und wir wollen nicht leichtfertig die Gesundheit unserer Reittiere aufs Spiel setzen.«
    »Vielleicht kann Jandaldon uns ein kleines Lied singen, um die Rast etwas freudiger zu gestalten«, sagte Herubald, doch der Sänger schaute mit gerunzelter Stirn zu dem Ritter hinüber und schüttelte langsam seinen Kopf.
    »Nein«, murmelte er. »Ich bin nicht in der Stimmung für ein Lied.«
    »Das ist schade«, erwiderte Herubald, und er wandte sich an den Heiler. »Wie steht es mit Euch, Tirandor? Habt Ihr heute vielleicht Lust, uns eine Geschichte aus dem Süden zu erzählen? Oder eine Legende, die Ihr auf Euren Reisen gehört habt.«
    »Nun, ja«, erwiderte Tirandor. »In der Tat habe ich gerade an eine Legende aus dem Süden gedacht, und ich will sie Euch erzählen, wenn Ihr mögt. Doch es ist keine freudige Geschichte.«
    »Wir wären trotzdem froh, sie zu hören«, sagte Loridan.
    »Also gut.« Für einen Moment zögerte der Heiler, als ob er sich die Worte erst zurechtlegen müsste. »Ich will Euch von Ul’ur berichten. Es ist eine Geschichte, die die Nomaden in den weiten Landen des Südkontinents abends an ihren Feuern erzählen. Ich habe sie zum ersten Mal in einer schlaflosen Nacht gehört, als ein schweres Unwetter tobte, und das Dröhnen des Donners kein Ende nehmen wollte. Als das Gewitter schließlich vorübergezogen war, suchte Ul’ur meine Träume heim, und es war eine Nacht des Schreckens für mich. Nun, im hellen Licht des Tages, mag die Geschichte weniger bedrohlich wirken.« Noch einmal zögerte Tirandor, bevor er weitersprach.
    »Das Land des Südens ist ein merkwürdiges Land. Hier im Norden denken die meisten Menschen, dass der ganze Kontinent verwüstet sei, aber das ist nicht der Fall. Viele fruchtbare Landstriche sind zu trockenen Wüsten oder garstigen Sümpfen geworden. Diese Regionen sind nun verlassen, und Reisende sollten sich hüten, unbedacht die Wüste von Gal-Ra oder die toten Wälder von Lanadhon zu durchqueren. Doch noch immer gibt es Leben in diesem Land. Zwei der großen Städte an der Küste sind noch bevölkert, auch wenn die Zahl ihrer Einwohner nun klein ist. Und es gibt eine Stadt inmitten eines großen Sees, tief im Inneren des Landes. Man nennt sie nur die Seestadt, und sie hat keinen Namen in der alten Sprache. Sie ist erst nach der Katastrophe entstanden, genauso wie der fruchtbare Landstrich, der sie umgibt, denn zuvor war diese Gegend öde und kahl.
    Und noch erstaunlichere Dinge gibt es im Land des Südens. Merkwürdige Kräfte waren am Werk, als der Kontinent verwüstet wurde, und nicht nur die Landschaft hat sich verändert. Auch die Gesetze der Natur sind nicht mehr die Gleichen, die wir hier kennen. Das Gefüge der Elemente ist zerrissen – Feuer, Wasser, Stein, Luft und Eis existieren dort in ihrer reinsten Form. Ich fühlte mich gerade an dieses Land erinnert, denn auch hier in den Bergen erscheint die Welt urtümlich und rein. Hier umgibt uns der Stein des Gebirges, und die Gipfel sind bedeckt mit kaltem Eis. Die Luft ist rein und klar, so wie auch das Wasser, das in Bächen aus den Bergen hervortritt. Wären nicht die Drachen, so würde ich denken, dass das Feuer keine große Macht in diesem Land hat, denn Eis und Wasser sind sehr stark hier.
    Manche Menschen im Süden glauben, dass die Macht der Elemente durch fünf Geister vertreten wird, und jeder Geist gebietet über eines der Elemente. Diese Geister lebten in einer elementaren Sphäre, irgendwo zwischen dem Reich des Lichts, in dem Firion regiert, und dem Reich der Dunkelheit, in dem der Böse Gott nun gefangen ist. Als das Gefüge der Elemente vor langer Zeit zerrissen wurde, drangen auch die Geister der Elemente in unsere Welt, und sie hüllten sich in Körper, die aus den reinen Elementen gemacht sind. Es sind keine guten Geister, denn sie sind Firion nicht untertan, und sie tun und lassen, was ihnen beliebt. Ihre Macht ist groß, und die Menschen des Öden Landes fürchten sie. Viele Legenden habe ich über die Geister der Elemente gehört, abends an den Lagerfeuern der Nomaden. Doch Thiram, der mein Führer und Gefährte war, erzählte mir die Geschichte, wie sie unter den Menschen des Ostens überliefert wird. Sie berichten, dass es nur ein einziger Geist sei, der die Elemente beseelt, und dieser Geist ist Ul’ur.
    Einst war ein junger Hirte, der seine kleine Herde am Rand des Öden Landes entlangführte. Als er bemerkte, dass

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