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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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sich an die Frau vor ihm gedrängt hatte. Er befürchtete, die harte Panzerung seiner Brust und seiner Arme könnte ihr Schmerzen zufügen, daher lockerte er den Griff, mit dem er sich festhielt. Der Wind in seinem Gesicht und das wehende Haar der Frau zeigten Loridan die Geschwindigkeit ihres Fluges.
    »Es ist etwas mit Jandaldon«, die Stimme der Frau war kaum zu verstehen, obwohl ihr Gesicht direkt vor dem des Ritters war. »Er ist bis zu dem Turm vorgedrungen, und die Drachen wissen nicht, wie sie ihn aufhalten sollen, ohne ihn zu verletzen.«
    Trotz seiner Sorge über die seltsamen Geschehnisse ließ Loridans Anspannung langsam nach, denn der Flug des Drachen war erstaunlich ruhig. Mit einer Hand tastete er nach der Hand der Frau und hielt sie fest. Das Land unter ihnen war von den Schatten der herannahenden Nacht bedeckt, und es war schwer abzuschätzen, wie hoch sie flogen. Die einzigen klar erkennbaren Landschaftsmerkmale waren der westliche Horizont, der sich schwarz gegen den Schein des Sonnenuntergangs abhob, und zwei schneebedeckte Gipfel im Osten, auf denen sich ein letzter Glanz des Abendrots widerspiegelte. Plötzlich flammte ein Feuer auf, irgendwo in der Richtung der beiden Gipfel, vielleicht eine Meile entfernt. Loridan ahnte, dass er den Feueratem eines Drachen gesehen hatte, doch die Entfernung war zu groß gewesen, um Einzelheiten zu erkennen.
    Der Flug dauerte nicht lange. Nur wenige Minuten waren vergangen, als der Drache seine Flügel weit ausgestreckt hielt und in einer weiten Schleife tiefer ging. Kurz erahnte Loridan die Umrisse des Turms in dem dämmrigen Licht. Ein letzter goldener Streifen markierte den westlichen Horizont, als der Drache zur Landung ansetzte.
    *
    Jandaldon war ungehindert zum Sockel des Turms vorgedrungen, wo ihm einer der Drachen in den Weg trat und ihm mit funkelnden Augen entgegenblickte.
    »Sei gegrüßt, Steinschmelzer«, sagte der Sänger. »Es freut mich, dich hier zu sehen. Man sagt, dein Feuer sei heißer als das der anderen Drachen. Du wirst mich mit deinem Atem verbrennen müssen, wenn du mich aufhalten willst.«
    Der Drache gab ein leises Knurren von sich, zeigte aber durch keine weitere Regung, ob er die Worte des Sängers verstanden hatte. Nur kurz zögerte Jandaldon und ging dann schnell auf den Drachen zu, um ihn seitlich zu passieren. Steinschmelzer drehte sich schwerfällig und brachte seinen langen biegsamen Hals in die Waagerechte, um den Weg des Sängers zu versperren. Mit beiden Händen stieß dieser sich von der warmen schuppigen Haut ab, als plötzlich aus dem Schatten des Turms der zweite Drache auftauchte. Jandaldon blieb stehen und schaute seine beiden Widersacher ruhig an. Warum zögerten sie immer noch? Es wäre so leicht für sie, ihn zu töten. Langsam öffnete er den kleinen Lederbeutel, den er von Sad Adan erhalten hatte. Darin befand sich ein glänzender Kristall, so groß wie eine Kinderfaust, der in einem gelblichen Licht leuchtete.
    »Wisst ihr, was das ist?«, fragte der Sänger und hielt den Kristall in die Höhe. Der neu hinzugekommene Drache stieß ein lautes Brüllen aus, und Rauch quoll aus seinen Nüstern, doch noch immer griff er nicht an.
    »Sad Adan sagte, ihr würdet diesen Kristall nicht mögen«, rief Jandaldon. »Und ihr würdet mich daran hindern, ihn in den Turm zu tragen. Nun – der einzige Weg, mich aufzuhalten, ist euer Feuer. Also, worauf wartet ihr?«
    Er schloss die Augen, nahm sich vor, nicht zu schreien, wenn das Feuer ihn verzehren würde. Bald gäbe es keine Schmerzen mehr, nie wieder. Er wartete – und nichts geschah. Als er die Augen wieder öffnete, verharrten die Drachen immer noch regungslos und sahen ihn mit durchdringenden Blicken an. Offenbar musste er sich mehr Mühe geben, um ihren Zorn zu wecken.
    Mit eiligen Schritten lief er los, versuchte, die Drachen zu umgehen, und fast wäre er an ihnen vorüber gewesen, als ein heftiger Stoß ihn ins Taumeln brachte. Er stürzte zu Boden und blickte zu den Drachen empor, die sich misstrauisch über ihn beugten. Nur kurz verharrte er so, dann sprang er auf und wagte einen neuerlichen Vorstoß. Diesmal traf ihn der Kopf eines Drachen so hart gegen die Brust, dass es ihm den Atem raubte und er keuchend in die Knie sank. Noch einmal versuchte er es und noch einmal; die Klaue eines Drachen riss sein Wams auf, ein Sturz raubte ihm fast die Besinnung. Immer wilder wurden die Bewegungen der Drachen, immer lauter ihre drohenden Schreie, dennoch setzten sie ihr

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