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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Feuer nicht ein. Eine Weile ging der groteske Tanz weiter, doch endlich, am Ende seiner Kräfte, war Jandaldon vorbei und erklomm die Treppe, die zur Tür des Turms führte.
    Auf einem Sockel aus matt schwarzem Fels war der Turm errichtet, ein Gestein, das Jandaldon sonst nirgendwo in den Drachenbergen gesehen hatte. Der Turm selbst war ebenso schwarz, seine Oberfläche allerdings war so glatt poliert, dass sie erschien wie Glas. Hastig erstieg Jandaldon die Stufen, vierzig oder fünfzig mochten es sein, bis er sich über den Köpfen der Drachen befand. Steinschmelzer schwang sich empor, sein Körper hob und senkte sich mit dem Schlag der Flügel. Eine seiner Klauen kratzte an der Wand des Turms entlang, aber der Angriff war zu ungenau, um den Sänger zu gefährden.
    Endlich war er am oberen Ende der Treppe angelangt, und mit einer Hand strich er über den merkwürdig kalten Rahmen der Tür, die keinen sichtbaren Öffnungsmechanismus aufwies. Dabei sprach er die geheimen Worte, die Sad Adan ihn gelehrt hatte, auch wenn er deren Sinn nicht verstand.
    Ein klickendes Geräusch ertönte, dann öffnete sich die Tür einen Spalt weit. Ein blassgrünes Leuchten schimmerte sanft durch die schmale Lücke. Jandaldon zögerte, die Tür weiter aufzustoßen. Noch einmal drehte er sich um und blickte die Drachen herausfordernd an.
    »Ich gebe euch noch eine Chance. Wenn ihr nicht wollt, dass ich die Geheimnisse des Turms entdecke, dann tötet mich jetzt.«
    »Nein! Tu es nicht, Jandaldon!« Der Sänger erschrak, als er die Stimme des Engels hörte. Vage erkannte er in dem schwindenden Licht, dass die junge Frau auf ihn zukam, dicht gefolgt von Loridan. Ein dritter Drache stand nun in der Nähe des Turms.
    »Bleib zurück, mein Engel, und auch Ihr, Herr Ritter! Sagt den Drachen, dass ich es ernst meine. Ich werde jetzt den Turm betreten und in das oberste Stockwerk gehen, dort wo das Dach geborsten ist. Wenn die Drachen es sich anders überlegen, kann ihr Feuer mich dort erreichen.«
    »Nein, Jandaldon, das darfst du nicht. Wenn du den Kristall in den Turm trägst …«
    Er hörte nicht zu, wandte sich ab von dem Engel, und seine Hand stieß gegen die Tür, die fast reibungslos nach innen schwang. Er überschritt die Schwelle und gelangte in einen hohen Raum, der erfüllt war von dem grünen Leuchten, dessen Quelle weiterhin unsichtbar blieb. Die Stufen einer Treppe führten an der Wand entlang nach oben. Jandaldon hörte Schritte hinter sich, ahnte, dass der Ritter sich rasch näherte. Mit einer entschlossenen Bewegung schlug er die Tür hinter sich zu.
    *
    Loridan rannte los, zwischen den beiden Drachen hindurch, und in wenigen Augenblicken hatte er die Tür erreicht, diese war jedoch fest verschlossen. Kein Griff oder Riegel war zu sehen.
    »Jandaldon, öffnet die Tür!«, rief der Ritter und wandte sich dann wütend zu den Drachen um. »Warum habt ihr ihn nicht aufgehalten?«
    »Wir durften es nicht«, antwortete die Frau. »Unser Gesetz gestattet es uns nicht, einen reinen Sohn Firions zu töten.«
    »Aber was wird nun geschehen?« Loridan schlug heftig gegen die Tür.
    »Wenn der Kristall, den Jandaldon bei sich trägt, das ist, was wir vermuten …« Die Stimme der Frau stockte, als die drei Drachen ein lautes Brüllen von sich gaben. Loridan lief ein Schauder über den Rücken, denn er hatte noch nie einen Drachen auf diese Weise schreien gehört. Es war kein Laut der Drohung oder der Herausforderung, sondern ein Ruf der Klage und der Verzweiflung. Die Drachen schlugen wild mit ihren Flügeln und hoben sich wie in Panik in den nächtlichen Himmel.
    »Jandaldon! Kommt zurück!« Loridan hämmerte mit dem Knauf seines Schwertes gegen die Tür und rief so laut er konnte, doch die Schläge verhallten dumpf in der Stille des Abends.
    »Loridan!« Der leise Ruf ließ den Ritter herumfahren. Die Dunkelheit war nun fast undurchdringlich, nur ein kaum erkennbarer Fleck verriet ihm den Standort der Frau, nicht weit vom Fuß der Treppe. Etwas an ihrer Stimme beunruhigte Loridan, und er eilte die Stufen hinunter, um nach ihr zu sehen. Sie lag zusammengesunken am Boden, den Oberkörper auf einen Arm gestützt. Der Ritter kauerte sich zu ihr nieder und zog sie an sich.
    »Was ist mit dir?« Er fasste die Hand, die sie ihm entgegenstreckte, und fand darin einen kleinen harten Gegenstand.
    »Fühlst du es nicht?« Ihre Stimme war schwach und stockend. »Es ist so kalt – es verbrennt mich. Nimm das Juwel und halte es fest. Halte mich

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