Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
Vom Netzwerk:
vorgeblich, um ihn auf dem weiten Weg nach Car-Carioth zu beschützen und um den militärischen Charakter seiner Mission zu unterstreichen. Deryn war der lauernde Blick im Auge des Offiziers nicht entgangen – er ahnte, dass seine Eskorte mehr dazu diente, ihn zu überwachen, als ihn zu beschützen.
    Während der vier Tage, die sie nun unterwegs waren, hatte Deryn mehrfach mit dem Gedanken gespielt, seinen Bewachern zu entfliehen. Er fürchtete allerdings, dass die Soldaten mit seiner Flucht rechneten und ihn heimlich beobachteten. Und wenn sie ihn bei einem Fluchtversuch ertappten, was würde dann geschehen? Würden sie ihn in Ketten zurück nach Car-Tiatha schleifen – oder ihn sofort töten? Während der Reise war Deryns Abneigung gegen seine Begleiter ständig angewachsen. Nun musste er sich auch noch damit abfinden, dass Harellan, der Führer der Soldaten, ihn morgen bei seinem Treffen mit dem Fürsten begleiten würde. Ausdrücklich hatte Angbold dies angeordnet, mit der Begründung, dass ein militärischer Berater bei den Verhandlungen unerlässlich wäre.
    Die Anweisungen an den Fürsten von Lornmund waren in der Tat mit militärischen Details verbunden. Der Fürst sollte die Befestigungsanlagen seiner Stadt instand setzten und die umliegenden Dörfer auf mögliche Angriffe vorbereiten. Und er sollte Proviant für die Truppen bereitstellen, die von hier aus nach Westen marschieren würden. Alles in allem keine überzogenen Forderungen – der Fürst würde sich ohne größere Verhandlungen damit einverstanden erklären. Keiner seiner Männer sollte in den Krieg geschickt werden, doch es würde ihn viel Geld und Naturalien kosten, die fremden Truppen zu versorgen.
    Deryn vermutete, dass er in Car-Carioth auf größere Hindernisse stoßen würde, denn die Forderungen, die er an die dortigen Fürsten überbringen musste, waren ungleich härter: Zwei Dutzend Katapulte sollten zum Abtransport bereitstehen und auch fünfzig Männer der Drachengarde, um die Geschütze zu bemannen. Darüber hinaus forderte der König genügend Proviant, um tausend Männer für vier Wochen zu ernähren und fünftausend Goldstücke als Ausgleich für die unterlassenen Steuerzahlungen der letzten Jahre. Die Stadt hatte genügend Probleme, den eigenen Bedarf an Nahrungsmitteln zu erzeugen – es dürfte den Fürsten schwerfallen, nun auch noch die Truppen des Königs zu verköstigen. Doch bis zu den Verhandlungen mit den Fürsten von Car-Carioth lag noch eine weite Reise vor ihm – nun musste er sich auf näherliegende Dinge konzentrieren. Er wandte sich um, als es an der Tür klopfte und ein Bediensteter mit einem Kerzenhalter hereintrat. Der alte Diener stellte die brennende Kerze auf den Tisch und schlurfte wortlos wieder hinaus. Erst jetzt wurde Deryn bewusst, wie dunkel es mittlerweile in seiner Kammer geworden war, denn die Sonne war inzwischen untergegangen, und die Dämmerung hatte das Land eingehüllt. Es war Zeit, zu Bett zu gehen. Die Verhandlungen mit dem Fürsten von Lornmund versprachen einfach zu werden, trotzdem wäre es unklug, unausgeschlafen bei dem Treffen zu erscheinen.
    *
    Die beiden Dämonen hatten schon einen weiten Weg zurückgelegt in dieser Nacht. Anfangs waren sie über bewohntes Gebiet geflogen, und das Licht von Lampen und Kerzen hatte ihnen die Siedlungen der Menschen offenbart. Nach und nach waren die meisten Lichter erloschen, denn die Menschen zogen sich zum Schlafen in ihre Häuser zurück. Trotzdem war die Finsternis der Nacht für die Augen der Dämonen nicht undurchdringlich. Sie erkannten die Silhouetten der Baumwipfel weit unter sich, sie sahen die Schneefelder auf den Gipfeln der westlichen Berge, und sie sahen das Leuchten von Eril-Angoth, obwohl das Himmelslicht hinter dichten Wolken verborgen war. Als die Dämonen weiter nach Norden und Westen vordrangen, lag das Land schließlich in völliger Dunkelheit unter ihnen, denn keine Siedlungen der Menschen gab es hier im Drachenland. Nein! Nicht länger war dies das Land der Drachen. Bald würde es Thaur-Angoths Land sein – Dämonenland.
    Aber noch war das Tor nicht geöffnet. Nur die Macht der Schwarzen Seelen hatte es ermöglicht, die beiden Dämonen aus ihrem dunklen Verlies zu befreien, in das Aeon und seine Drachen sie verbannt hatten. Heute sollte ein Tag der Rache werden, heute würden sie das Blut von Firions Kindern trinken. Nur einer der Menschen sollte verschont werden, das war der Befehl der Alten gewesen, die anderen würden

Weitere Kostenlose Bücher