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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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für unsere gefallenen Gefährten auszuheben, um sie ehrenvoll zu bestatten, bevor wir aufbrechen.«
    Die anderen murmelten ihre Zustimmung, und der Heiler erhob sich bereitwillig, um sich zu der Frau zu begeben, die dicht neben den restlichen Gefährten am Boden lag. Bevor er das Amulett aus seiner kleinen Lederhülle entnahm, streifte er einen dünnen Handschuh über seine rechte Hand. Nach einem kurzen Blick zu Loridan, der an seiner Seite geblieben war, legte der Heiler das Schmuckstück auf die Brust der Schlafenden. Fast augenblicklich begann die silberne Rune sanft zu glühen, doch die Frau zeigte keine Regung. Eine Weile wartete Tirandor, bevor er das Amulett wieder aufnahm, dessen Leuchten daraufhin schnell verblasste.
    »Es wirkt nicht«, sagte der Heiler mit gerunzelter Stirn. »Vielleicht sollten wir Grimstan befragen, denn er scheint über dieses Amulett mehr zu wissen als ich.«
    »Darf ich das Amulett einmal halten?«, fragte Danira.
    »Natürlich«, sagte Tirandor und reichte ihr das Schmuckstück.
    Sofort als ihre Finger sich darum schlossen, spürte sie die Macht, die von dem Amulett ausging. Es begann wieder, sanft zu glühen, und Danira schloss ihre Augen, als ein Wohlgefühl durch ihren Körper strömte. Sofort ließ der Schmerz nach, der von ihrer geprellten Schulter ausging und in ihrer Kopfwunde pochte. Nach einer Weile gab Danira das Amulett an Timon weiter, und das helle Glühen verblasste zu einem matten rötlichen Schimmer. Der Junge behielt die Rune nur kurz in seiner Hand und streckte sie dann Loridan entgegen. Als die kräftige Hand des Ritters das Schmuckstück berührte, wurde das Glühen sofort wieder stärker und entwickelte sich zu einem Leuchten, noch heller als es bei Danira gewesen war. Auch Loridan schloss seine Augen, als die Wirkung der Rune seinen Körper durchflutete. Er atmete einige Male tief durch, bevor er seine Augen wieder öffnete und das Amulett zurück an den Heiler reichte. Tirandor hatte schon seine Hand ausgestreckt, um das Schmuckstück entgegenzunehmen, dann jedoch zog er seinen Arm wieder zurück und blickte dem Ritter in die Augen.
    »Das Amulett scheint in Eurer Hand eine größere Kraft zu haben. Warum versucht Ihr nicht, die Frau zu erwecken?«
    Nach kurzem Zögern folgte Loridan dem Beispiel des Heilers und legte die Rune auf die Brust der jungen Frau. Das Leuchten verblasste wieder zu einem sanften Glühen, als die Hand des Ritters das Schmuckstück nicht mehr berührte. Nur eine kurze Regung ging durch den Körper der Schlafenden, dann lag sie wieder ruhig, und ihre Augen blieben geschlossen.
    »Ihr müsst das Amulett berühren«, sagte Tirandor.
    Als die Hand des Ritters die Rune bedeckte, verstärkte das Leuchten sich wieder und schien hell zwischen seinen Fingern hindurch. Wieder bewegte sich die Frau, und ihr Mund öffnete sich zu einem tiefen Atemzug. Zwei weitere Male atmete sie tief ein, dann endlich öffneten sich ihre Augen.
    »Selina, hörst du mich?«, sagte Loridan.
    »Loridan – bist du es wirklich?« Die Stimme der Frau stockte und war erfüllt von Angst.
    »Ja, ich bin es. Sei ohne Furcht, ich bin bei dir.«
    Gestützt von Loridans Arm richtete die Frau sich in eine sitzende Position auf, und verwirrt schaute sie um sich. Ihr Blick blieb an Danira haften.
    »Bist du es, Danira?«, sagte sie. »Ich habe dich gesehen – doch ich dachte, es sei ein Traum gewesen.«
    »Ja, es ist ein Traum gewesen«, sagte Danira. »Aber auch ich habe dich gesehen, Selina.«
    »Selina? Ja … das ist mein Name. Ich habe lange geschlafen, und jetzt erinnere ich mich an vieles, das ich vor meinem Schlaf nicht mehr wusste. Was ist nur geschehen?«
    »Die Drachen«, sagte Loridan. »Sie sind weg.«
    »Ja, sie sind weg.« Ein bekümmerter Ausdruck trat in die Augen der jungen Frau, doch plötzlich richtete sie ihren Kopf auf, um Loridan anzusehen. »Nein, nicht alle Drachen sind weg. Mein Bruder Goldschuppe – ich habe von ihm geträumt. Er ist zurückgeblieben, und sein Geist hat mich berührt. Ich muss zu ihm, er leidet. Er leidet so sehr.«
    »Wir werden zu ihm gehen«, sagte Loridan. »Weißt du, wo wir ihn finden?«
    »Ja, er ist im feurigen Berg. Und er wartet auf mich.«
    »Aber wie konnte er zurückbleiben, wenn alle anderen geflohen sind?«, fragte Danira.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Selina. »Es war so furchtbar – als Jandaldon den Kristall in den Turm brachte. Mir war, als würde ich zerrissen. Hast du denn nicht den Schmerz gespürt,

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