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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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den Süden führt, dann werdet Ihr nach Car-Dhiorath gelangen. Dort mögt Ihr mich besuchen, sobald ich wieder in meinen Palast zurückgekehrt bin. Doch mein Weg führt mich nun nach Norden, nach Car-Osidia, in die Stadt des Königs.«
    »Ja, nach Car-Dhiorath will ich gehen und danach noch weiter, über das Meer.«
    »Ihr kommt aus einem Land der Legenden, und Ihr geht in ein anderes Land der Wunder. Wollt Ihr nun dort Euren Tod suchen?«
    »Ja, das will ich.«
    »Nun – wenn Ihr ihn auch dort nicht findet, dann denkt an mein Angebot. In Car-Dhiorath mögt Ihr mich treffen und mir Eure Geschichte erzählen. Sie wird länger geworden sein, falls Ihr wirklich aus diesem Land zurückkehren solltet.« Der Fürst hatte seinen Kopf geschüttelt. »Und falls meine Stadt dann noch besteht. Tod und Vernichtung lauern auf uns wie die Wolken eines Unwetters am Horizont. Gweregon droht uns mit Krieg.«
    »Auch ich empfinde keine Freundschaft für Gweregon. Doch der Krieg, der bald kommen mag, ist nicht mein Krieg.« Auch Jandaldon hatte seinen Kopf geschüttelt. »Nein, ich denke nicht, dass ich zurückkehren werde. Und ich denke nicht, dass meine Geschichte viel länger werden wird.«
    Und dann hatte der Fürst ein Goldstück aus seiner Tasche gezogen und es dem Sänger gereicht. »Hier, das wird Euch helfen auf Eurem Weg in den Süden«, waren seine Abschiedsworte gewesen. »Lebt wohl einstweilen, denn immer noch mag es sein, dass wir uns wiedersehen.«
    Nun hatte Jandaldon tatsächlich die Küste erreicht und die Stadt, von der der Fürst gesprochen hatte. Erst am Nachmittag dieses Tages war er in Car-Dhiorath angekommen, und von dem Goldstück, das der Fürst ihm geschenkt hatte, waren nun noch vier Silberstücke und ein paar Kupferstücke verblieben. Ein paar Stunden hatte der Sänger bereits im Hafenviertel verbracht und erfolglos nach einer Überfahrt zum Südkontinent geforscht. Die wenigen hochseetüchtigen Schiffe, die regelmäßig im Hafen der Stadt anlegten, hatten andere Ziele. Viele fuhren in den Osten, denn der Seeweg war die einzige Verbindung, über die Menschen und Güter sicher zwischen den beiden Teilen des Reiches verkehren konnten. Nur selten setzte ein Schiff seine Segel, um sich nach Süden zu wenden, der alten Welt entgegen.
    Jandaldon seufzte leise, denn er wusste, dass er keine Überfahrt finden würde, wenn er hier auf dem Anlegesteg sitzen blieb. Endlich stand er auf und lenkte seine Schritte über den hölzernen Steg auf die Hafenmauer zu. Zwei weitere große Schiffe lagen dort vertäut, und der Sänger erkannte, dass auf ihnen Bauarbeiten im Gange waren. Die Handwerker hatten ihre Arbeit bei Einbruch der Dämmerung eingestellt, doch eine halb fertige hölzerne Konstruktion war auf dem Deck des einen Schiffes entstanden, und Jandaldon erkannte, was dort errichtet wurde. Oft genug hatte der Sänger solche Gebilde auf den Stadtmauern von Car-Carioth gesehen – die Schiffe wurden mit Katapulten ausgerüstet. Der tapfere Fürst Navaris bereitete seine Flotte also tatsächlich auf den Krieg vor.
    Lampen leuchteten auf den Decks der beiden Schiffe, und in ihrem Licht waren schwer bewaffnete Wachen zu sehen. Ein Seemann hatte sich auf der Hafenseite des Schiffes an die Reling gelehnt und blickte gelangweilt zu dem Sänger hinunter. Mit einem kurzen Gruß ging Jandaldon weiter, und sein Weg führte ihn an einem zweiten Anlegesteg vorbei. Größer und stabiler war dieser Steg im Vergleich zu dem, auf dem der Sänger zuvor gesessen hatte, und auch hier hatten Schiffe angelegt. Jandaldon beachtete sie nicht, denn sein Blick war bereits auf das erleuchtete Fenster der Hafenschenke gerichtet.
    Mit wenigen Schritten hatte er das Gasthaus erreicht, und er stieß die Tür zu der überfüllten Schankstube auf. Warme, stickige Luft wehte ihm entgegen, als er den von Kerzen und Öllampen beleuchteten Raum betrat. An den schmutzigen Tischen saßen Männer in einfacher, aber farbenfroher Kleidung und scherzten lautstark miteinander, während sie Bier aus hölzernen Krügen in sich hineinschütteten. Der Sänger ahnte, dass seine Musik hier nicht sonderlich erfolgreich sein würde. Wahrscheinlich würde man ihn nicht einmal zur Kenntnis nehmen, da es kaum möglich war, den Radau der trinkseligen Gäste zu übertönen. Aber er hatte einen anderen Grund, diesen Ort aufzusuchen, denn zweifellos würden auch die Kapitäne der Schiffe hier verkehren.
    Mühsam bahnte Jandaldon sich einen Weg zur Theke, wo der beleibte Wirt

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