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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Timon gingen Lardin und Tamaric, auch sie mit kampfbereit gezückten Waffen. Die Luft um sie herum war wärmer geworden, je tiefer sie in den Berg eingedrungen waren, aber noch empfanden sie die Hitze nicht als unangenehm. Das System der Höhlen und Tunnel war verwirrend, und jedes Mal, wenn ihr Gang sich verzweigte, ritzten sie Zeichen in die Wände, um den Weg zurück aus dem Berg wiederzufinden. Keiner von ihnen dachte allerdings daran, den Rückweg anzutreten, denn sie hatten noch keine Spur von Danira gefunden. Niemand in der Gruppe sprach ein Wort, und Loridan setzte seinen Weg mit grimmiger Entschlossenheit fort. An Verzweigungen überlegte er nie lange und entschied sich schnell für eine der möglichen Richtungen. Als sie wieder einmal einen Höhlenraum erreichten, von dem Gänge in verschiedene Richtungen abzweigten, hielt Selina den Ritter am Arm zurück.
    »Es ist sinnlos, blindlings durch diese Gänge zu hetzen«, sagte sie. »Ich bin Danira im Traum begegnet, schon bevor ich sie selbst getroffen habe. Auch du, Loridan, und du, Timon – ihr seid eng mit Danira verbunden. Vielleicht können wir sie finden, wenn wir unsere Gedanken vereinen und Kontakt mit ihrem Geist suchen.«
    »Unsere Gedanken vereinen?«, fragte Loridan. »Wie soll das gehen?«
    »Es ist eine Fertigkeit, die die Drachen mich gelehrt haben. Setzt euch hierher zu mir, und fasst meine Hände.« Selina hockte sich auf den harten Felsboden und legte den leuchtenden Kristall vorsichtig vor sich. Ihre rechte Hand streckte sie zu Loridan aus, während sie Timon ihre Linke darbot. »Und fasst auch ihr euch an den Händen.«
    Mit einem Stirnrunzeln befolgte der Ritter Selinas Aufforderung und legte sein Schwert am Boden ab. Timon ließ den Kristall, den er in der Hand gehalten hatte, in seine Tasche gleiten, bevor auch er sich zu den beiden setzte. Lardin und Tamaric postierten sich am Rand der Höhle, von wo sie die wegführenden Gänge überwachten.
    »Schließt nun eure Augen, und denkt an Danira«, sagte Selina, als der Kreis der Hände sich geschlossen hatte. Timon und Loridan folgten der Anweisung, und für eine Weile fühlten sich beide von seltsamen Empfindungen durchströmt.
    Loridan versuchte, seine Gedanken bewusst auf Danira zu konzentrieren. Er dachte an das erste Mal, als er das Mädchen gesehen hatte, in einem dunklen Keller in Car-Elnath, wo sie sich zusammen mit Deryn versteckt hatte. Er dachte an die Fröhlichkeit, die sie ausstrahlen konnte, aber auch ihre Trauer und Verbissenheit – vor allem, wenn es darum ging, das Kämpfen zu erlernen. Der Kampf, in dem Danira siegreich gegen einen Dämon gefochten hatte, kam in Loridans Sinn. Und noch andere Empfindungen erwachten in ihm, unbewusst und ungesteuert – er fühlte Schmerz und ein seltsames Gefühl der Bedrohung. Es schien eine lange Zeit vergangen zu sein, als Selina schließlich wieder ihre Augen öffnete und zu sprechen begann.
    »Ich habe Danira gespürt«, sagte sie. »Auch wenn es nicht leicht war, zu ihr vorzudringen. Immer noch ist mein Geist verwirrt durch die Ausstrahlung des Drachenbanns. Ich weiß nicht, ob auch Danira mich wahrnehmen konnte – sie ist erschöpft, und sie hat Schmerzen. Und noch etwas anderes war da – etwas Dunkles, Bedrohliches. Ich fürchte, dass Danira in schrecklicher Gefahr ist, aber sie ist immer noch hier im Berg. Trotzdem gibt es auch Hoffnung, denn ich habe Goldschuppe gespürt. Allerdings ist auch er schwach und voller Schmerz.« Die junge Frau schaute sich kurz um. Ihr Kristall hatte sich verdunkelt, doch er erstrahlte wieder hell, als ihre Hand ihn umfasste.
    »Wir müssen in diese Richtung«, sagte sie, und sie wies auf einen schrägen Riss im Gestein, gerade breit genug, um in ihn einzudringen.
    »Dann lass uns gehen«, sagte Loridan. »Aber bist du dir sicher, dass diese Spalte uns weit bringen wird?«
    »Nein«, sagte Selina. »Dennoch müssen wir es versuchen.«
    Eilig folgten die Gefährten der Spalte, die sich bald noch weiter verengte. Nur mühsam kamen die Ritter in ihren starren Rüstungen voran, bis die rauen Felswände endlich zurückwichen. Sie fanden sich in einer runden Kammer, deren Wände mit großen, blau glitzernden Kristallen besetzt waren. Sie hielten sich nicht damit auf, dieses Wunder der Natur zu bestaunen, denn ein gut begehbarer Gang lag nun vor ihnen, der sie weiter in die Tiefe führte. Immer wenn der Weg sich verzweigte, zögerte Selina und schloss für eine Weile ihre Augen, bevor sie sich für eine

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