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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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nickte Loridan, dann wandte er seine volle Aufmerksamkeit Danira zu. Vorsichtig durchtrennte er die Fesseln, die blutige Striemen an ihren Handgelenken verursacht hatten. Aus seiner Tasche zog er Verbandmaterial hervor, um die Wunde am Arm des Mädchens zu versorgen, so gut es die spärlichen Lichtverhältnisse zuließen. Inzwischen war auch Timon zu ihnen gekommen und hatte einen Wasserschlauch mitgebracht, den der Ritter dankbar entgegennahm. Er versuchte, Danira ein wenig Wasser einzuflößen, und sie stöhnte leise, doch sie schluckte die Flüssigkeit nicht hinunter.
    Als er sah, dass er im Moment nichts weiter für das Mädchen tun konnte, reichte Loridan den Wasserschlauch an Timon zurück. Erfüllt von einer wachsenden Unruhe erhob er sich, um zu dem Drachen hinüberzugehen. Plötzlich sah er einen schwachen Lichtschein am Boden, halb verborgen durch den Körper eines erschlagenen Dunkelmenschen. Eilig wälzte er den Leichnam beiseite, unter dem die schimmernde Klinge von Daniras Schwert zum Vorschein kam. Er nahm die Waffe an sich, dann trat er zu Selina, die sich neben Goldschuppe gekauert hatte und seinen großen schuppigen Kopf mit beiden Armen umfasst hielt. Die Lippen der Frau formten lautlose Worte, während sie mit ihrer Stirn die des Drachen berührte. Erst jetzt sah der Ritter, dass an einem Band um Goldschuppes Hals die Rune befestigt war, von der Selina berichtet hatte.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Loridan, als die junge Frau zu ihm aufblickte.
    »Ich weiß es nicht – sein Geist hat sich tief in sich selbst zurückgezogen.«
    Zögernd streckte der Ritter eine Hand aus, um Goldschuppes warme Schuppenhaut zu berühren, die ihm merkwürdig weich und verletzlich erschien. Der Drache war längst noch nicht ausgewachsen – sein Rumpf hatte die Länge von drei Schritten eines erwachsenen Mannes, und von der Schwanzspitze bis zum Kopf mochte er etwa doppelt so lang sein. Am Ansatz seines linken Flügels war eine Wunde zu sehen, ein Spalt zwischen den ledrigen Schuppen, der bereits mit getrocknetem schwarzem Blut verschlossen war. Ein erstarrtes schwarzes Rinnsal hatte die goldbraune Haut des Drachen besudelt und sich am Boden zu einem zähflüssigen Fleck gesammelt. Eine Weile betrachtete Loridan schweigend den Drachen, bis Selina sich erneut zu ihm umwandte und seine Hand ergriff.
    »Ich spüre den Kummer in dir – du würdest Danira gerne aus dieser Höhle hinausbringen, aber du willst auch Goldschuppe und mich nicht alleine hier zurücklassen.«
    »So ist es«, sagte Loridan. »Ich wünschte, wir könnten Goldschuppe tragen, doch auch wenn wir unsere Gefährten von draußen zur Hilfe holen würden, könnten wir ihn wahrscheinlich nicht bewegen.«
    »Warte noch eine Weile«, antwortete Selina. »Ich hoffe, dass ich zu seinem Geist durchdringen kann, wenn ich noch ein wenig mehr Zeit habe.«
    »Gut – wir werden warten.« Mit einem Seufzen wandte Loridan sich ab und trat einige Schritte zurück. Seine Aufmerksamkeit blieb allerdings auf die Frau gerichtet, die erneut Goldschuppes Kopf umfasste. Lange verharrte sie bewegungslos gegen den Körper des Drachen gelehnt und sprach mit leiser Stimme auf ihn ein. Ungeduldig kehrte Loridan zu Danira zurück, die immer noch ohne Bewusstsein war. Mit einer Hand voll Wasser wusch der Ritter Schmutz und Blut aus dem Gesicht des Mädchens. Wieder ging eine Regung durch Daniras Körper, und ein Stöhnen drang über ihre Lippen, aber sie erwachte nicht.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend zog Loridan die Rune hervor, die Tirandor ihm gegeben hatte. Er legte sie in Daniras Hände, die er dann mit den seinen umschloss. Sofort begann das Schmuckstück hell zu leuchten, und er spürte, wie Daniras Finger sich bewegten, um das Amulett fester zu fassen. Ein tiefer Atemzug durchströmte ihren Körper, dann plötzlich bäumte sie sich auf und öffnete ihre Augen.
    »Nein … ich …« Sie wandte den Kopf ruckartig hin und her, ein gehetzter Ausdruck lag in ihrem Gesicht.
    »Ruhig, Danira«, sagte Loridan und umfasste sanft die Schulter des Mädchens. »Alles ist gut … wir sind bei dir.«
    Für einen Moment versuchte Danira, sich dem Arm des Ritters zu entziehen, der sie mit behutsamem Griff hielt und beruhigend auf sie einsprach. Endlich verschwand der Ausdruck des Entsetzens aus ihrem Gesicht, als sie erkannte, dass sie in Sicherheit war. Ohne etwas zu sagen, drückte sie sich fester an Loridan, und Tränen füllten ihre Augen. Eine Weile verharrte sie so, bis sie

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