Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
Vom Netzwerk:
schmucklosen Tisch in der Mitte der halbrunden Kammer saß. »Ausgerechnet du sprichst von Liebe?«
    »Ich spreche von der Liebe zum Krieg, von der Lust am Töten. Warum sollte ich keine Freude dabei empfinden, wenn ich an das Ende der Menschheit denke?«
    »Dieser Krieg wird nur der Anfang vom Ende der Menschen sein. Erst wenn bei unserem großen Zauber alles nach Plan läuft, ist ihr Schicksal besiegelt.« Coort erhob sich, um neben den alten Offizier zu treten. »Wie viele Soldaten werden heute in den Krieg ziehen?«
    »Fast dreitausend sind es, die sich hier gesammelt haben, um nach Car-Osidia zu marschieren. Mehr als tausend weitere werden sich morgen oder übermorgen in Car-Ladogh einschiffen, um Car-Dhiorath anzugreifen. Dann wird auch ein kleineres Kontingent in Car-Carioth aufbrechen und die Belagerungsmaschinen mitbringen, die dort gefertigt wurden.«
    »Ein gewagter Feldzug«, sagte der Zauberlehrling. »Glaubst du, dass alles nach Plan verlaufen wird, wenn du die Truppen nicht mehr befehligst?«
    »Es spielt keine Rolle. Der Krieg wird beginnen, und wir haben ohnehin nur noch wenig Einfluss auf seinen Verlauf, denn bald werden auch wir die Stadt verlassen. Ich habe so viele Truppen mobilisiert wie nur möglich, und das Einzige, was nun noch zählt, ist der Große Zauber.«
    »Der König wird es nicht gerne sehen, wenn du die Garnison ohne Führung zurücklässt.«
    »Der König ist ein Narr. Ich werde ihm nicht sagen, dass ich Car-Tiatha für immer verlasse.«
    »Nicht für immer«, sagte der junge Gelehrte. »Wir werden als Eroberer wiederkehren, und dann wird Gweregon vor uns im Schmutz kriechen. Ich freue mich auf diesen Moment. Je größer sich die Menschen fühlen, desto tiefer werden sie fallen.«
    »Gweregon ist bedeutungslos, schon jetzt ist er ein schwachsinniger Greis. Er wird kaum begreifen, was mit ihm geschieht.«
    »Das ist bedauerlich. Wenigstens wird es uns mehr Genugtuung bereiten, Calidor und die anderen Fürsten zu erniedrigen.«
    »Ja, das wird es«, sagte der Einäugige. »Es ist eine Zeit von Feuer und Blut, die vor uns liegt. Bald werden Gweregons Truppen Car-Elnath erreichen, und es wird zur ersten Schlacht kommen. Auch wenn die Zahl der Streiter gering sein mag, ist sie doch von großer Bedeutung. Zwölf konnte uns nur bestätigen, dass die Drachenritter in der Stadt der Geister angekommen sind – aber ich vermute, dass auch unsere besonderen Feinde und ihre Verbündeten bei ihnen sind.«
    »Und was denkst du, wie der Kampf ausgehen wird?«
    »Natürlich hoffe ich, dass meine Soldaten siegreich bleiben. Unsere Feinde haben in den letzten Wochen zu oft unsere Pläne durchkreuzt, und es wäre auch eine Beruhigung für mich, die Drachentöter vernichtet zu wissen. Doch einerlei – jeder Ausgang der Schlacht ist mir recht, solange auf beiden Seiten möglichst viele Menschen sterben.«
    *
    Timon saß allein in einem der oberen Stockwerke des Gebäudekomplexes, in dem Taric seine Wohnstatt hatte. Gerne wäre er noch höher in die halb zerstörten Obergeschosse vorgedrungen, doch es gab dort keine Treppen mehr, sondern nur noch Leitern, über die Gorm ihm nicht hätte folgen können. Das Zimmer, in das er sich zurückgezogen hatte, war bis auf verstreute Steine und Dachziegel völlig leer – alles was es hier jemals an Möbeln gegeben hatte, war offenbar geplündert oder als Brennholz genutzt worden.
    Eine Weile hatte er aus einem Fenster das Treiben auf dem Innenhof des Hauses verfolgt, wo einige der Drachenritter ihre Ausrüstung instand hielten oder sich in Übungskämpfen maßen. Schließlich hatte der Junge sich in einem der verlassenen Räume auf den Boden gehockt, den Rücken gegen die Wand gelehnt, und er hatte den einzigen Gegenstand aus seiner Tasche hervorgezogen, den er auf diesen Ausflug mit sich genommen hatte. Das Licht der Sonne schimmerte auf der silbernen Oberfläche von Tan-Thalions geheimnisvoller Schatulle, die bisher allen Öffnungsversuchen widerstanden hatte. Eine lange Zeit saß Timon unbeweglich dort, während die Sonne sich langsam dem westlichen Horizont näherte. Auch Gorm verharrte regungslos an der Seite des Jungen, und er schien die Konzentration zu spüren, in die dieser versunken war. Nur seine kurzen Vorderbeine zuckten von Zeit zu Zeit, sein Blick jedoch blieb aufmerksam auf das Kästchen gerichtet.
    Die Hitze des Tages hatte schon merklich nachgelassen, und ein kühler Wind wehte von der See her durch die Stadt. Einen großen Teil des Tages waren

Weitere Kostenlose Bücher