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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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können. Bin ich einer der Alten?«
    »Nein, du bist kein Alter. Den Alten wurde diese Fähigkeit von Thaur-Angoth geschenkt. Du bist nur ein Mensch – allerdings ein besonderer Mensch und ein großer Magier. Du hast offenbar selbst einen Weg gefunden, deinen Geist an diese Welt zu binden – durch einen Zauber, der auch jetzt noch in dir zu spüren ist. Dies ist der Schatten, der auf deiner Seele liegt, der Schatten, den Valkar gespürt hat und den auch ich spüre.«
    »Hast du gewusst, dass dieser Gerugrim in mir ist? Bist du deshalb mit mir hierhergekommen?«
    »Nein, ich habe es nicht gewusst«, sagte Grimstan. »Es war nur eine Ahnung, die langsam gewachsen ist. Die Bewahrer wissen, dass Gerugrim hier gestorben ist. Und es gibt eine Legende, nach der er eines Tages wiederkehren würde, um die Bewahrer in den Kampf gegen das Böse zu führen.«
    »Aber ich weiß doch kaum, worum es in diesem Kampf geht. Wie soll ich die Bewahrer führen? Du weißt über diese Dinge viel mehr als ich. Und wie könnte ich Loridan und die Drachentöter anführen? Und auch Danira – sie ist so stark, und sie weiß, wie man kämpft.«
    »Ja, Danira ist stark«, sagte Grimstan. »Aber du bist genauso stark wie sie – auch wenn du kein Schwert führst. Der Kampf gegen die Alten wird nicht alleine mit dem Schwert ausgefochten. Das Wissen ist eine viel mächtigere Waffe.«
    »Wird es lange dauern, bis ich mich wieder an alles erinnere?«
    »Nein, ich denke nicht. Der Anfang ist das Schwerste. Hier in diesem Haus sollten deine Erinnerungen schnell wieder erwachen, denn hier ist der Ort, an dem sich deine Seele von deinem früheren Körper getrennt hat.«
    »Aber die Vernichtung von Car-Elnath ist so lange her«, sagte Timon. »Wo war meine Seele in all der Zeit?«
    »Wer weiß? Vielleicht hast du noch ein paar Leben gelebt in der Zwischenzeit. Vielleicht hat auch deine Seele diesen Ort hier nie ganz verlassen. Denn dein Geist war hier, als Danira das Schwert gefunden hat.«
    »Wie konnte mein Geist hier sein, wenn ich zur gleichen Zeit schon als Timon gelebt habe?«
    »In deinen Träumen ist ein Teil deiner Seele immer wieder hierher zurückgekehrt. Aber wir können diese ganzen Fragen nicht an einem Tag klären. Lass uns zu Tarics Haus zurückgehen, und dort solltest du eine Weile ruhen. Du kannst bald wieder hierherkommen, um deine Vergangenheit zu ergründen – versuche jedoch nicht, etwas zu erzwingen. Deine Erinnerungen werden nach und nach von selbst wiederkehren.«
    Sie machten sich auf den Rückweg, und nun schritt Grimstan mit raschen Schritten voran, während Timon ihm folgte und nur gelegentlich seine Blicke über die Umgebung schweifen ließ. Noch tiefer als auf dem Hinweg war der Junge in seine Gedanken versunken, doch manchmal hatte er seltsame Visionen, denn anstelle der zerfallenen Ruinen schien er die Häuser so zu sehen, wie sie vor langer Zeit ausgesehen hatten. Keiner von ihnen sprach, und erst kurz bevor sie Tarics Haus erreichten, brach Timon das Schweigen.
    »Wirst du den anderen erzählen, was mit mir ist?«
    »Sie müssen es erfahren. Wenn dir das lieber ist, kannst du es ihnen selbst sagen.«
    »Ja, das werde ich«, sagte Timon. »Aber noch nicht heute – ich will vorher noch etwas mehr über meine Vergangenheit erfahren.«
    »Gut. Doch zögere nicht zu lange. Wir müssen bald dringende Entscheidungen treffen, und dabei wirst du eine wichtige Rolle spielen.«
    »Gib mir wenigstens einen Tag.« Timon zögerte. »Denkst du, Danira wird mich noch mögen, wenn sie erfährt, dass ich ein alter Magier bin?«
    »Wenn Danira dich bisher gemocht hat, warum sollte sich das ändern? Es liegt dir wohl viel daran, dass sie dich mag. Liebst du sie?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie ein Mädchen geliebt. Warst du einmal verliebt?«
    »Ja, vor langer Zeit.« Ein trauriges Lächeln erschien auf dem Gesicht des alten Mannes. »Aber trotzdem war ich damals älter, als du es heute bist. Du bist noch jung, du hast noch viel Zeit, um dich zu verlieben.«
    »Habe ich das wirklich?«, fragte Timon. »Oder ist das Ende der Welt doch so nahe, wie du gesagt hast?«
    *
    Vor den Toren von Car-Tiatha war ein großes Zeltlager aus dem Boden gewachsen. In militärischer Präzision waren die Zelte aufgereiht, und zwischen ihnen, in regelmäßigen Abständen angeordnet, brannten Fackeln und Lagerfeuer. Das flackernde Licht spielte auf unzähligen rostroten Fahnen, die über dem Lager wehten. Einige der Feuer waren schon erloschen,

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