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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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hier eintreffen. Doch bedenkt, dass nur einer von ihnen uns willkommen sein wird. Wir sind bereit, die reinen Kinder Firions in diesem Land zu begrüßen und sie auf unseren Schwingen durch unser Reich zu tragen – dieses Angebot gilt jedoch nicht für die, die von Thaur-Angoth gezeichnet sind.«
    *
    Stille herrschte an Bord der Krone von Dhiorath , und nur das leise Knarren der Schiffsbalken und das gelegentliche Ächzen der Ankerkette waren zu hören. Vier Seeleute hielten Wache an Deck des Schiffes, blickten angestrengt hinaus in die Dunkelheit, die sie umgab. Im Norden waren die Lichter von Car-Dhiorath zu sehen, und weiter im Südwesten und Südosten leuchteten die Positionslampen von weiteren Schiffen. Eine Laterne stand auf der Heckreling, doch ihr Licht beleuchtete nicht das Deck des Schiffes. In Richtung auf die Stadt war sie gerichtet, dorthin, wo aufmerksame Augen ununterbrochen das Flaggschiff beobachteten. Auf dem Schiff lagen die Schatten der Nacht, und nur auf dem Vorderdeck, neben dem schweren Katapult, sah man das Leuchten von glühenden Kohlen, die in einer eisernen Wanne bereitstanden.
    Der Seemann, der neben der Laterne Wache hielt, versuchte, seine Müdigkeit zu überwinden, indem er auf den knarrenden Schiffsplanken auf und ab ging. Wind war aufgekommen, und das Schiff schaukelte im zunehmenden Seegang. Besorgt blickte der Seemann zu dem schwankenden Krähennest hinauf, wo einer seiner Kameraden postiert war, um von dem erhöhten Ausguck aus weiter in die Ferne schauen zu können. Als ob es irgendetwas zu sehen gäbe in dieser verwunschenen Nacht. Im Süden flammte von Zeit zu Zeit Wetterleuchten auf, ein weit entferntes Gewitter, das mit etwas Glück an ihnen vorüberziehen würde. Wer sollte es wagen, in dieser Nacht mit voll beladenen Lastschiffen die Küste von Car-Dhiorath anzulaufen, um Truppen und Reitechsen an Land zu setzen? Trotzdem wollte Fürst Navaris kein Risiko eingehen, und so mussten einige seiner Schiffe in einer vorgeschobenen Postenkette vor der Küste patrouillieren.
    Obwohl es bis zum heimatlichen Hafen nicht weit war – kaum mehr als eine Meile – fühlte der Seemann die bedrückende Weite und die Einsamkeit des Meeres stärker als je zuvor. Eine Bedrohung lag in der Luft, eine Bedrohung, die mehr war als nur die Ahnung eines fernen Unwetters. Gerne wäre der Seemann näher zu seinen Kameraden gegangen, die an verschiedenen Stellen des Decks Wache hielten, er wagte es jedoch nicht, den ihm zugewiesenen Posten zu verlassen. Fürst Navaris war in dieser Nacht selbst an Bord seines Flaggschiffes, wie er es zuweilen tat, wenn er den Mauern der Stadt entfliehen wollte. Bedrückt blickte der Seemann zum Himmel empor, wo der Umriss des Wächters blass durch die Wolken schien, doch daneben stand das Auge des Bösen, und auch dessen rote Glut war hell genug, um den Wolkenschleier zu durchdringen.
    Für einen Moment riss die Bewölkung auf, und im Licht der Himmelswanderer konnte der Seemann das Krähennest weit über sich erkennen. Auch der Wachposten im Ausguck blickte starr nach oben, doch wonach mochte er wohl Ausschau halten? Als die Wolken sich bald darauf wieder schlossen, legte sich die Finsternis erneut über das Schiff. Ein Geräusch wie ein ferner Schrei ließ den Seemann erschaudern, denn er weckte in ihm die Erinnerung an Sagen über unheimliche Wesen, welche die südliche See bevölkerten – Kreaturen, die manchmal aus den Tiefen des Meeres auftauchten, um Seeleute in ein dunkles, nasses Grab hinunterzuziehen. Aber der Schrei, der eben ertönt war, schien von oben gekommen zu sein. Eine Weile blieb es ruhig, und der Seemann glaubte schon, das Geräusch sei nur ein Produkt seiner Einbildung gewesen. Da ertönte ein weiterer Schrei – näher dieses Mal und nicht mehr so fremdartig und wild wie zuvor. Und auch dieser Laut war von oben gekommen.
    Als der Seemann seinen Blick wieder nach unten wandte, stellte er fest, dass eines der Positionslichter verloschen war – dort, wo das südöstliche Postenschiff stehen sollte. Einen Moment wartete er, ob vielleicht ein Schatten sich zwischen ihn und das ferne Schiff geschoben hatte, der rasch vorüberziehen würde. Doch was sollte auf dem ruhigen Meer einen Schatten werfen? Eine feindliche Flotte vielleicht, oder ein Schwarm von Ghyas? Oder war die Lampe auf dem Schiff durch einen Windstoß gelöscht worden? Immer noch zögerte der Seemann, denn er wollte nicht den Spott seiner Kameraden über sich ergehen lassen, wenn er

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