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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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genauerer Betrachtung waren Schriftzeichen zu sehen, die in die glatte Fläche graviert waren, doch sie waren zu klein, um sie in dem dämmrigen Licht zu entziffern. Deryn schob die Tafel in seine Tasche, denn nun war nicht die Zeit, sich mit neuen Rätseln zu beschäftigen. Eilig ging er wieder nach draußen zu Danira, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Tarics Haus.
    *
    Nach einem letzten gemeinsamen Essen kam die Stunde des Abschieds. Danira tauschte lange Umarmungen mit Taric, Almina und den beiden Jungen aus.
    »Ich hoffe, ihr nehmt es uns nicht übel, dass wir Danira mit uns nehmen«, sagte Loridan.
    »Natürlich nicht«, antwortete Taric. »Wir werden sie vermissen, aber wir sind froh, dass sie an einem besseren Platz als hier aufwachsen kann. Vielleicht können unsere Kinder eines Tages auch einmal nach Car-Tiatha reisen. Oder an einen anderen Ort, wo es besser ist als hier.«
    »Wie könnte es einen besseren Ort für die beiden geben, als die Stadt, wo ihre Eltern leben?« Loridan reichte Taric die Hand. »Wir werden uns wiedersehen, das verspreche ich. Du weißt, die Drachenritter kommen regelmäßig in diese Stadt.«
    Mit hochgezogener Augenbraue blickte Deryn bei diesen Worten zu Loridan hin. Bisher hatte der Drachentöter noch nichts über seine Entscheidung verlauten lassen. Auch jetzt schenkte Loridan seinem Freund nur ein kurzes Augenzwinkern, bevor er sich Alminas Umarmung überließ. Schließlich brachte der Hausherr noch eine kleine Kiste zum Vorschein, die er Deryn überreichte.
    »Hier sind einige Dinge, die Danira mir zur Aufbewahrung gegeben hat. Ich hoffe, dass du und Loridan jetzt gut darauf aufpasst.«
    »Ach ja, meine Ersparnisse!«, verkündete Danira. »Ich muss doch in Car-Tiatha für mich sorgen können. Das sind ein paar Dinge, die ich in den Trümmern gefunden habe. Auch bei den Preisen, die Grostan verlangt, sollte ich davon für ein halbes Jahr leben können. Wie sind denn die Preise in Car-Tiatha?«
    Deryn antwortete nicht sofort, sondern öffnete zunächst den Deckel des Kästchens. Darin befanden sich neben etlichen Goldmünzen auch einige kostbare Ringe und eine mit Edelsteinen besetzte Halskette.
    »Nun, ja«, antwortete Deryn und reichte das Kästchen an Loridan weiter.
    Loridan inspizierte Daniras Besitztümer mit einem Lächeln und wandte sich dann an das Mädchen.
    »Nun, die Preise in Car-Tiatha sind etwas günstiger als hier.«
    *
    Angbold holte noch einmal tief Luft, bevor er den beiden Wachposten mit einem Wink bedeutete, das schwere Portal für ihn zu öffnen. Die Einladung zu dem abendlichen Besuch beim König hatte den Wachoffizier nicht sonderlich erfreut, denn schon seit Wochen plagte der greise Monarch ihn ständig mit langwierigen Unterredungen über den bevorstehenden Krieg. Die Luft im Thronsaal war warm und rauchig und roch nach dem harzigen Holz, das in dem gewaltigen Kamin brannte. Die Feuerstelle war eine vergleichsweise neue Errungenschaft in dem alten und ehrwürdigen Thronsaal. Gwengol, Gweregons Vater, hatte ihn vor etwa siebzig Jahren errichten lassen, als er selbst noch ein junger Mann gewesen war – in dem Jahr, als Gweregon geboren wurde. Der Kamin war vier Schritte lang und drei Schritte breit und von allen Seiten zugänglich. Nur ein kleines Feuer brannte nun darin, doch es reichte aus, um die Halle merklich aufzuwärmen. Das Tageslicht sickerte nur noch spärlich durch die kleinen Fenster, die in die dicken Außenmauern eingelassen waren. So war die Halle beherrscht vom flackernden Schein des Feuers. Auch an den zahlreichen Säulen, deren Kapitelle sich in den Schatten der hohen Decke verloren, waren Fackeln befestigt.
    Von der Decke hingen Banner herunter – Bahnen aus rostrotem Stoff, bestickt mit dem Abbild des Narvi. An den Wänden waren farbenfrohe Prunkschilde aufgereiht – geziert mit den Wappen der Fürsten, die Gweregon Treue geschworen hatten. Direkt neben dem Banner des Königs hingen der grün-weiße Schild von Fürst Istaron und der gelbe Schild von Fürst Palaris. Der Thron, dessen Rückenlehne und Armlehnen mit goldenen Intarsien geschmückt waren, stand auf einem Podest, zu dem fünf steinerne Stufen hinaufführten. Nun war der Thron leer, denn Gweregon saß auf dem erhöhten Stuhl am Kopfende der großen Tafel. Angbold machte sich auf den langen Weg, zwischen den hoch aufragenden Säulen hindurch, dem Sitz des Königs entgegen. Als er erkannte, dass die Reihe der Wappenschilde sich gelichtet hatte, unterdrückte der

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