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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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machen. Das war alles, was ich hören wollte. Du kannst gehen.« Der König wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Weinpokal zu.
    »Verzeiht, Herr«, sagte Sad Adan mit leiser Stimme. »Darf ich noch eine Bitte vorbringen?«
    Der König nahm einen tiefen Schluck aus seinem Pokal, bevor er antwortete. »Sprich, aber fasse dich kurz.«
    »Diese Reise ins Drachenland ist ein Wagnis von großer Kühnheit. Die Teilnehmer werden sich priesterlichen Beistand wünschen. Ich möchte daher an der Reise teilnehmen.« Sad Adan verharrte mit gebeugtem Haupt und wartete auf die Antwort des Königs.
    »Es ist mir gleich, wer an der Reise teilnimmt und wer nicht. Tan-Thalion muss entscheiden, wen er braucht, um seine Ziele zu erreichen. Der Drachenmeister und der Hauptmann meiner Garnison entscheiden, wie eine sichere Reise durchs Drachenland möglich ist.«
    »Verzeiht, Herr, wenn ich widerspreche. Aber die Sicherheit der Reise liegt in Firions Händen. Sollten wir, seine Diener, also nicht auch unseren Teil dazu beitragen?« Sad Adan senkte seinen Kopf noch tiefer und erwartete den bevorstehenden Ausbruch des Königs, dieser blieb jedoch aus.
    »Ich werde darüber nachdenken. Du kannst gehen.«
    Sad Adan schritt rückwärts auf die Tür des Gemachs zu, die sich bereitwillig für ihn öffnete. An der Schwelle angekommen, drehte der Priester sich um und machte sich schnellen Schrittes auf den Rückweg zur Burgkapelle. Das Gespräch war besser verlaufen als erwartet.
    *
    Die Sonne stand schon tief im Westen, als Deryn sich abermals dem geheimnisvollen Haus näherte. Der Schrecken, den er beim Anblick der geisterhaften Erscheinung empfunden hatte, machte sich langsam wieder in ihm breit, trotzdem ging er grimmig entschlossen weiter. Er hatte während der Morgenmahlzeit des letzten Tages Taric und Almina zu ihren Erfahrungen mit Geistern befragt, und diese hatten ihm unbefangen aber mit großem Ernst geantwortet. Die Existenz von Geistern war für die Bewohner der Stadt unumstritten – nicht umsonst hieß Car-Elnath im Volksmund die Stadt der Geister. Taric konnte etliche Häuser der Umgebung aufzählen, in denen Geister umgingen, und sogar deren bevorzugte Erscheinungsorte nennen und die Zeiten, zu denen man ihnen begegnete. Viele Menschen, die bei der Zerstörung der Stadt ums Leben gekommen waren, seien nicht bestattet worden, was allein schon ein Grund für die ruhelosen Seelen sei, nicht in die nächste Welt weiterzuwandern. Überdies sei der Tod durch einen Drachen etwas derartig Besonderes, dass die betroffenen Seelen oft völlig verwirrt seien und nicht mehr wussten, was sich für sie geziemte. Loridan hatte dem Gespräch mit nachdenklichem Blick zugehört und Deryn mit hochgezogener Augenbraue gemustert, aber keinen Kommentar abgegeben.
    Der skeptische Ausdruck im Gesicht des Drachentöters war Zeichen genug für Deryn, seine eigene Erfahrung mit dem Geist nicht kundzutun, dennoch wusste er nun, was er zu tun hatte. Er hatte sich von Taric eine Schaufel ausgeliehen und sich auf den Weg zu dem Geisterhaus gemacht. Auch wenn der Geist ihn erschreckt hatte, war an der Erscheinung des Zauberers nichts Bedrohliches gewesen. Im Gegenteil – wie ein gütiger alter Mann war er erschienen, der versuchte, seine Mitmenschen vor einer großen Gefahr zu warnen. Falls ein Begräbnis alles war, was diese verwirrte Seele sich wünschte, dann war Deryn nur zu bereit, dem Spuk auf diese Weise ein Ende zu bereiten – und dies war jetzt die letzte Gelegenheit dazu. Loridan und er hatten ihre Taschen bereits gepackt und wollten sofort nach Anbruch der Dunkelheit ihre Rückreise nach Car-Tiatha antreten.
    Obwohl Taric versucht hatte, ihm seinen letzten Spaziergang durch die Stadt auszureden, war Deryn schließlich aufgebrochen. Als er die abgelegene Straße erreichte, verharrte er kurz, um den Ort, den er zuvor nur bei Nacht gesehen hatte, im Licht des Abends zu betrachten. Ein Strahl der tief stehenden Sonne beschien die Fassade des Hauses und ließ sie in einem unwirklichen rotgoldenen Schein aufleuchten. Die verschlungenen Ornamente, die in den Stein eingearbeitet waren, erschienen fremdartig und erfüllt von einer geheimnisvollen Macht. Nur kurz ließ Deryn sich von dem Anblick beirren, dann trat er mit langsamen Schritten an den leer stehenden Türrahmen heran. Im Licht, das durch Tür und Fenster des Hauses drang, erkannte er, dass seine nächtliche Vision vergangen war. Alles schien so, wie es sein sollte – ein leeres Zimmer, in dem

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