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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Schritt von der Mauer zurück und hob beide Arme an, streckte sie nach vorne. Leise begann er zu flüstern – so leise, dass nicht einmal Danira, die unmittelbar neben ihm stand, die Worte verstehen konnte. Plötzlich bewegte Timon sich einen Schritt nach vorne, was eigentlich unmöglich sein sollte, denn noch immer überragte ihn der dunkle Umriss der Mauer.
    »Komm mit«, flüsterte er, und schemenhaft erkannte Danira die Hand, die der Junge ihr entgegenstreckte. Mit einem Schaudern ließ sie sich von ihrem Gefährten weiterziehen – durch die Mauer hindurch. Auf der anderen Seite war es genauso dunkel wie zuvor auf der Straße, trotzdem hatte Danira das Gefühl, dass sie sich nun im Inneren eines Gebäudes befanden. Ein Fenster zeichnete sich als dunkelgraues Viereck in der Dunkelheit ab, doch es drang nicht genügend Licht in den Raum, um Einzelheiten zu erkennen.
    »Wo sind wir?«, fragte sie leise.
    »In einem Nebengebäude der Magiergilde. Es dient keinem besonderen Zweck – abgesehen davon, dass es den geheimen Zugang verbirgt.«
    »Aber wie sind wir hierhergekommen?«
    »Ein Teil der Mauer ist nicht real«, flüsterte Timon. »Es ist eine magische Barriere, die nur aussieht wie eine Mauer aus Steinen. Sie ist eine Art Notausgang. Damals, als wir noch Zauberschüler waren, haben wir sie gelegentlich genutzt, um unbemerkt unseren Lehrern zu entkommen. Lass uns nun gehen, wir haben etwas zu erledigen.«
    Danira behielt Timons Hand in der ihren und folgte ihm, als er sich langsam in Bewegung setzte. Vorsichtig näherte er sich der Tür des Gebäudes, die er sorgfältig betastete, bevor er sie einen Spalt weit öffnete und hinausblickte. Eine Weile verharrte er bewegungslos, dann stieß er die Tür weit genug auf, um zusammen mit Danira hindurchschlüpfen zu können.
    »Schnell jetzt«, flüsterte er, und mit eiligen Schritten überquerte er die freie Fläche, die sie von einem anderen Nebengebäude trennte. Ihre Füße vermittelten Danira das Gefühl, über einen kurz geschnittenen Rasen zu laufen, der ihren Augen allerdings wie eine konturlose schwarze Fläche erschien. Über den Rasen verliefen Reihen von Steinplatten, die in einem sanften rotbraunen Farbton glühten. Timon mied diesen leuchtenden Pfad, sprang sogar über die Platten hinweg, wo sie ihren Weg kreuzten. Als sie das Nachbargebäude erreichten, drückte er sich schnell in den Schatten der Wand. Eine Treppe führte hier an der Mauer des Gebäudes entlang nach unten, und Timon stieg ein paar der Stufen hinunter, doch plötzlich erstarrte er mitten in der Bewegung.
    »Hier ist eine magische Sicherung«, flüsterte er. »Wenn wir sie auslösen, haben wir in ein paar Augenblicken die Wachen der Gilde am Hals. Ich muss sie ausschalten.«
    Schweigend verfolgte Danira, wie Timon seine Hände an die Stirn führte und einige Male tief durchatmete. Mit neuer Intensität kehrte der Gedanke zu ihr zurück, dass sie nicht hierher hätten kommen sollen, und sie wunderte sich, wie sie ihn zwischendurch so lange hatte verdrängen können. Gleichzeitig erkannte sie, wem die zwischenzeitliche Ablenkung zu verdanken war: Terilo. Warum war dieser fremde Junge so freundlich zu ihr gewesen, und warum konnte sie nicht aufhören, an ihn zu denken? Es schienen einige Minuten vergangen zu sein, als Timon sich endlich wieder regte.
    »Sie haben den Schutz verbessert, seit ich das letzte Mal hier gewesen bin«, sagte er. »Doch nun können wir gefahrlos eintreten.«
    Er stieg die letzten Stufen der Treppe hinunter, die vor einer Tür endete – einem Eingang in das Untergeschoss des Gebäudes. Wieder verharrte der Junge für einen Moment, und seine Hände glitten forschend über die Tür. Als er die Untersuchung abgeschlossen hatte, legte sich seine Hand auf die metallene Türklinke. Vorsichtig drückte er sie herunter, und die Tür öffnete sich mit einem leisen Knirschen. Timon betrat den dunklen Gang zuerst, dann schob er Danira an sich vorbei, um die Tür wieder schließen zu können. Für einen Moment war die Finsternis um sie herum undurchdringlich, bis plötzlich ein Lichtschein aufflammte, der von Timons Hand ausging. Nur ihre unmittelbare Umgebung war in dem schwachen Schein zu erkennen, die Wände eines langen Ganges, von dem auf beiden Seiten mehrere Türen abzweigten. Zielstrebig ging der junge Zauberer auf eine von ihnen zu, und Danira sah voller Staunen, dass diese Tür im Schein von Timons Licht golden glänzte.
    »Das war meine Zauberkammer, als ich noch

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