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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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des Beschwörungskreises ausging und wie eine halb durchsichtige Wand zwischen den Alten und den Auserwählten stand. Wieder hob der Einäugige gebieterisch seine Arme.
    »Khar sag’lar Angoth faidan«, sagte er. »Thar son’n Zhor ailladh.«
    Das Wirbeln in der Mitte des Kreises wurde schneller, und in dem Tosen formte sich eine schattenhafte Gestalt. Es war ein riesenhaftes Wesen, und die Gefährten sahen die Umrisse von Flügeln und Hörnern aus den Dunstschwaden hervortreten.
    »Haltet Euch bereit!« Langsam bewegte Grimstan sich rückwärts, bis er außerhalb des Kreises seiner Gefährten war. »Was auch immer den Beschwörungskreis verlässt – es darf den Ring der Runen nicht passieren.«
    »Seth aldan d’dun! Seth ar-dalan!« Timon sprach als Erster die magischen Worte, die die Macht seiner Rune freisetzten, und die anderen taten es ihm gleich. Ein Fünfeck aus Licht spannte sich zwischen den fünf Runen auf und schloss den Kreis der Alten ein. Doch in dem Pentagramm hatte sich die furchtbare Gestalt inzwischen verdichtet. Wie ein Drache erschien das fremde Wesen, und es schwebte über den fünf Alten, getragen von hornigen Schwingen. Angbold stieß ein triumphierendes Lachen aus.
    »Das Tor ist geöffnet! Seht, ihr Sterblichen! Dies ist Zhor, das Schoßtier unseres Herrn. Ja! Auch Thaur-Angoth hat einen Drachen erschaffen, um seine Macht mit Aeon selbst zu messen. Und nun hat er ihn geschickt, um seine Dämonen in den Kampf zu führen. Ihr habt nichts, was ihr dieser Macht entgegensetzen könnt. Sein feuriger Atem soll eure Runen zerschmelzen und euch alle verbrennen.«
    Und noch während Angbold diese Worte sprach, richtete das gewaltige Wesen seinen Blick auf den leuchtenden Ring der Runen. Seine Augen brannten wie Feuer, noch grausamer als die Augen der Dämonen. Mit einem Schlag seiner Flügel verließ der Drache das Zentrum des Kreises. Langsam schwebte er auf Danira zu, die ihm ihre Rune entgegenstreckte. Und schon zeichneten sich in dem Beschwörungskreis die Flügel und Klauen von Dämonen ab, die ihren Weg in diese Welt suchten.
    Einen langen Moment blickte Danira in die Augen des gewaltigen Geschöpfes, und ihr Traum, den sie vor wenigen Tagen gehabt hatte, kam in ihren Sinn. Wäre dies nun das Ende? Wenn die Macht der Runen versagen sollte, wenn sie selbst zu schwach wäre, dann würde sie in wenigen Augenblicken tot sein, gemeinsam mit allen ihren Gefährten. Das durfte nicht geschehen! Und dann schien aus Zhors Augen, die so verschieden von denen der echten Drachen waren, eine Stimme zu Danira zu sprechen.
    »Ich bin Zhor«, sagte die Stimme. »Wie kannst du es wagen, in meinen Weg zu treten?«
    Danira antwortete nicht. Sie versuchte, ihre Gefühle und ihre Angst zu unterdrücken, und sie wandte ihren Blick von dem Drachen ab, um sich auf die Rune in ihrer Hand zu konzentrieren. Gleichzeitig drangen wieder Worte in ihre Gedanken, doch dieses Mal war es eine vertraute Stimme.
    »Hüte dich vor seinem Feuer«, flüsterte Grimstan, der hinter Danira getreten war. »Er spürt, dass du die Rune des Feuers trägst, und er will seine Kraft mit der deinen messen.«
    Besorgt hob Danira ihren Blick, und in diesem Moment stieß der Drache seinen feurigen Atem aus. Das Feuer näherte sich ihr, bis es sich an dem Ring der Kraft brach, der von den Amuletten der Auserwählten aufrechterhalten wurde. Die Thrya-Rune leuchtete hell, nur dort, wo zuvor der stählerne Draht das Silber umspannt hatte, zeichneten sich dunkle Linien ab. Schon spürte Danira, wie das Metall in ihrer Hand sich erhitzte. Im gleichen Moment, als das Feuer des Drachen versiegte, flackerte die Thrya-Rune und erlosch. Und obwohl die Rune nicht mehr glühte wie zuvor, wurde sie nun unerträglich heiß. Mit einem leisen Schrei ließ das Mädchen die Rune los, die mit einem klirrenden Ton zu Boden fiel. Voller Angst blickte Danira zu den glühenden Augen des Drachen hinauf, in Erwartung des tödlichen Feuerstoßes. Während ihre Hand sich zum Griff ihres Schwertes bewegte und die Waffe hervorzog, erwachte wieder diese Macht tief in ihr, die sie immer wieder aufs Neue überraschte. Sie fühlte sich plötzlich stark, mächtig wie ein Drache. Als sie den Kopf hob, um Zhors Blick zu erwidern, sah sie, dass er zögerte, zurückwich. Sie war ein Drache, und Zhor spürte ihre Macht.
    »Schnell, weg«, sagte Grimstan, doch Danira stand wie versteinert. Sie erwachte erst aus ihrer Starre, als ein kräftiger Arm sie beiseitezog. Die Feuerwolke des
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