Brüder der Drachen
erblickte.
»Ja, hier bin ich aufgewachsen«, sagte der Ritter. »Jetzt wohnt hier meine Schwester Elea mit ihrem Mann Aldaron. Du wirst die beiden gleich kennenlernen, Grimstan hat sie sicher schon gewarnt, dass wir kommen.«
»Wer ist Grimstan?«, fragte Danira.
»Der Alte, den du eben gesehen hast. Er wird dir gefallen – er hat mir beigebracht, wie man mit dem Schwert umgeht. Allerdings hat er mir davon abgeraten, ein Drachentöter zu werden.«
»Und wie heißt der Arath?«
»Sein Name ist Sardoc. Elea hat ihn nach einem legendären Fürsten von Car-Carioth benannt.«
Der dunkelgrün gefärbte Arath lief nun neben dem Craith her und stieß erneut seinen Ruf aus, anscheinend erfreut darüber, seinen Namen zu hören. Wenig später hatten sie das Tor des Gehöfts passiert, und Loridan und Danira stiegen von ihrem Reittier ab. Sardoc begrüßte den Drachentöter überschwänglich und wedelte mit seinen kurzen Vorderbeinen, während der Ritter sich zu ihm hinunterkniete und seinen schmalen Kopf tätschelte. Wie Loridan vermutet hatte, war ihr Kommen angekündigt worden. Seine Schwester kam ihnen aus einem Stallgebäude entgegen, wobei sie im Laufen ihre schmutzige Schürze auszog und achtlos zu Boden fallen ließ, als sie ihren Bruder umarmte. Sie hatte das gleiche dunkle Haar wie Loridan, allerdings war ihres viel länger als das ihres Bruders.
»Loridan, es freut mich, dich zu sehen. Wo bist du nur gewesen? Hat Deryn dich gefunden? Und wer ist die junge Dame?«
»Es freut mich auch, Elea«, sagte Loridan mit einem breiten Lächeln. »Ich war eine Weile in Car-Elnath, und Deryn hat mich dort gefunden. Der Narr ist tatsächlich durchs ganze Drachenland gereist, um mich zu suchen. Und das ist Danira. Danira, das ist meine Schwester Elea.«
»Sei gegrüßt, Danira«, sagte Elea. »Hast du schon einmal gesehen, wie eine Craith-Echse aus ihrem Ei schlüpft?« Sie streckte dem Mädchen beide Hände entgegen, die Danira mit leichtem Zögern ergriff, während sie verneinend den Kopf schüttelte.
»Dann komm schnell mit in den Stall.« Elea zog Danira an einer Hand mit sich, während sie die andere Loridan reichte. Als sie sich dem Stall näherten, kam ein kleiner Junge, vielleicht drei Jahre alt, ihnen entgegen.
»Loridan!«, krähte das Kind, und der Ritter bückte sich, um den Jungen auf seinen Arm zu nehmen.
»Danira, das ist Tialan, mein kleiner Neffe«, sagte Loridan.
»Sei gegrüßt, Tialan«, sagte Danira, und sie fasste die Hand des Jungen und drückte sie vorsichtig.
»Hallo«, antwortete Tialan, dann entzog er seine Hand dem Griff des Mädchens, um zurück in den Stall zu zeigen.
»Craith«, sagte er.
Zusammen betraten sie den Stall, wo ein junger Mann mit lockigen, blonden Haaren in einem Pferch kauerte und behutsam ein Echsenei betastete. Er stand auf, um Loridan zu umarmen, dann reichte er Danira seine Hand.
»Ich bin Aldaron«, sagte er. »Komm nur herein, es hat schon begonnen.«
Neugierig trat Danira heran und kniete sich bei dem Ei hin, dessen ledrige Hülle schon einen kleinen Riss aufwies. Auch Tialan trat neben sie, und Danira war erfreut, dass der Junge sich zutraulich an ihre Schulter lehnte, um das große hellbraune Ei zu beobachten. Fasziniert verfolgte sie das Schauspiel des sich langsam öffnenden Eis, doch immer wieder wanderte ihr Blick in die Ecke des Stalls, wo der alte Grimstan stand und das Geschehen von Weitem beobachtete. Irgendetwas an dem Alten war ihr unheimlich – eine seltsame Ausstrahlung schien von ihm auszugehen, die Danira auch aus der Entfernung zu spüren glaubte. Dieser Mann sollte Loridan das Kämpfen beigebracht haben? Danira fragte sich, ob Loridan sich einen Scherz mit ihr erlaubt hatte. Sicher, der Alte sah kräftig aus, und seine Bewegungen ließen ihn weit jünger erscheinen, als man ihn nach den tiefen Falten in seinem Gesicht schätzen würde. Aber irgendwie sah er nicht so aus, wie Danira sich einen alternden Ritter vorstellte. Sein graues Haar war ungepflegt, und graue Bartstoppel wucherten aus seinem Gesicht. Und noch mehr verwunderte Danira, dass Grimstan sie zu beobachten schien. Immer wenn sie zu ihm hinsah, blickte er sie gerade an, wandte sich dann jedoch rasch ab.
Plötzlich zog Tialan an Daniras Haaren, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Ei zu lenken. Die kleine Echse hatte ihre Hülle so weit aufgedrückt, dass sie sich mühsam herauswinden konnte, und bald machte sie ihre ersten unsicheren Schritte über den strohbedeckten Boden.
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