Brüder der Drachen
Einsamkeit, um in Ruhe nachdenken zu können.
»Darf ich jetzt gehen und mir die Echse nochmal ansehen?«, fragte sie.
»Natürlich, geh nur«, sagte Loridan, und auch Elea nickte ihr freundlich zu.
Danira lief aus dem Haus und überquerte die freie Fläche zwischen den Gebäuden. Mitten auf dem Hof blieb sie stehen und drehte sich langsam einmal im Kreis herum. Ihre alten Instinkte protestierten dagegen, derartig ungedeckt im Freien zu stehen, auch wenn sie wusste, dass ihr hier keine Gefahr durch die Drachen mehr drohte. Die Sonne war fast schon hinter der Umgrenzungsmauer des Gehöfts verschwunden, und ein weiter Bereich des Hofs lag bereits im Schatten. Mit neuen Augen sah Danira auf das Anwesen: Sollte dies von nun an ihr neues Zuhause sein? Sie betrachtete den Stall, den Schuppen und das große Haupthaus. Von jedem der beiden Stockwerke des Fachwerkhauses blickten fünf Fenster auf den Hof hinaus, und in dem großen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss waren diese sogar mit einem Raster aus kleinen grünlichen Glasscheiben verschlossen. Auch das Dach des Hauses war intakt und sorgfältig gedeckt. Alles war hier so viel besser als in Car-Elnath, trotzdem fiel die Entscheidung ihr schwer, und sie würde sie erst fällen, wenn sie auch Car-Tiatha gesehen hatte.
Erfreut sah sie, dass Sardoc auf sie zugetänzelt kam, und sie kniete sich hin, um ihn zu begrüßen. Von allen Echsenarten waren die Arath die intelligentesten, und obwohl sie die Nähe der Menschen suchten, fand man sie nur sehr selten in Städten. Vor langer Zeit hatte Danira einmal mit einem Arath gespielt, als sie mit ihrem Vater Verwandte in einem abgelegenen Gehöft besucht hatte. Sie streckte Sardoc eine Hand entgegen, doch der wich ihr aus und verharrte dann regungslos, schien sie aufmerksam zu mustern. Dann plötzlich kam er näher, fasste mit seinen kurzen Vorderbeinen nach Daniras Arm und stieß mit seinem schmalen, länglichen Kopf gegen ihren Hals und ihre Wange. Sie spürte das Kitzeln von Sardocs dünner Zunge auf ihrer Haut. Das Mädchen genoss die Zutraulichkeit des Arath, und der Gedanke, hier zu leben, erschien immer begehrlicher. Es war nicht nur schön und friedlich hier – sie würde auch Menschen und Tiere um sich haben, mit denen sie reden und spielen konnte. Nur Loridan würde ihr fehlen. Sie wusste, dass irgendetwas sie mit dem Ritter verband, seit sie zum ersten Mal seine Hand berührt hatte. Wenn sie nur an seiner Seite bleiben könnte – aber das war offenbar unmöglich.
Sie seufzte und setzte ihren Weg zum Stall fort. Die Sonne stand niedrig am Himmel, und nur wenig Licht drang in das Gebäude. Ein merkwürdiges Gefühl befiel sie, als sie durch die Tür trat – die Wirkung einer fremden Ausstrahlung, die ihr Angst machte. Sie sah Grimstan erst, als sie schon fast vor ihm stand. Bisher war Danira dem alten Mann noch nie so nahe gewesen, und sie erschrak über die Intensität der Gefühle, die sie nun verspürte. Die Luft um ihn herum schien zu knistern, und eine unbestimmte Furcht wuchs in ihr. Der Alte stand an das Gatter des Pferches gelehnt, in dem die kleine Echse ruhte. Danira zögerte kurz, widerstand dann aber dem Impuls, wortlos wegzulaufen. Langsam ging sie weiter in den Stall hinein, wobei sie den Abstand zu Grimstan wieder ein wenig vergrößerte.
»Sei gegrüßt«, sagte sie.
Der Alte zuckte zusammen. Er schien tief in Gedanken versunken gewesen zu sein, doch nun lächelte er und öffnete einladend das Gatter. »Möchtest du die Echse streicheln?«
»Ja.« Auch Danira zeigte ein zögerndes Lächeln. »Ich heiße Danira«, fügte sie hinzu.
»Ein schöner Name«, antwortete der Alte.
Für einen Moment wartete Danira, der Mann machte jedoch keine Anstalten, sich ebenfalls vorzustellen, also ging sie in den Pferch und kniete sich zu der Echse hinunter. Überrascht sah Danira, dass der kleine Craith, der zuvor grau erschienen war, inzwischen seine blaue Musterung entwickelt hatte. Ruhig lag er in einem Nest aus Stroh, doch nun blickte er neugierig auf und gab leise zischende Laute von sich. Dadurch aufgeschreckt, huschten einige winzige Strohechsen davon, die zuvor offenbar die Körperwärme des Craith gesucht hatten. Eine Weile streichelte Danira das Tier, bevor ihr bewusst wurde, dass Grimstan immer noch neben dem Gatter stand und sie beobachtete. Sein Blick ließ eine Gänsehaut über ihren Rücken laufen. Sie erhob sich wieder und trat auf ihn zu.
»Hast du Loridan wirklich beigebracht, mit dem Schwert
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