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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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hier«, sagte Rolstan. »Ich habe Sarea geheiratet, und wir haben eine kleine Tochter. Sie heißt Danira.«
    »Kann ich sie sehen?« Daniras Augen leuchteten.
    »Natürlich, komm nur mit hinein.« Verlegen sah Rolstan die beiden Männer an. »Darf ich Euch auch einladen?«
    »Danke, aber ich glaube, wir würden Euer Wiedersehen nur stören«, sagte Deryn. »Wir werden in unser Gasthaus zurückkehren, wenn Ihr bereit seid, Danira später zu uns zu bringen.«
    *
    Ein Frösteln erfasste Tan-Thalion, als ein kühler Wind aus dem Süden heranwehte und sich in seiner weiten blauen Robe fing. Der alte Zauberer stand auf dem kleinen Balkon, den er von seinem Studierzimmer aus betreten konnte. Die Dunkelheit der Nacht hatte sich über Car-Tiatha ausgebreitet, doch am Himmel standen viele Sterne, und im Osten leuchteten die beiden Wanderer – Eril-Firion und der rote Eril-Angoth. Mit eifersüchtigem Blick schien das Auge des Bösen auf die Menschen herunterzuschauen, denn es nahte die Zeit, zu der Thaur-Angoth die Macht Firions erneut herausfordern würde, um die Vorherrschaft über diese Welt zu beanspruchen.
    Tan-Thalion fragte sich, welche Rolle er selbst in dem ewig währenden Ringen um die Macht spielen würde. Konnte es eine Bedeutung haben, dass seine Reise zu dem geheimnisvollen Turm ausgerechnet jetzt, im Jahr der Konjunktion, stattfinden würde? Er kannte die düsteren Prophezeiungen der Priester, die immer wieder vor der Zeit warnten, wenn der Böse die Welt mit Krieg überziehen und seine Drachen die Städte der Menschen niederbrennen würden. Vielleicht würde er im Drachenland tatsächlich das Wissen finden, mit dem man die Drachen verbannen konnte – auch wenn Sad Serion nicht dulden wollte, dass ein sterblicher Mensch über solche Mächte gebot. Doch Tan-Thalion suchte die Vermächtnisse der Ahnen nicht, um damit in den Kampf zwischen Firion und dem Vernichter einzugreifen. Noch weniger interessierte ihn der Krieg, der vielleicht bald zwischen dem Westreich und dem Ostreich entbrennen würde. Es war einzig die Erkenntnis, die er suchte – Wissen, das die Ahnen einst besessen hatten und das nun der Menschheit nicht mehr zugänglich war. Nachdenklich schüttelte Tan-Thalion seinen Kopf. Es gab so viel Wissen, das es zu entdecken galt. Nicht nur weit entfernt im Drachenland warteten Geheimnisse darauf, entschlüsselt zu werden. Auch hier in seiner Hand gab es ein großes Mysterium, das immer noch unergründet war.
    Der Zauberer blickte auf die kleine silberne Schatulle hinunter, die in seiner Hand ruhte. Vorsichtig öffnete er ihren Deckel, und Eril-Firions Licht glänzte blau auf den vielen Facetten des Kristalls, der in dem Behältnis verborgen war. Der Blaue Stein war das wertvollste Artefakt der Magiergilde von Car-Tiatha, obwohl niemand wusste, welche Bedeutung und welchen Wert dieser Stein wirklich hatte. Vielleicht hatte Gerugrim selbst diesen Stein einst besessen, auch wenn in den wenigen Aufzeichnungen, die von diesem großen Magier erhalten waren, sich keine Hinweise darauf fanden. Einzig eine Notiz über einen Himmelsstein hatte Tan-Thalion gefunden, und es war eine bloße Vermutung, dass dieser mit dem Kristall identisch war, der nun vor ihm lag.
    Vorsichtig fasste der Zauberer nach dem Blauen Stein, und sobald seine Finger die kalte, harte Oberfläche berührten, fühlte er eine Andeutung der Macht, die in dem Artefakt verborgen lag. Es war nur ein kleiner Kristall, klein und länglich, mit unregelmäßigen Bruchkanten, als sei er ein Splitter eines größeren Steins. Und doch hatte Tan-Thalion nirgendwo einen Hinweis darauf gefunden, dass weitere Steine wie dieser existierten, keine Substanz hatte er gefunden, die der des Blauen Steins gleichkam.
    Für einen Moment wandte der Zauberer seine Augen von dem Kristall ab, und sein Blick schweifte über die Stadt hinweg, die sich unter ihm ausbreitete. Die Umrisse der hohen spitzen Dächer zeichneten sich im Licht der Sterne ab. In vielen Fenstern leuchtete der Schein von Kerzen und Lampen. Weiter entfernt sah er die Türme der Stadtbefestigung, und auch in diesen brannten Fackeln oder Laternen, die den Wächtern ihr Licht spendeten.
    Eine unbestimmte Ahnung lenkte Tan-Thalions Aufmerksamkeit auf ein näheres Bauwerk, einen der Türme der Burg. Dort erkannte er die Silhouette eines Mannes gegen den erleuchteten Hintergrund eines Fensters. Der Zauberer kannte diesen Mann, auch wenn er in dem spärlichen Licht der Nacht seine Züge nicht erkennen konnte.

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