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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Rede wert, Tan-Thalion«, sagte Deryn. »Habt Ihr einen Moment Zeit für mich?«
    »Natürlich, kommt nur mit herein.« Der Zauberer zog einen Schlüssel hervor und öffnete eine Tür, die von dem Korridor abzweigte. Ein weiterer Gang lag dahinter, der zu einer langen gewundenen Treppe führte. Diese schritten die beiden Männer empor, bis sie das Studierzimmer des Zauberers erreichten. Zögernd blieb Deryn auf der Türschwelle stehen und sah sich in dem Zimmer um, doch Tan-Thalion winkte ihn weiter, während er selbst an seinen Schreibtisch herantrat. Überall auf dem Boden des Raumes waren seltsame Apparaturen aus Messing, Kupfer und Glas ausgebreitet, dazwischen lagen Schriftrollen und Bücher, die in abgegriffenes, fleckiges Leder gebunden waren.
    »Ihr müsst die Unordnung entschuldigen«, sagte der Zauberer, »ich bin gerade dabei, mein Gepäck für die große Erkundungsreise zusammenzustellen. Übermorgen werden wir aufbrechen. Ich denke, nebenan werden wir eine freie Sitzgelegenheit finden.« Er drängte Deryn durch eine Seitentür in einen angrenzenden Raum, in dem mehrere Stühle um einen Tisch herumstanden, der gleichfalls mit Büchern bedeckt war. Während er sich auf den Stuhl setzte, den Tan-Thalion ihm wies, zog Deryn einen kleinen Gegenstand aus seiner Tasche hervor.
    »Ich will Euch gar nicht lange aufhalten«, sagte er und reichte dem Zauberer das goldglänzende Objekt. »Aber dies habe ich in einem verlassenen Haus in Car-Elnath gefunden. Es sind Schriftzeichen darauf eingeritzt, die ich nicht entziffern kann. Vielleicht könnt Ihr etwas damit anfangen.«
    Tan-Thalion ergriff die kleine Tafel und inspizierte die eingeritzte Inschrift. Erwartungsvoll blickte Deryn in das Gesicht des alten Mannes, und er sah, wie sich die Falten auf dessen Stirn vertieften, als er sich auf das mysteriöse Artefakt konzentrierte. Schließlich sprang der Zauberer von seinem Stuhl auf und trat näher an das Fenster heran, durch dessen grüne und gelbe Scheiben hell das Licht der Sonne schien. Deryn war beeindruckt von der Lebhaftigkeit, mit der der kleine alte Mann sich durch das Durcheinander von Büchern und Gerätschaften auf dem Boden bewegte. Das bunte Licht spielte auf den weißen Haaren und dem Bart des Zauberers und gab ihm ein geheimnisvolles Aussehen, als er die kleine Tafel drehte und wendete, um sie von allen Seiten zu untersuchen. Auch Deryn erhob sich wieder und trat an Tan-Thalion heran, der die Welt um sich herum vergessen zu haben schien.
    »Höchst interessant«, sagte der Zauberer endlich. »Es handelt sich um eine Art Geheimschrift, die in Magierkreisen gebräuchlich ist. Ein berühmter Zauberer namens Gerugrim hat diese Zeichen erfunden, aber sie wurden seitdem auch von vielen anderen Zaubermeistern verwendet.«
    »Und Ihr könnt lesen, was dort geschrieben steht?«, fragte Deryn.
    »Ja, es ist eine merkwürdige Prophezeiung. Sie lautet folgendermaßen:
    Wenn böses Auge leuchtet,
Thaur-Angoth sich regt,
der Wächter wird verdüstert,
mit dunklem Bann belegt.
    Dämonen werden kommen,
aus der Schattenwelt befreit.
Dämonen werden kommen,
aus lang vergang’ner Zeit.
    Sie fürchten nur das Feuer,
von Aeon einst entfacht,
die Hüter soll’n euch dienen,
euch schützen in der Nacht.
    Seltsame Worte sind das. Warum müssen die alten Propheten bloß immer in Reimen sprechen? Habt Ihr in dem Haus sonst noch etwas gefunden?«
    »Nein. Aber der Geist hat noch etwas davon gesagt, dass die Drachen kommen würden, um sich wiederzuholen, was ihnen gehört. Und wenn Thaur-Angoth käme, würde er weniger Gnade zeigen als sie.«
    »Der Geist? Was für ein Geist?« Tan-Thalion sah seinen Gast mit gerunzelter Stirn an.
    »In dem Haus, wo ich die Tafel gefunden habe, bin ich einem Geist begegnet. Er sah aus wie ein Gelehrter oder ein Zauberer. Und er hatte eine Reihe von merkwürdigen Gegenständen auf seinem Tisch. Wenn ich mich recht erinnere, sah eine Apparatur genauso aus wie die auf Eurer Zeichnung dort.« Deryn wies auf eine Skizze, die an der Wand des Raumes befestigt war.
    »Wisst Ihr, was Ihr da sagt? Diese Skizze habe ich angefertigt nach den Beschreibungen der legendären Magiemaschine, die Gerugrim gebaut haben soll. So mag sie ausgesehen haben, aber wie sie funktionierte, weiß niemand. Wenn Euch Euer Gedächtnis nicht trügt, seid Ihr womöglich dem Geist von Gerugrim persönlich begegnet. Niemand wusste bisher, wo der große Magier gestorben ist. Aber Car-Elnath und die Drachen – das wäre

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