Brüder der Drachen
ein würdiges Ende für ihn gewesen. Welche Schätze des Wissens mögen noch im Drachenland verborgen liegen? Ich denke, ich sollte meine Reise durchs Drachenland auch nach Car-Elnath ausdehnen. Nicht auszudenken, wenn ich Gerugrims Haus durchsuchen und mit seinem Geist reden könnte.«
»Nun, ich fürchte, das wird nicht möglich sein«, erwiderte Deryn.
»Warum?« Der Magier sah staunend von der Tafel auf.
»Ich habe seine Gebeine bestattet, damit sein Geist Ruhe findet. Es erschien mir richtig, dies zu tun.«
Für einen Moment blickte der Zauberer nachdenklich in Deryns Gesicht, dann nickte er bedächtig.
»Freilich, Ihr habt recht«, sagte er. »Es ist Firions Wille, dass seine Geschöpfe Frieden finden, wenn ihre Körper vergangen sind. Ich werde einen anderen Weg finden müssen, um Gerugrims Wissen wiederzuentdecken.«
Er verharrte kurz, den Blick auf die Tafel gerichtet, dann wandte er sich wieder Deryn zu.
»Wenn Ihr erlaubt, würde ich dieses Artefakt gerne für weitere Studien behalten. Den Goldwert werde ich Euch natürlich vergüten.«
*
Danira und Deryn standen auf dem Hof der königlichen Burg und warteten auf Tan-Thalions Reisegesellschaft, die sich unter der Führung Sad Serions in die Burgkapelle begeben hatte. Das Gotteshaus war sehr klein, sodass man außer dem Zauberer und seinen Begleitern nur den König zu der Zeremonie gebeten hatte, doch dieser hatte die Einladung kurzerhand ausgeschlagen. Auch auf dem Balkon, von dem aus Gweregon die Reisenden verabschieden wollte, regte sich noch nichts, und Danira sah immer wieder erwartungsvoll hinauf.
Entlang des Palastgebäudes war eine Reihe von Soldaten der Burggarnison angetreten, die bewegungslos verharrten und lange Speere vor sich hielten. Sie trugen rostrote Umhänge über Panzern aus gehärtetem Leder, und kurze Schwerter hingen an ihren Gürteln. Weitere Soldaten flankierten die anderen Seiten des Burghofs, ähnlich ausgerüstet, doch mit Umhängen in gelber und dunkelgrüner Farbe. Zwischen ihnen saßen zwei Ritter in farbenprächtigen Waffenröcken auf kräftigen gepanzerten Reitechsen. Staunend sah Danira, dass die großen Augen der Echsen hinter einem Geflecht aus Stahldrähten verborgen waren, und sie fragte sich, ob die Tiere überhaupt etwas sehen konnten.
Im Zentrum des Hofs stand eine Gruppe von Echsen, die bereits gesattelt und beladen waren und von Stallburschen an den Zügeln gehalten wurden. Und fünf weitere Reiter warteten dort: Eldilion, der Meister der Drachengilde, und vier seiner Ritter, letztere ebenfalls vollständig gerüstet, bis auf die Helme, die sie vor sich auf den Rücken ihrer Reittiere gestützt hielten. Danira erkannte Artan und Teris, mit denen sie im Haus der Drachengilde gesprochen hatte. Artans blonde Haare zeigten graue Strähnen, und die rechte Hälfte seines Gesichts war von schrecklichen Narben entstellt. Sein Schwertbruder war wesentlich jünger und schien ständig guter Laune zu sein. Bei ihnen waren Carilon und Seregon, zwei Ritter, die gerade von einer langen Fahrt ins Drachenland zurückgekehrt waren, als Danira mit Loridan die Gilde besucht hatte.
Danira und Deryn waren von einer losen Menschenmenge umgeben, die sich dem Palastgebäude gegenüber am Rand des Burghofs zusammengefunden hatte. Um sie herum standen einige von Deryns Kollegen – Boten des Königs mit ihren federgeschmückten gelben Mützen. Außerdem hatten sich etliche andere Männer und Frauen, die wichtige Positionen am Hof einnahmen, dort versammelt. An den Fenstern der Wirtschaftsgebäude drängten sich Kammerfrauen und Küchenjungen, um einen Blick auf die eindrucksvolle Parade im Hof zu erhaschen.
»Wer sind die beiden Ritter?«, fragte Danira und zeigte auf die beiden Reiter in den eindrucksvollen Waffenröcken.
»Das sind Fürst Palaris von Adonath und Fürst Istaron von Faladhon«, sagte Deryn. »Sie besitzen die größten Fürstentümer des Reiches und sind die Heerführer des Königs. Für die beiden ist heute ein wichtiger Tag, denn Tan-Thalions Reise bedeutet einen Aufschub für die Kriegspläne des Königs.«
»Führen sie denn nicht gerne Krieg? Weshalb sind sie dann Heerführer?«
»Das Amt als Heerführer ist mit ihren Fürstentümern verknüpft. Istaron ist ein besonnener Mann, und man sagt, er habe sein Schwert nie grundlos gezogen. Aber bei Palaris ist das anders, er scheint der langen Zeit des Friedens überdrüssig zu sein und sehnt sich nach einem Krieg.«
Während sie das Treiben auf dem Burghof
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