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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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Timon.«
    Als seine Hand die ihre erfasste, fühlte Danira mehr als eine bloße Berührung. Schon einmal hatte sie etwas Ähnliches gefühlt, damals, als Loridans Hand sie zum ersten Mal berührt hatte. Eine Welle von Gefühlen flutete durch ihre Hand, ihren Arm, ihren Kopf und den Rest ihres Körpers, stärker als alle Empfindungen, die sie bei der Berührung von Tan-Thalions magischen Sammelstücken wahrgenommen hatte. Und nicht nur stärker war dieses Gefühl, sondern auch anders – wärmer und lebendiger. In Timons Augen las sie, dass er genauso fühlte wie sie.
    *
    Unruhig rutschte Tan-Thalion auf dem weich gepolsterten Stuhl hin und her, während er sich die Worte zurechtlegte, mit denen er seinen Vortrag beginnen würde. Viel hing davon ab, was er in den nächsten Minuten sagen und tun würde, denn die Entscheidung über sein Vorhaben sollte heute fallen. Er saß in der Mitte eines langen Tisches im Thronsaal des königlichen Palastes, und nur der erhöhte Sitz des Königs am Kopfende der Tafel war noch unbesetzt. Neben dem leeren Platz saßen Fürst Istaron und Fürst Palaris, die Heerführer des Königs. Beide waren mit Ringpanzerhemden gerüstet und trugen Waffenröcke aus kostbaren Stoffen. Istarons Rock war zweigeteilt in den Farben Grün und Weiß, der Rock von Palaris leuchtete in hellem Gelb. Eldilion, Herubald und Loridan saßen dem Zauberer gegenüber, alle in der schwarz-silbernen Tracht der Drachentöter, während zu seinen Seiten Angbold und Sad Serion Platz genommen hatten. Am unteren Ende der Tafel saßen Sad Adan und drei weitere Männer, die Tan-Thalion erst heute vorgestellt worden waren. Einer von ihnen war Tirandor, der allseits gerühmte Arzt, der das Leben eines Abenteurers führte. Sein langes dunkles Haar umrahmte ein hageres, sonnengebräuntes Gesicht. Dem Heiler gegenüber saßen zwei Männer in den schmucklosen Umhängen einfacher Soldaten. Einer von ihnen besaß schulterlanges, blondes Haar und einen sorgfältig gestutzten Vollbart, der andere, ein kleiner, kräftiger Mann, war glatt rasiert und trug sein dunkles Haar kurz geschnitten. Ihre Namen waren Gerric und Baradin, aber in seiner Aufregung hatte Tan-Thalion vergessen, welcher Name zu welchem Mann gehörte.
    Der Zauberer bemerkte, dass sich Tirandor angeregt mit Sad Adan, dem Priester der Burgkapelle, unterhielt. Er fragte sich, worüber die beiden wohl reden mochten, doch ihre Unterhaltung ging im Stimmengewirr um ihn herum unter. Die meisten Männer an der Tafel waren in gedämpfte Gespräche vertieft, nur Tan-Thalion saß schweigend auf seinem Stuhl. Sein Blick wanderte immer wieder zu dem Feuer hin, das in dem imposanten Kamin brannte. Feuer – war es nicht von allen Elementen das faszinierendste? Es wärmte den Menschen im Winter, es hielt die Brennöfen und Schmieden in Gang – und gleichzeitig konnte es auch so viel Zerstörung bewirken. Offenbar waren auch die Drachen mit dem Element Feuer verbunden. Noch nie hatte Tan-Thalion eines dieser furchtbaren Wesen aus der Nähe gesehen, noch nie hatte er ihren vernichtenden Feuerhauch erlebt, und er konnte nur hoffen, dass sich dies nicht ändern würde.
    Endlich ertönte von der Tür des Saales die Fanfare, die das Kommen des Königs ankündigte. Abrupt endeten alle Gespräche, als die Männer sich erhoben, um Gweregon zu grüßen. Tan-Thalion war wieder einmal verblüfft über die Rüstigkeit des Königs. Obwohl er fast schon siebzig Jahre alt war, zwanzig Jahre älter als sein verstorbener Bruder Gweriel, bewegte er sich schwungvoll auf seinen Stuhl zu. Die Spötter am Hofe machten Königin Jeslyn für des Königs gute Verfassung verantwortlich. Vor acht Jahren hatte er sie geheiratet, als er gerade sechzig Jahre alt war und sie kaum mehr als dreißig, und sie hatten tatsächlich schon im ersten Jahr ihrer Ehe ein Kind gezeugt. Der König hatte endlich einen Thronfolger, auf den er in seiner ersten Ehe vergeblich gehofft hatte. Gweregon ließ sich auf seinen Stuhl sinken und bedeutete auch den anderen, sich zu setzen.
    »Ihr alle wisst, warum wir hier zusammengekommen sind«, begann er, »wir können also gleich zur Sache kommen. Zuerst sollte allerdings mein Hofzauberer noch einmal kurz seine Pläne erläutern, damit auch meine beiden Heerführer in die Hintergründe der Unternehmung eingeweiht werden.« Der König blickte den Zauberer erwartungsvoll an.
    Tan-Thalion erhob sich und deutete eine Verbeugung gegenüber dem König und den beiden Fürsten an. »Ihr alle

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