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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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von der Strömung erfasst wurde und sich von der Stadt entfernte, atmete er erleichtert auf. Entsetzte Schreie drangen zu ihm herüber. Bestimmt blieb niemand am Leben. Er entspannte sich ein wenig und überlegte, was er bei Hofe erzählen wollte. Er würde berichten, wie er Marn bis zum letzten Mann verteidigt hatte und nur knapp mit dem Leben davongekommen war. Mit letzter Kraft war er ins Boot gesprungen, nein, in den Fluss – in einen Hagel von Pfeilen und Speeren, hatte er ein treibendes Boot gefunden und den tausend und abertausend Barbaren seinen Triumph entgegengeschrien. Dann hatte er sich auf den Weg nach Süden gemacht, um dem König die schreckliche Nachricht zu überbringen und ihm heldenmütig weitere Dienste anzubieten …
    Das Boot umrundete eine Sandbank südlich der Stadt, und Pegras Herz setzte aus, als er die Reiter sah. Die Cabos standen bis zum Bauch im Wasser, und die hämisch grinsenden Männer schwenkten voller Vorfreude die langen Speere. Pegra wäre gerne ins Wasser gesprungen, aber er konnte nicht schwimmen. Als sie langsam näher kamen, fiel er auf die Knie, rang die Hände und flehte um Gnade, aber auch das half ihm nicht.
    Zufrieden betrachtete Gasam die brennende Stadt, die größer war, als er erwartet hatte. Sie würden noch genügend Vorräte für die hungrigen Männer vorfinden. Er hatte nicht – wie üblich – das Angebot der Kapitulation gemacht, da seine neuen Truppen Blut schmecken sollten, solange keine wirkliche Gefahr bestand. Die kleine Garnison hatte sich tapfer gewehrt, obwohl es von Anfang an aussichtslos war. Das gefiel ihm, da die unerfahrenen Krieger glaubten, eine richtige Schlacht zu erleben. Außerdem kam er so an tapfere Soldaten, wenn sich die Feinde schließlich ergaben.
    Wie erwartet, hatte er sie völlig überrascht. Dazu war der Kommandant anscheinend ein völliger Narr gewesen, irgendeine Hofschranze. Das sprach für einen dummen, eingebildeten König, der Narren mit guten Beziehungen scheinbar unwichtige Kommandos übertrug. Höchstwahrscheinlich stießen Luo und Urlik auf ebenso unfähige Befehlshaber. Erst nachdem das ganze Heer vereint war und vor der Hauptstadt stand, würde der König begreifen, dass sein Thron wankte, und einen wirklich fähigen Kommandeur ausschicken, falls er einen solchen Mann überhaupt besaß. Es sah aus, als stünde ihnen ein wundervoller Feldzug bevor.
     
    Pirscherin glitt lautlos durch das dichte Unterholz. Seit einigen Tagen marschierte das Heer durch den Dschungel, und die Frauen hielten sich an den Flanken auf, um Spione oder aus dem Hinterhalt angreifende Feinde zu töten. Das gefiel Pirscherin ausnehmend gut. Wie ihre Gefährtinnen hatte auch sie sich über den endlosen, aber notwendigen Marsch geärgert. Eine langwierige Reise, die wenig Gelegenheit zum Blutvergießen bot.
    Bei den früheren Kriegszügen des Königs war es anders gewesen. Sie waren per Schiff von einer Insel zur nächsten gesegelt, hatten sie erobert und die Bewohner abgeschlachtet oder unterworfen. Damals lagen die Elitekriegerinnen an Deck in der Sonne, erneuerten ihre Bemalung oder kämmten sich die Haare, während die Seeleute sich um das Schiff kümmerten. Sobald sich die Gelegenheit zum Kampf bot, der ihr einziger Lebenszweck war, griffen sie jeden an, der sich dem König widersetzte.
    Spätere Feldzüge an Land waren ebenso vergnüglich gewesen, da sie nur geringe Entfernungen zurücklegten und sehr viele Kämpfe bestanden.
    Jetzt war sie wieder guter Dinge und erledigte Arbeiten mit großem Geschick, die ein Mann nur halb so gut gemeistert hätte. Selbst die Shasinn, obwohl sie hervorragende Krieger waren, fühlten sich im Dschungel nicht so heimisch wie Pirscherin und ihre Schwestern. Keiner von ihnen konnte so gut sehen oder hören, sich so lautlos bewegen und dem dichten Gestrüpp so geschmeidig ausweichen.
    Bei den Kulturvölkern hätte die Pirscherin als hübsche Frau gegolten, wäre ihre bizarre Aufmachung nicht gewesen. Das im Nacken zusammengebundene braune Haar war durch ausgehöhlte Menschenknochen gezogen. Waagerechte Narben zierten beide Wangen, und weitere Narben breiteten sich in Streifen und gewundenen Mustern über die Brüste, den Bauch, die Oberschenkel, das Gesäß und die Oberarme aus. Sie waren einst durch einen Zeremoniendolch entstanden. Man rieb eine Mischung aus Fett, Asche und Bimsstein in die offenen Wunden, damit die Haut nach der Heilung wulstige blaurote Narben davontrug. Außerdem hatte sich Pirscherin

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