Brüder Des Zorns
streckte die Beine. Der Geruch der Feuer lag angenehm in der schwülen Luft.
»Es gibt Banditen, genau wie in jedem anderen Land. Aber eine Gruppe dieser Größe greifen sie nicht an, schon gar nicht, da wir jetzt einen Krieger in unserer Mitte haben.« Er verneigte sich. »Ich bin Samis, ein Kaufmann aus Neva. Die werte Dame muss natürlich nicht erst sagen, welcher Nation sie angehört. Und du siehst wie einer der Steppenbewohner aus. Gehe ich recht in der Annahme, dass du ein Untertan König Haels bist?«
»Stimmt. Ich bin Ansa und gehöre zum Stamm der Ramdi. Das ist Lady Fyana, die mit Arzneien handelt.« Es war ungewöhnlich, dass eine einfache Händlerin einen Adelstitel trug, aber schließlich wusste jeder, dass die Schluchtler sich von allen anderen Völkern unterschieden.
»Es ist mir eine Ehre, werte Dame«, sagte Samis. »Ich hoffe, du wirst uns heute Abend mit den besonderen Fähigkeiten deines Volkes erfreuen.«
»Vielleicht«, antwortete Fyana. »Es handelt sich schließlich nicht um handwerkliche Geschicklichkeit, die man nach Belieben vorführen kann.«
»Selbstverständlich. Bitte nehmt an meinem Feuer Platz. Meine Diener werden eure Tiere absatteln und die Zelte aufbauen.« Er klatschte in die Hände, und vier junge Burschen eilten herbei. Auf seine Befehle hin kümmerten sie sich um die Cabos und den Buckler. Ansa und Fyana ließen sich an dem großen Feuer nieder. Ansa freute sich über die Hochachtung, die man Fyana entgegenbrachte. Er wusste genau, dass die übergroße Höflichkeit nicht ihm galt, denn Krieger fürchtete oder respektierte man, sonst nichts.
»Was hat er gemeint?« fragte er Fyana und untersuchte seine Speerspitze auf Rostspuren.
»Du wirst schon sehen. Es ist ein besonderes Talent von uns Schluchtlern. Manchmal jedenfalls.«
Er betrachtete die übrigen Reisenden. Es befanden sich keine weiteren Schluchtbewohner unter ihnen. Die Gruppe setzte sich aus einem halben Dutzend Nationalitäten zusammen, darunter ein paar Palana, die staatenlos waren. Er sah ein paar Einheimische, Nevaner, Chiwaner, Sonoaner sowie einige Menschen, die er nicht einordnen konnte.
Noch ehe die Feuer richtig brannten, tätigte Fyana die ersten Geschäfte. Etliche Händler reisten in Regionen, in denen es kaum Heilmittel gab, und kauften Arzneien, die dort dringend benötigt wurden. In kleinen Waagschalen wogen sie Münzen und handelsübliche Metalle. Ansa erhielt ein paar Angebote für seine Stahlwaffen, die er recht unwirsch ablehnte. Er besaß die Abneigung der Krieger gegen jegliche Geschäfte, obwohl sein Vater immer wieder versucht hatte, ihm die Wichtigkeit des Handels deutlich zu machen. Der Gedanke, seine kostbaren Waffen gegen Geld einzutauschen, empörte ihn.
Nach einem reichhaltigen Mahl tauschten die Reisenden Neuigkeiten aus. Beiläufig erkundigte sich Ansa nach Unruhen im Westen.
»Vor kurzem traf ich einen Kaufmann aus Sono«, antwortete Samis. »Dort herrscht irgendein größerer Aufruhr. König Mana ruft seine Truppen zusammen, die sich einer Invasion aus dem Westen stellen sollen. Genaues weiß ich aber nicht. Hast du davon gehört?«
»In der Wüste vernahm ich Gerüchte«, erklärte Ansa. »Ich will mehr darüber wissen, da ich ein Krieger bin und meine Dienste anbieten will.«
»Wenn es Krieg gibt, würde ich einen Bogen darum machen. Die einzig wahre Bedrohung aus dem Westen kann nur von König Gasam ausgehen, und der hinterlässt nur Tod und Vernichtung.«
Gerade wollte Ansa erwidern, dass Gasams Ruf auf den Legenden der Insulaner und nicht auf Tatsachen beruhte, hielt sich aber im letzten Augenblick zurück. Ein zu starker Groll gegen den König könnte Misstrauen erregen.
»Vielleicht wäre es gar nicht so übel«, mischte sich ein Palana ein, der lässig mit drei kleinen Lederbällen jonglierte. »Anstelle vieler Könige würde im Süden nur noch ein Herrscher regieren. Es gibt viel zu viele Grenzen und Behörden, mit denen man sich herumschlagen muss.«
»Du hast gut reden!« meinte ein Händler aus Sono. »Ihr Palana habt kein eigenes Land. Die meisten von uns sind mit ihrer Obrigkeit ganz zufrieden. Ich hörte, Gasam sei nichts als ein Bandit, der zu Macht gelangte, weil er dumme und schwache Könige besiegte.« Die meisten der Anwesenden nickten zustimmend.
»In Sono wird er kein leichtes Spiel haben«, fuhr der Mann fort. »König Mana ist ein Krieger und befehligt ein riesiges Heer.«
»Mana ist ein Narr«, flüsterte Samis Ansa zu. »Sein Heer könnte sich
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