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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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hinwegflog. Die ledrigen Flügel des Jägers waren so lang wie sein Arm. Beide Tiere verschwanden im üppigen Unterholz seitlich des Weges. An vielen Stellen bildeten die dichten Äste der Bäume ein Dach, so dass man wie durch einen dämmrigen grünen Tunnel ritt.
    Von allen Seiten hörten sie Kreischen, Brüllen, Pfeifen, Trillern und andere Laute des Dschungels. Da man nicht weit sehen konnte, war die Geräuschkulisse überwältigend. Tiere riefen ihre Gefährten oder warnten Feinde, sich fernzuhalten. Dabei erhaschte man manchmal einen Blick auf farbenprächtiges Gefieder oder seltsame Körperformen. Einmal zuckte Ansa vor Schreck zusammen, als er das böse Gesicht eines Langhalses entdeckte. Urplötzlich verschwand es wieder, und er sah mit Erstaunen, dass es sich nur um das eigenartige Muster auf dem Rücken eines geflügelten Reptils handelte.
    Es gab fleischfressende Pflanzen, die selbst kleine Vögel verzehrten, und Reisende erzählten, dass im Herzen des Dschungels riesige Verwandte dieser Pflanzen lauerten, die sich auf jeden arglosen Menschen stürzten. Aber auch in dieser Gegend gab es genug gefährliche Pflanzen. Durch den fortwährenden Wettkampf untereinander hatten viele von ihnen ungewöhnliche Überlebens- und Fortpflanzungsmethoden entwickelt. Man wurde gestochen und verbrannt, und einige Gewächse waren so giftig, dass man in ihrer Nähe Erstickungsanfälle bekam. Gerieten sie beim Sammeln von Feuerholz zwischen die Zweige und Äste, verursachten sie giftigen Rauch, sobald sie mit den Flammen in Berührung kamen. Eine Pflanze feuerte sogar pfeilspitze Samenkörner auf jedes Lebewesen ab, das in unmittelbarer Nähe vorüberging.
    Schnell begriff Ansa, dass die größten Schönheiten oftmals tödliche Gefahren bargen. Die verwesenden Opfer reicherten den fruchtbaren Boden zusätzlich an.
    Die Reisegesellschaft zog an einem Dorf vorbei, in dem die Menschen sich auf den umliegenden Feldern abplagten, die zahlreichen und niemals verschwindenden Unkräuter zu jäten.
    »Ich habe Bauern, Feldarbeiter und einfache Dörfler gesehen«, meinte Ansa. »Auch den einen oder anderen Beamten des Königs, aber keinen einzigen Krieger. Gibt es hier keinen Krieg?«
    »Da irrst du dich gewaltig«, antwortete Samis. »Die Soldaten sind in riesigen Festungen in Grenznähe oder an wichtigen Flussmündungen stationiert. Die Landbevölkerung besteht aus ruhigen und genügsamen Menschen, so dass man keine Bewaffneten braucht.
    Der Herrscher des Landes«, fuhr der Händler fort, der sich für das Thema erwärmte, »gehört einem alten Kriegergeschlecht an, das Sono vor etlichen Generationen unterwarf. Die Soldaten stammen nicht aus Adelsfamilien, abgesehen von den Offizieren.«
    »Wie kämpfen sie?« wollte Ansa wissen. »Sind sie beritten? Haben sie Bogenschützen und Speerwerfer?«
    »Es gibt ein paar Truppen Bogenschützen, aber das Rückgrat des Heers bildet die hervorragend ausgebildete Infanterie, die mit Speeren und Äxten bewaffnet ist.«
    Ansa sah sich um. »Das erscheint mir für den Kampf im Dschungel ausgesprochen ungünstig zu sein.«
    »Sie kämpfen selten im Dschungel. Das macht niemand, soviel ich weiß. Das Hochland ist nur spärlich bewachsen, und dort ist die Luft viel klarer. Wenn sich die Könige des Südens bekämpfen, führen sie die Kriege dort. Außerdem gibt es häufig Streit wegen der besten Gebirgspässe und wichtigsten Städte.«
    »Mein Leben lang hörte ich Geschichten über die großen Städte des Südens«, sagte Ansa und schlug nach einem Insekt, das sich auf seinem Nacken niederließ. »Bisher habe ich bloß Lehmhütten gesehen.«
    »Der Dschungel eignet sich nicht für große Siedlungen«, erklärte Samis. »Wenn wir weiter nach Süden ziehen, wird das Land offener, und du wirst die großen Städte, weiten Felder und breiten Flüsse sehen. Wir reisen allmählich bergan, und schon morgen wirst du die Veränderung bemerken.«
    »Danach sehne ich mich«, meinte Ansa. Sein Cabo scheute und sprang zur Seite, und er hatte Mühe, es zu beruhigen. »Und mein Cabo auch. Diese Insekten treiben das arme Tier noch zum Wahnsinn. Kein Wunder, dass die Leute im Süden keine Verwendung für berittene Truppen haben.«
    »Stimmt«, sagte Samis und nickte. »Kein guter Platz für empfindliche, temperamentvolle Tiere. Nusks und Buckler eignen sich besser, da sie dichtes Fell, dicke Haut und wenig Verstand besitzen. Aber hier ist es noch erträglich. Hinter dem Hochland senkt sich das Land zur Küste hin.

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