Brüder Des Zorns
eine Schlacht, und er war sicher, dass der Späher eine Nachricht brachte, die den vor ihnen liegenden Kampf betraf. Der Mann zügelte sein Cabo und sprang aus dem Sattel. Er zog es an den Zügeln hinter sich her und passte sich dem schnellen Schritt des Königs an. Der König verlangsamte seine Schritte nicht und blieb auch nicht stehen, um eine Botschaft entgegenzunehmen.
»Mein König, vor uns liegt das Heer von Sono, keine fünf Meilen die Straße entlang!«
»Wie groß ist es?«
»Ungefähr sieben Regimenter, zu gleichen Teilen leichte und schwere Infanterie.« Der Späher keuchte, da er einen anstrengenden Ritt hinter sich hatte.
»Mehr, als ich erwartete«, murmelte Gasam. »Egal.«
»So ist es, mein König! Sie wenden uns den Rücken zu.«
»Was?« schrie Gasam ungläubig.
»General Urlik bedrängt sie von vorne. Ihr Kommandeur ließ sie Aufstellung nehmen, und so wenden sie uns den Rücken zu. Urlik lässt seine Reiter und Bogenschützen ein großes Spektakel vollführen, hat aber gemäß deinen Befehlen noch nicht angegriffen!«
Gasam lachte schallend. »Fast möchte ich an die Götter glauben, von denen die Priester fortwährend schwafeln! So habe ich es geplant, hätte mir aber nicht träumen lassen, dass es so einfach sein wird. Späher, übersteht dein Cabo noch einen harten Ritt?«
»Mein Cabo und ich sind bereit, jeden Befehl des Königs auszuführen, auch wenn es uns das Leben kostet!«
Wieder lachte Gasam. »Guter Soldat! Reite zu General Urlik. Schlage einen Bogen um den Feind und halte dich außer Sichtweite. Urlik soll damit weitermachen. Innerhalb der nächsten beiden Stunden falle ich dem Feind in den Rücken. In dem Augenblick soll er angreifen. Sage ihm, er muss die linke Ranke schließen und den Weg zum Fluss freilassen. Wenn sie fliehen, laufen sie zum Wasser, wo wir sie in aller Ruhe vernichten.«
»Es wird geschehen, mein König!« Der Späher saß auf und galoppierte davon.
Vor langer Zeit hatte Gasam begriffen, wie unklug es war, einen Gegner vollständig einzukreisen, denn dann kämpften die Soldaten voller Verzweiflung um ihr Leben. Ein offener Fluchtweg dagegen ließ sie in kopfloser Hast davonrennen, auch wenn sie den Kampf hätten gewinnen können.
»Der Feind steht vor uns!« brüllte Gasam. Die hinter ihm marschierenden Krieger gaben die Nachricht weiter. Ein dumpfes Grollen drang aus den Kehlen der Männer, wie das Knurren eines Raubtieres. »Beeilt euch!« rief er. »Wir fallen wie eine Horde Nachtkatzen über sie her und verschlingen sie! Folgt mir!«
Er verfiel in Laufschritt. Hinter ihm beschleunigte das ganze Heer sein Tempo. Die Männer stimmten einen Sprechgesang an, der jedes Mal, wenn der linke Fuß den Boden berührte, von einem heiseren Schrei unterbrochen wurde. Am liebsten wäre Gasam davongestürmt, aber er musste dem Boten Zeit lassen, Urlik zu erreichen. Außerdem sollten die Männer frisch in die Schlacht ziehen. Hätte das Heer nur aus Shasinn bestanden, wäre er dennoch gerannt, aber die schwächeren Soldaten mussten berücksichtigt werden.
Sein Blut geriet in Wallung, während er an der Spitze seiner Truppen dahineilte. Dafür war er geboren worden, deshalb stand er über allen anderen Männern. Wenn er an das bevorstehende Morden dachte, wurde ihm fast schwindlig vor Aufregung. Sein berühmter Stahlspeer zog ihn förmlich voran, und er konnte kaum erwarten, das Blut der Feinde zu vergießen.
Nach einer Stunde erreichten sie eine scharfe Kurve, wo der Weg leicht bergauf führte. Dort erwarteten ihn vier Späher. Sie waren zurückgeblieben, um den Gegner im Auge zu behalten, während ihr Gefährte General Urlik benachrichtigte. Gasam hob grüßend den Speer, und das ganze Heer blieb stehen.
»Mein König«, sagte der älteste Späher, »schreite zur Kuppe des Hügels, dann siehst du die Feinde vor dir.«
»Wunderbar! Haben sie euch bemerkt?«
»Nein. Sie sind so beschäftigt, dass sie nicht einmal Wächter aufstellten. General Urlik vollführt einen derartigen Wirbel, dass sie annehmen, unser ganzes Heer läge vor ihnen. Ich vermute, er wiegt sie in dem Glauben, wir hätten sie bei Nacht umgangen und uns im Schutze der Dunkelheit mit seinen Leuten vereint.«
»Es könnte gar nicht besser laufen!« freute sich Gasam und rannte den Hügel empor. Nach hundert Schritten erreichte er die Kuppe, wo sich die Straße gemächlich bergab schlängelte. In einer halben Meile Entfernung bot sich ihm ein herzerfrischender Anblick: Ein in ordentlichen
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