Brüder Des Zorns
Palast zu gelangen.
Wer waren die Männer? Möglicherweise handelte es sich um einfache Diebe. Er hatte den ganzen Tag über reichlich Geld ausgegeben und kein Geheimnis daraus gemacht. Dennoch glaubte er nicht daran. Der lautlose Angriff und das militärisch anmutende Verhalten der beiden stimmten ihn nachdenklich. Er war sicher, dass sie nicht auf Raub, sondern auf Mord ausgewesen waren.
Er ging zum Palast zurück, gab die Waffen ab und suchte seine Gemächer auf. Fyana war nicht da, und ein Sklave teilte ihm mit, dass sie noch beim König war.
Ansa dachte nach. Sollte er von dem Überfall erzählen? Wenn ja, wem? Wer auch immer ihm die Mörder nachgeschickt hatte, musste sich im Palast aufhalten. Er beschloss, der Königin unter vier Augen davon zu berichten. Außer ihr und Fyana wollte er sich niemandem anvertrauen.
Fyana kehrte spät zurück und sah unbeschreiblich erschöpft aus. »Allmählich spricht er auf meine Behandlung an«, erzählte sie. »Ich isoliere die Wirkung des Giftes, und wir haben ihm ein wenig Nahrung eingeflößt.«
»Wird er gesund?«
»Das weiß ich nicht, aber ich bin jetzt zuversichtlicher. In ein paar Tagen kann er sitzen und sprechen. Mehr kann ich jetzt noch nicht sagen. Er blinzelt und zuckt hin und wieder. Die Königin führt sich auf, als wäre er bereits geheilt. Es missfällt mir, ihr verfrühte Hoffnungen zu machen.«
Nachdem sie sich ein wenig ausgeruht hatte, berichtete Ansa von dem Angriff.
»Was für eine grässliche Stadt! Aber warum? Liegt es daran, weil wir dem König helfen oder weil du dich auf die Reise begibst? Oder gar beides?«
»Das frage ich mich auch. Anscheinend können wir nichts tun, ohne die Mächtigen des Landes zu erzürnen. Ein Grund mehr, sie im Auge zu behalten, wenn sie mit Königin Larissa verhandeln. Du musst die Wachen bei dir behalten, auch wenn sie lästig sind. Sieh dich vor, was du isst! Wir wissen, dass sich irgendjemand hier gut mit Giften auskennt.«
»Ich weiß genau, wie ich Gifte erkenne! Darum musst du dir keine Gedanken machen. Ich sorge mich aber um dich. Beim nächsten Mal schicken sie vielleicht zehn anstatt zwei Meuchelmörder aus.«
»Wenn ich von hier weg bin, werde ich mich bedeutend sicherer fühlen«, erklärte Ansa.
»Und ich werde trauern, wenn du fort bist.« Sie schmiegte sich in seine Arme, und er hielt sie fest. Ihr Körper wog schwer vor Erschöpfung.
An einem nebligen Morgen verließ die Gesandtschaft den Palast durch das Haupttor und ritt die Prachtstraße der Stadt bis zum Tor hinab. Das Volk lief staunend zusammen und starrte die prunkvoll gekleideten Edelleute, ihre Diener und Leibwachen an. Die Abreise war nicht offiziell bekannt gegeben worden, aber die ersten Gerüchte über einen Krieg im Westen machten bereits die Runde.
Inmitten der allgemeinen Prachtentfaltung war kaum anzunehmen, dass irgend jemand den einzelnen, unauffälligen Reiter beachtete, der mit ernster Miene am Schluss der Kolonne ritt und sich nur durch sein fremdländisches Aussehen und den großen Langbogen von den Wachen unterschied.
Wäre Ansa nicht traurig gewesen, weil er sich von Fyana trennen musste, hätte der heutige Tag einer der aufregendsten seines jungen Lebens sein können. Er ritt unerkannt aus, um der Erzfeindin seines Vaters zu begegnen. Von einem derartigen Abenteuer hatte er als Knabe oft geträumt. Jetzt raubte ihm die Sorge um eine Frau einen Großteil des Vergnügens. Er fragte sich, ob sich das wahre Leben immer in die Welt der Helden einschlich.
Vor den Stadttoren stieß die Ehrenwache des Königs zu ihnen, eine Elitetruppe, die in einer Bastion außerhalb der Stadtmauern stationiert war. Die Krieger trugen farbenprächtige Uniformen und Bronzerüstungen und ritten wertvolle Cabos, die mit prunkvollen Schabracken eingedeckt waren. Als alle Aufstellung genommen hatten, setzten sie ihren Weg nach Westen fort.
Ansa, der eine eigene Gesandtschaft darstellte, besaß keinen festen Platz in der Kolonne, was ihm ausgesprochen gut gefiel. Als unbedeutender Ausländer wurde er von den Ministern nicht beachtet. Manchmal dachte er darüber nach, ob einer von ihnen die Mörder gedungen hatte. Sein Misstrauen würde ihn während der ganzen Reise nicht ruhig schlafen lassen.
Er nutzte seine Außenseiterrolle, um sich unter die Krieger zu mischen und mit ihnen zu reden. Sie sprachen gerne über ihren Beruf und waren stolz auf ihre Reitkunst und ihr Kriegerhandwerk. Er erfuhr, dass sie als schwere Lanzenreiter kämpften und
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