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Brüder Des Zorns

Brüder Des Zorns

Titel: Brüder Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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sich auf den Thron setzen. Zusammen würden wir die ganze Welt regieren. Genau das hat er getan. Er umgarnte und schmeichelte mächtigen Männern, um an sein Ziel zu gelangen, aber mich hat er nie belogen. So ist es seit vielen Jahren. Wir hatten schon mit vielen Königen zu tun. Manche hat Gasam unterjocht, und mit einigen schloss er Frieden, solange es ihm gefiel, aber sie sind alle gleich, genau wie die Häuptlinge unserer Insel.«
    »Du redest sehr offen, wenn man bedenkt, dass ich mit den Gesandten Grans hierherkam«, bemerkte Ansa.
    Sie zuckte die Achseln. »Was hast du mit König Ach’na zu schaffen? Dein Land liegt in weiter Ferne, und du bist nur ein Besucher seines Hofes.«
    »Das stimmt.«
    »Sage mir, sind alle deine Landsleute wie du? Ich meine, nicht unbedingt so gutaussehend, sondern von ähnlicher Erscheinung?«
    »Sicher, ich bin ein gutes Beispiel für die meisten. In unserem Teil der Welt leben viele Völker, und wir heiraten oftmals außerhalb des Stammes. Das einheitliche Erscheinungsbild deiner Shasinn besitzen wir allerdings nicht. Groß, klein, schlank, dick, blaue oder braune Augen und jede mögliche Haarfarbe – wir sind ein bunt gemischtes Volk.«
    »Trotzdem hast du gewisse Ähnlichkeit mit den Shasinn«, beharrte sie. »Deine Größe, der Körperbau, deine Bewegungen und die Form deiner Wangenknochen …« Sie musterte ihn eingehend, und Ansa lief ein kalter Schauer über den Rücken.
    »Das trifft sicher bei einigen Leuten zu«, erklärte Ansa. »Wer weiß, vielleicht kamen vor langer Zeit Insulaner in unser Reich. So schöne Menschen wie die Shasinn wären als Gefährten sehr begehrt gewesen.«
    »Vielleicht hast du recht. Die Asasa sind ein Inselstamm, der uns bis auf die dunklen Haare und Augen sehr ähnlich sieht. Wahrscheinlich hat es früher viele solcher Stämme gegeben, und wir Shasinn sind die letzten aus reinem Blute.«
    »Zweifellos.« Ansa hoffte, das Thema endlich beenden zu können. »Kommt dein Gemahl bei der Belagerung Huatos voran? Auf dem Weg hierher hörte ich viele Gerüchte von den flüchtenden Sonoanern. Es herrschte große Verwirrung.«
    »Das Ganze ist sehr ermüdend. Anfangs gab es ein paar aufregende Schlachten, aber jetzt weigert sich Mana, sich im offenen Kampf zu stellen. Mein Gemahl gab ihm Gelegenheit, unseren Zwist in ehrlichem Kampf auszutragen, aber er zieht es vor, sich hinter den Mauern seiner Hauptstadt zu verschanzen.«
    »Von Belagerungen verstehe ich nichts«, erwiderte Ansa. »Bei uns gibt es keine Festungen, und so weiß ich nichts darüber.«
    »Uns gefällt es auch nicht«, gab Larissa zu. »In unserem Heer dienen fähige Offiziere und Soldaten, die reichlich Erfahrung damit haben und uns nützlich sind.«
    »Und was tun deine Shasinn in der Zwischenzeit?«
    »Ich nehme an, mein Gemahl hält sie für die entscheidende Schlacht zurück. Sobald sie nahe genug an den Feind herankommen, kann sie nichts aufhalten.«
    »Ich muss gestehen, ich würde es nicht auf einen Speerkampf mit deinen Kriegern ankommen lassen.«
    »Der Speer ist auch nicht deine Waffe. Als du hierherkamst, sah ich, dass du einen Langbogen besitzt. Würdest du so freundlich sein, mir deine Waffe einmal vorzuführen?«
    »Es wäre mir ein Vergnügen.«
    »Dann vielleicht morgen oder übermorgen.«
    »Ganz wie du wünschst.« Ansa erhob sich, denn er begriff, dass ihr Gespräch beendet war. Nach einer Verneigung entfernte er sich.
    Die Soldaten und Diplomaten hatten ihre Nachtlager aufgesucht. Die Feuer waren heruntergebrannt, und er hatte keine Lust, zwischen den schnarchenden Männern nach einem Schlafplatz zu suchen. Die Nacht war klar, viele Sterne standen am Himmel, also breitete er seine Decken ein ganzes Stück abseits von den anderen aus. Selbst wenn sich seine Todfeinde unter den Diplomaten befanden und ihre Meuchler mitgebracht hatten, bezweifelte er, dass ein Städter ihn in dieser Dunkelheit finden konnte.
    Ansa lag auf dem Rücken und sah zu den Sternen empor. Er vermisste Fyana, musste aber dauernd an die Geschehnisse des Abends denken. Das offene Gespräch mit Königin Larissa gab ihm zu denken. Handelte es sich bloß um ein weiteres Beispiel ihrer Überheblichkeit und kümmerte es sie keinen Deut, was andere von ihr dachten? Oder führte sie etwas im Schilde?
    Auf hintergründige Art hatte sie ihm schöne Augen gemacht, aber das reizte ihn keineswegs. Schließlich standen ihre Shasinnwachen nur wenige Schritte entfernt, und ihre Speere lechzten nach seinem Blut.

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