Brüder Des Zorns
salutierten sie ihrer Königin und beachteten die Besucher nicht weiter.
»Atemberaubend!« entfuhr es Lord Floris, als sie fort waren. »Es stimmt, sie sind anders als gewöhnliche Männer. Nie hätte ich geglaubt, dass es solche Menschen gibt. Wie kommt es, dass Krieger Dinge vollbringen, die sonst nur gut ausgebildete Jongleure, Akrobaten und Tänzer schaffen?«
»Wie dir Lord Ansa bestätigen könnte, war jede Bewegung der Krieger eine Bewegung, die auch im Kampf ausgeführt wird.« Wieder warf sie Ansa einen verschwörerischen Blick zu. »Von Kindheit an üben sie es. Als Knaben nehmen sie Stäbe, später dann Speere. Was ihr gesehen habt, waren Übungen für den Nahkampf mit langen Speeren. Außerdem üben sie die Handhabung der Schilde. Sie trainieren auch mit Wurfstäben und Kurzspeeren, wenngleich diese Waffen beim Tanz nicht so unterhaltsam anzusehen sind.«
»Bewundernswert«, sagte Impimis.
Larissa lehnte sich vor. »Sie tun nichts anderes. Es sind reine Krieger. Ihre Fähigkeiten, ihr Mut und ihre Treue sind ihr Lebensinhalt. Sie kümmern sich nicht darum, Macht, Wohlstand oder sonst etwas zu erringen, was andere Männer beschäftigt. Sie dienen dem Krieg und kämpfen für ihren König.«
»Sie sind wahrhaft erstaunlich«, murmelte Lord Floris. Er sah nicht so beeindruckt aus wie die anderen. Ansa vermutete, dass er Macht andere Bedeutung zumaß. Jene, die in den Krieg zogen, ob glorreiche Krieger oder einfache Soldaten, waren nicht von Bedeutung. Mächtige Adlige und Könige verfolgten ihre Pläne auf weniger offensichtliche Weise.
»Sind alle eure Gefolgsleute so kriegerisch?« erkundigte sich Impimis vorsichtig.
»Das waren Shasinn«, erklärte Larissa. »Sie sind die besten Krieger der Welt. Andere Insulaner sind fast ebenso gut. Unser riesiges Heer besteht aber aus Soldaten unterschiedlichster Völker. Alle sind hervorragende Kämpfer, denn andere wünscht der König nicht in der Armee. Außerdem sind sie ihrem Herrscher treu ergeben.« Sie war der Frage geschickt ausgewichen.
Die Diplomaten hätten gerne noch mehr Fragen gestellt, aber Königin Larissa erhob sich. »Wir reden morgen weiter. Ihr habt eine lange Reise hinter euch und möchtet euch sicher ausruhen. Eure Soldaten und Diener haben die Zelte bereits aufgebaut. Ihr dürft euch jetzt zurückziehen. Wenn ihr Wünsche habt, die ich erfüllen kann, so zögert nicht, sie zu äußern.«
Ein wenig aus der Fassung gebracht, erhoben sich die Lords steifbeinig. Die betagten Männer waren nicht daran gewöhnt, lange Zeit auf dem Boden zu sitzen. Sie verbeugten sich, murmelten formelle Abschiedsworte und verließen das Zelt. Ansa folgte ihnen und ging zu dem hastig errichteten Pferch, wo die Cabos von ein paar Soldaten beaufsichtigt wurden. Er tätschelte sein Cabo und versicherte sich, dass es gut versorgt war.
Als er zu den Zelten der Soldaten schritt, um sein Nachtlager aufzusuchen, näherte sich ihm der grauhaarige Mann, der sie am Kai begrüßt hatte.
»Junger Herr, Ihre Majestät wünscht dich zu sprechen, wenn du nicht zu müde bist.«
»Gerne«, entgegnete Ansa voller Erwartung. Er fragte sich, was nun geschehen würde, und sagte sich, dass er schließlich auf eigenen Wunsch hier war. Er hatte die Frau aus nächster Nähe sehen wollen, obwohl er wusste, wie gefährlich sie war. Er holte tief Luft und folgte dem Alten, der zum Feuer neben dem großen Zelt ging. Dort ruhte Königin Larissa auf einem großen länglichen Kissen, dessen Kopfende eine Rückenstütze hatte. Ihre Miene erhellte sich, als Ansa in das Licht des Feuers trat.
»Wie schön, dass du dich zu mir gesellst. Du siehst aus, als wärst du an lange Ritte gewöhnt, und bist nicht halb so empfindlich wie deine noblen Gefährten.«
»Seuchen und Wunden hätten mich nicht ferngehalten«, antwortete er. »Ich bin weit gereist, nur um dich zu sehen. Sollte ich mir die Gelegenheit entgehen lassen, für eine Weile mit dir allein zu sein?«
»Nimm Platz«, forderte sie ihn auf und deutete auf ein zweites Kissen. Er setzte sich und nahm den Becher entgegen, den ihm eine Sklavin reichte. Während er an dem Wein nippte, musterte er sie über den Rand des Bechers. Lässig lag sie auf dem Kissen. Einen purpurnen Umhang aus gewebten Quilhaaren hatte sie um die Schultern gezogen, um sich vor der Nachtkühle zu schützen. Ein nackter, mit Juwelen geschmückter Arm kam unter dem Umhang zum Vorschein und griff nach einem goldenen Becher.
»Wenn du wüsstest, wie erfrischend es ist,
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