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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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und von vornehmen Stiefelabsätzen zermalmt.
    Das ist Samstag, der 3.Oktober: Versailles prasst, während Paris darbt.
    Am selben Nachmittag um fünf wetterte Danton vor seiner Distriktsversammlung. Er drosch mit der Faust auf den Tisch. Die Bürger des Cordeliers-Distrikts werden die Stadt mit Plakaten überziehen, donnerte er. Sie werden Rache nehmen für diesen Schlag ins Gesicht aller Patrioten. Sie werden Paris vor der royalistischen Bedrohung retten. Das Bataillon wird seine Waffenbrüder in allen Distrikten zusammentrommeln, sie werden die Ersten auf den Straßen sein. Sie werden den König nach Paris schleifen und ihn unter Bewachung stellen. Und wenn sonst nichts hilft, dann wird sich Präsident Danton selbst aufmachen und Louis eigenhändig herbeischleppen. Ich bin fertig mit dem König, sagte der königliche Rat.
    Stanislas Maillard vom Grand Châtelet predigte den Marktweibern. Er rief ihnen, unnötigerweise, ihre hungrigen Kinder ins Gedächtnis. Ein Zug formierte sich. Maillard war lang und hager, ein richtiger Gevatter Tod. Zu seiner Rechten ging eine Zigeunerin, eine Vagabundin, die bei ihresgleichen die Königin von Ungarn hieß. Links von ihm schwenkte ein Mann mit einem Hirnschaden, der aus einer Anstalt entsprungen war, eine Flasche mit billigstem Schnaps. Der Fusel rann aus dem schlaffen Mund über sein Kinn, und seine kieselfarbenen Augen waren ohne jeden Ausdruck. Sonntag.
    Montagmorgen: »Wollt ihr irgendwo hin?«, fragte Danton seine Kanzlisten.
    Eigentlich hatten sie an einen Ausflug nach Versailles gedacht.
    »Ist das hier eine Anwaltskanzlei oder ein Armeehauptquartier?«
    »Bei Danton steht ein wichtiger Reederei-Prozess an«, erklärte Paré Camille später am Vormittag. »Er darf nicht gestört werden. Sie wollten nicht zufällig selbst hin?«
    »Ich dachte nur … Bei der Distriktsversammlung konnte man den Eindruck haben – nein, ich wollte nicht hin, wozu denn? Übrigens, ist das derselbe Reederei-Prozess wie neulich beim Sturm auf die Bastille?«
    »Die Berufung«, kam Dantons Stimme hinter der verriegelten Tür hervor.
    Santerre, ein Bataillonskommandeur der Nationalgarde, führt einen Überfall auf das Rathaus an; etwas Geld wird gestohlen, einige Akten zerfetzt. Die Marktweiber laufen durch die Straßen, reißen die Frauen mit, die ihnen begegnen, peitschen sie auf, drohen ihnen. Auf der Place de Grève trägt das Volk Waffen zusammen. Die Nationalgarde soll mit dem Mob nach Versailles ziehen, an ihrer Spitze Lafayette. Von neun bis elf Uhr vormittags diskutiert Lafayette mit der Menge. Ein junger Mann erklärt ihm: »Die Regierung haut uns übers Ohr – wir müssen den König nach Paris holen. Wenn es stimmt, dass er schwachsinnig ist, dann soll sein Sohn König werden, Sie werden Regent, und alles wird besser.«
    Um elf nimmt Lafayette Gespräche mit der Polizeiführung auf. Bis weit in den Nachmittag ist er dort drinnen verschanzt, die Neuigkeiten dringen nur bruchstückhaft zu ihm durch. Aber um fünf ist er unterwegs nach Versailles, hinter ihm fünfzehntausend Nationalgardisten. Der Mob entzieht sich jedweder Zählung. Es regnet.
    Ein Vortrupp von Frauen ist bereits in die Nationalversammlung eingefallen. Die triefnassen Röcke gerafft, sitzen sie breitbeinig zwischen den Abgeordneten, rempeln sie an, reißen Witze, rufen nach Mirabeau. Eine kleine Delegation von ihnen wird beim König vorgelassen, und er verspricht ihnen so viel Brot, wie sich nur auftreiben lässt. Brot oder Blut? Théroigne ist draußen und debattiert mit den Soldaten. Sie trägt ein scharlachrotes Reitkleid. Sie ist im Besitz eines Säbels. Der Regen durchweicht ihre Hutfedern.
    Eilbotschaft an General Lafayette auf der Straße: Der König hat sich nun doch entschlossen, die Erklärung der Menschenrechte anzunehmen. Ach, wirklich? Der General, erschöpft und niedergeschlagen, hält die Zügel in klammen Fingern, von seiner spitzen Nase tropft der Regen. Ihm scheint, er hat schon Weltbewegenderes gehört.
    PARIS : Fabre zog durch die Cafés, machte Stimmung. »Es ist doch so«, sagt er. »Wenn einer so eine Sache anstößt, dann gebührt ihm auch die Anerkennung dafür. Wer kann leugnen, dass der Anstoß von Präsident Danton und seinem Distrikt ausgegangen ist? Und dieser Zug – wer wäre dazu besser geeignet als die Frauen von Paris? Auf Frauen werden sie nicht schießen.«
    Fabre war nicht enttäuscht, dass Danton zu Hause saß, sondern erleichtert. Er begann vage zu ahnen, welchen Lauf die Dinge

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