Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
zugesichert bekommen; Teil der Summe soll mir morgen vorab bezahlt werden. Dem General macht der Herzog von Orléans schwer zu schaffen … Wenn eintausend Louis Ihnen unmäßig erscheinen, fordern Sie sie nicht, aber das ist der Betrag, den ich dringend benötige …
Orléans brach nach London auf, mit missmutiger Miene und Laclos. »In diplomatischer Mission«, lautete die offizielle Erklärung. Camille war bei Mirabeau, als die Hiobsbotschaft eintraf. Der Comte, so berichtete er, rannte laut fluchend im Zimmer umher.
Und gleich noch ein Rückschlag für den Grafen: Anfang November nahm die Nationalversammlung einen Antrag an, der Deputierte von Ministerämtern ausschloss.
»Sie ächten mich«, heulte Mirabeau. »Das ist Lafayettes Werk, ganz allein Lafayettes!«
»Wir fürchten um Ihre Gesundheit«, sagte der Sklave Clavière, »wenn Sie derartig toben.«
»So ist’s recht, verratet mich, verhöhnt mich, lasst mich im Stich«, schäumte der Comte. »Postenjäger! Schönwetterfreunde! Speichelleckerisches Pack!«
»Die Maßnahme war auf Sie gemünzt, gar kein Zweifel.«
»Ich breche diesem Dreckskerl das Genick. Für wen hält er sich? Cromwell?«
3. DEZEMBER 1789: Maître Georges-Jacques Danton zahlte an Maître Huet de Paisy und Mlle Françoise Duhauttoir den Betrag von 12000 Livres zurück, dazu 1500 Livres Zinsen.
Er überbrachte seinem Schwiegervater die frohe Botschaft; ihm würde ein Stein vom Herzen fallen. »Aber das ist sechzehn Monate zu früh!«, sagte Charpentier. Im Kopf addierte er, überschlug Einnahmen und Ausgaben. Er lächelte, schluckte. »Gut, ihr werdet euch mehr als euer eigener Herr fühlen«, sagte er.
Bei sich dachte er: Es ist unmöglich. Was um Himmels willen führt Georges-Jacques im Schilde?
2. Freiheit, Lebenslust, königliche Demokratie
(1790)
»Unsere Persönlichkeit bestimmt unser Schicksal«, befindet Félicité de Genlis. »Gewöhnliche Menschen haben darum kein Schicksal, sie gehören ganz dem Zufall. Eine hübsche und kluge Frau mit einem eigenständigen Denken sollte ein Leben voll schillernder Begebenheiten führen.«
Wir sind im Jahr 1790 angekommen. Von einigen Begebenheiten in Gabrielles Leben könnte man durchaus sagen, sie schillern.
Im Mai dieses Jahres habe ich meinem Gatten einen Sohn geschenkt. Wir haben ihn Antoine getauft. Er wirkt kräftig; aber so wirkte mein erstes Söhnchen auch. Wir sprechen jetzt nie mehr von unserem ersten Sohn. Aber manchmal denkt Georges an ihn, das weiß ich, weil ihm dann Tränen in den Augen stehen.
Ich will berichten, was sonst noch geschah, draußen in der Welt. Im Januar wurde mein Gatte in den Stadtrat gewählt, zusammen mit Legendre, unserem Metzger. Ich habe ihm das nicht gesagt – ich sage nie mehr etwas –, aber ich war erstaunt, dass er sich hat aufstellen lassen, denn er schimpft ständig über die Kommune, und über Bürgermeister Bailly am allermeisten.
Kurz bevor er seinen Sitz dort einnahm, passierte die Sache mit Dr. Marat. Marat beschimpfte die Obrigkeiten so sehr, dass sie einen Haftbefehl gegen ihn erließen. Er wohnte im Hôtel de la Fautrière in unserem Viertel. Vier Offiziere kamen, um ihn festzunehmen, aber eine Frau lief zu ihm und warnte ihn, und so entkam er.
Ich verstand nicht ganz, warum Georges sich solche Gedanken um Marat machte. Für gewöhnlich bringt er Dr. Marats Zeitung mit nach Hause, nur um mitten im Lesen »Abschaum! Hundsfott!« zu schreien und sie quer durchs Zimmer zu schleudern, oder auch ins Feuer, wenn er zufällig gerade am Kamin steht. Aber er sagte, es sei eine Frage des Prinzips. Er hat der Distriktsversammlung gesagt, ohne seine Erlaubnis darf in unserem Distrikt niemand festgenommen werden. »Hier gilt, was ich sage«, erklärte er.
Dr. Marat tauchte unter. Ich dachte, jetzt erscheint seine Zeitung fürs Erste nicht mehr, und wir haben ein bisschen Frieden. Aber Camille sagte: »Ich finde, wir müssen solidarisch sein, ich schaffe es sicher, die nächste Ausgabe pünktlich herauszubringen.« Die nächste Ausgabe der Zeitung verunglimpfte die Leute im Stadtrat noch übler.
Am 21. Januar kam M. Villette, der jetzt unser Bataillon kommandiert, und verlangte dringend nach Georges. Georges kam aus seinem Amtszimmer. M. Villette wedelte mit einem Blatt Papier und sagte: »Befehl von Lafayette. Marat festnehmen, oberste Dringlichkeitsstufe. Was soll ich machen?«
Georges sagte: »Riegeln Sie das Hôtel de la Fautrière ab.«
Als Nächstes kamen die
Weitere Kostenlose Bücher