Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
Gerichtsbeamten mit demselben Haftbefehl – und eintausend Soldaten.
Georges war fuchsteufelswild. Er nannte es eine Invasion fremder Truppen. Der ganze Distrikt war in Aufruhr. Georges suchte den Kommandeur, stellte sich vor ihm auf und sagte: »Was zum Teufel wollen Sie mit diesen Truppen erreichen? Ich lasse die Sturmglocke läuten, ich mobilisiere Saint-Antoine. Ein Fingerschnippen, und ich habe zwanzigtausend Bewaffnete an der Hand.« Und er schnalzte mit dem Finger, direkt vor der Nase des Mannes.
»Strecken Sie den Kopf zum Fenster hinaus«, befahl Marat. »Vielleicht verstehen Sie dann, was Danton da brüllt. Ich würde ihn ja selbst rausstrecken, aber er könnte mir weggeschossen werden.«
»Ich glaube, er brüllt nach dem Schwachkopf von einem Bataillonskommandeur.«
»Ich habe an Mirabeau und Barnave geschrieben.« Marat wandte Camille seine müden, goldgesprenkelten Augen zu. »Ich fand, sie bedürfen dringend der Aufklärung.«
»Ich nehme nicht an, dass sie Ihnen geantwortet haben.«
»Nein.« Er verfiel ins Sinnen. »Ich schwöre der Mäßigkeit ab«, sagte er.
»Die Mäßigkeit schwört Ihnen ab.«
»Das darf sie gern.«
»Danton hält den Hintern für Sie ins Feuer.«
»Was für ein Ausdruck«, sagte Marat.
»Ja, ich weiß auch nicht, wo ich sie immer aufschnappe.«
»Warum verhaftet man nicht zur Abwechslung einmal Sie? Ich bin jetzt seit Oktober auf der Flucht.« Marat ging im Zimmer auf und ab, wobei er murmelnd vor sich hin monologisierte und sich gelegentlich kratzte. »Diese Sache könnte Dantons große Chance sein. Uns fehlt es an guten Leuten. Wir könnten die Manege in die Luft sprengen, und es wäre kein großer Schaden. Wie viele von den Abgeordneten taugen denn überhaupt etwas? Doch höchstens ein halbes Dutzend! Buzots Ideen sind manchmal nicht verkehrt, aber er ist so schauderhaft hochgesinnt. Pétion ist ein Idiot. In Robespierre setze ich eine gewisse Hoffnung …«
»Ich auch. Nur wurde meines Wissens kein einziger Vorschlag von ihm jemals angenommen. Allein schon das Wissen, dass er einen Antrag unterstützt, ist für die Abgeordneten offenbar Grund genug, dagegenzustimmen.«
»Aber er zeigt Rückgrat«, sagte Marat scharf. »Und die Manege ist nicht Frankreich, oder? Sie – Sie haben das Herz am rechten Fleck, aber Sie spinnen. Von Danton verspreche ich mir einiges. Er wird etwas bewegen. Mein Wunsch wäre ja …«, er brach ab und zog an dem schmutzigen Tuch, das um seinen Hals gebunden war, »mein Wunsch wäre, dass das Volk sich den König, die Königin, die Minister, Bailly und die Manege vom Hals schafft und das Land von Danton und Robespierre regiert wird. Und ich wäre da und hätte ein Auge auf sie.« Er lächelte. »Träumen wird ja noch erlaubt sein.«
GABRIELLE : So blieb es den ganzen Tag – unsere Leute als Sperrring um das Gebäude, Dr. Marat drinnen, und die Truppen, die Lafayette zusammengezogen hatte, als Kordon um den Kordon. Georges kam zwischendurch nach Hause, um nach uns zu schauen, und er wirkte ganz ruhig, aber sobald er wieder auf die Straße hinausging, schien er außer sich vor Wut. Er wandte sich an die Truppen, er sagte: »Ihr könnt die ganze Nacht hierbleiben, wenn ihr wollt, aber nützen wird es euch einen Dreck.«
Es fielen viele hässliche Ausdrücke an diesem Tag.
Im Lauf des Vormittags kamen unsere Leute und ihre miteinander ins Gespräch. Zwischen den regulären Soldaten waren auch viele Freiwillige, und die Leute sagten, das sind unsere Brüder aus anderen Distrikten, die werden doch niemals gegen uns kämpfen. Und Camille lief herum und sagte, natürlich verhaften sie Marat nicht, er ist der Freund des Volkes.
Dann ging Georges in die Manege. Sie ließen ihn nicht zur Versammlung sprechen und beschlossen per Antrag, dass der Cordeliers-Distrikt sich dem Gesetz zu beugen habe. Georges schien Stunden fort zu sein. Ich versuchte mich irgendwie zu beschäftigen. Man muss es sich vorstellen. Da heiratet man einen Rechtsanwalt. Und plötzlich findet man sich auf einem Schlachtfeld wieder.
»Da wären die Kleider, Dr. Marat«, sagte François Robert. »M. Danton hofft, sie passen.«
»Hmm«, sagte Marat. »Ich hatte ja eigentlich auf eine Flucht im Ballon gehofft. Ich möchte schon so lange einmal Ballon fahren.«
»Wir konnten keinen beschaffen. Nicht in so kurzer Zeit.«
»Ich wette, Sie haben es gar nicht versucht«, sagte Marat.
Als er gewaschen und rasiert war, im Gehrock, die Haare gekämmt, sagte François
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