Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
Vom Netzwerk:
Robert: »Unglaublich.«
    »Man war immer gut gekleidet«, sagte Marat, »als man noch in den höchsten Kreisen verkehrte.«
    »Was ist passiert?«
    Marat schaute grimmig. »Ich bin jetzt der Freund des Volkes.«
    »Aber kleiden könnten Sie sich doch trotzdem normal, oder? Nehmen Sie zum Beispiel den Abgeordneten Robespierre – den lassen Sie auch als Patrioten gelten, und er ist immer tadellos angezogen.«
    »M. Robespierre scheint eine frivole Ader zu haben«, sagte Marat trocken. »Ich habe keine Zeit für solchen Luxus, ich widme mich jeden Tag vierundzwanzig Stunden der Revolution. Wenn Sie erfolgreich sein wollen, sollten Sie das Gleiche tun. So«, sagte er, »ich gehe jetzt hinaus, durch den Kordon und durch Lafayettes Truppen. Ich werde lächeln, was bei mir zugegebenermaßen selten vorkommt, und mit forscher Geste dieses elegante Spazierstöckchen schwenken, das M. Danton mir umsichtigerweise mitgeschickt hat. Es ist wie im Märchen, finden Sie nicht? Und dann reise ich nach England, bis die größte Aufregung sich gelegt hat. Was für Sie alle eine Erleichterung sein dürfte.«
    GABRIELLE : Als es klopfte, wusste ich nicht, was ich tun sollte. Aber es war nur die kleine Louise von oben. »Ich war draußen, Mme Danton.«
    »Oh, Louise, das hättest du nicht tun dürfen.«
    »Ich habe keine Angst. Außerdem ist schon alles vorbei. Die Truppen zerstreuen sich. Lafayette hat die Nerven verloren. Und ich verrate Ihnen auch ein Geheimnis, Mme Danton, M. Desmoulins hat gesagt, dass ich es Ihnen sagen soll. Marat ist gar nicht mehr da. Er ist vor einer Stunde entkommen, als Mensch verkleidet.«
    Ein paar Minuten später kam Georges heim. An dem Abend feierten wir ein Fest.
    Am nächsten Tag wollte mein Mann seinen Sitz in der Kommune einnehmen. Es gab neuerlichen Streit. Ein paar Leute versuchten ihn wegzuschicken und sagten, er habe im Stadtrat nichts mehr verloren, weil er Recht und Ordnung nicht achte. Sie sagten, er gebärde sich in seinem Distrikt wie ein König. Sie sagten eine Menge furchtbarer Dinge über Georges – er würde Geld von den Engländern nehmen, damit er die Revolution schürt, er würde Geld vom Hof nehmen, damit er die Revolution eindämmt. Eines Tages kam der Abgeordnete Robespierre, und sie redeten darüber, wer Georges alles verleumdet. Der Abgeordnete Robespierre sagte, er brauche sich nicht allein zu fühlen. Er hatte einen Brief von seinem Bruder Augustin aus Arras dabei, den er Georges zu lesen gab. Offenbar behaupten die Leute in Arras, Robespierre sei ein gottloser Mann, der den König ermorden wolle – was auf gar keinen Fall stimmen kann, denn ich habe nie einen sanfteren Menschen getroffen. Er tat mir leid; in den Royalisten-Postillen, wie Georges sie nennt, behaupten sie sogar, er stamme von Damiens ab, dem Mann, der den alten König zu töten versuchte. Als er für eine Amtsperiode zum Präsidenten des Jakobinerclubs gewählt wurde, hat Lafayette unter Protest den Raum verlassen.
    Nach Antoines Geburt kam Georges’ Mutter für ein paar Tage aus Arcis zu Besuch, um das Kind zu sehen. Georges’ Stiefvater wäre auch gern gekommen, aber er fand nicht die Zeit, weil er so viele Spinnmaschinen erfinden musste – hieß es zumindest, aber ich glaube, der arme Mann war einfach heilfroh, einmal ein paar Tage für sich zu haben. Es war grässlich. Ich sage das ungern, aber Mme Recordain ist die unangenehmste Person, die ich je kennengelernt habe.
    Das Erste, was sie sagte, war: »Paris ist so verdreckt, wie kann man hier ein Kind groß werden lassen. Kein Wunder, dass ihr das erste verloren habt. Den hier schickt ihr besser zu uns aufs Land, wenn er entwöhnt ist.«
    Ich dachte, ja, eine hervorragende Idee, dann kann ihn ein Stier auf die Hörner nehmen und fürs Leben verunstalten.
    Dann schaute sie sich um und sagte: »Diese Tapete muss ja ein Heidengeld gekostet haben.«
    Gleich bei der ersten Mahlzeit beschwerte sie sich über das Gemüse und wollte wissen, wie viel ich unserer Köchin bezahle. »Viel zu viel«, sagte sie. »Wo kommt das ganze Geld überhaupt her?« Ich erklärte ihr, wie hart Georges arbeitet, aber sie schnaubte nur und sagte, sie wisse sehr gut, was Anwälte in seinem Alter verdienten, und es sei nie und nimmer genug, um in einem Palast zu leben, mit einer Frau, die sich immerfort nur bedienen lässt.
    So sieht sie mich.
    Als ich sie zum Einkaufen mitnahm, fasste sie die Preise als persönlichen Affront auf. Sie musste zugeben, dass wir gutes Fleisch

Weitere Kostenlose Bücher