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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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»Aber jetzt« – und plötzlich war ihr, als sei es damit auf den Punkt gebracht – »jetzt bist du eine bekannte Persönlichkeit. Jetzt ist alles, was du tust, eine große Sache.«
    »Und ich bin jetzt dein Mann. Und niemand wird mir jemals wieder etwas vorwerfen können, außer dass ich meine Frau zu sehr liebe und keinen Stoff für Klatsch und Tratsch mehr liefere.« Camille stieß seinen Stuhl zurück. »Die Jakobiner können mir gestohlen bleiben. Ich habe heute keine Lust, mir Reden anzuhören. Ich würde viel lieber eine Theaterkritik schreiben. Einverstanden? Ich gehe so gern ins Theater mit dir. Ich zeige mich so gern mit dir in der Öffentlichkeit. Man beneidet mich. Und weißt du, was mir am allerbesten gefällt? Wenn die Leute dich anschauen und sich ihre Vorstellungen machen und fragen, ist sie verheiratet? Ja, ist sie, und das ist gleich der erste Schlag, aber dann denken sie, na gut, aber trotzdem, und sie fragen, mit wem? Und jemand sagt, mit dem Laternenanwalt, und sie sagen, oh!, und gehen glasigen Blickes ihrer Wege.«
    Sie stürzte davon, um sich fürs Theater umzuziehen. Im Rückblick musste sie das Geschick bewundern, mit dem er vom Thema abgelenkt hatte.
    Eine kleine Dame – die Frau von Roland – kam an Pétions Arm aus der Manege. »Paris hat sich sehr verändert«, sagte sie, »seit ich vor sechs Jahren hier war. Diesen Besuch werde ich nie vergessen. Wir waren jeden einzelnen Abend im Theater. Es war eine herrliche Zeit.«
    »Wir werden alle unser Bestes tun, Sie auch diesmal zufriedenzustellen«, versicherte Pétion galant. »Wobei Sie ja Pariserin sind, wie mir mein Freund Brissot erzählt hat?«
    Du trägt etwas arg dick auf, Jérôme, dachte sein Freund Brissot.
    »Ja, aber die Geschäfte meines Gatten haben uns so lange in der Provinz festgehalten, dass ich das Prädikat kaum noch für mich beanspruchen darf. Wie oft habe ich mir gewünscht, zurückkehren zu dürfen – und nun bin ich hier, dem Stadtrat von Lyon sei Dank.«
    Brissot dachte, sie redet wie jemand aus einem Roman.
    »Ich bin sicher, Ihr Gatte ist ein höchst verdienter Verhandlungsführer«, sagte Pétion, »aber lassen Sie uns doch ganz heimlich hoffen, dass er die Angelegenheiten Lyons nicht allzu rasch abwickelt. Es wäre zu schmerzlich für uns, so bald schon wieder um den Genuss Ihrer klugen Ratschläge gebracht zu werden – und um den Zauber Ihrer Person!«
    Sie sah zu ihm hoch und lächelte. Sie war eine Frau nach seinem Geschmack: klein, ein bisschen rundlich, mit haselnussbraunen Augen und kastanienbraunen Ringellocken um ein volles Gesicht – die Frisur vielleicht eine Spur zu jugendlich für sie? Wie alt mochte sie sein, fünfunddreißig? Er stellte sich vor, den Kopf in ihrem üppigen Busen zu vergraben – bei späterer Gelegenheit, versteht sich.
    »Brissot hat mir schon oft von seiner Korrespondentin in Lyon erzählt«, sagte er, »seiner ›Römerin‹. Und selbstredend habe ich alle Ihre Artikel gelesen und sowohl Ihren eleganten Schreibstil zu bewundern gelernt als auch die edle Denkart, der dieser Stil entspringt; doch niemals, muss ich gestehen, sind mir Schönheit und Geist in solch vollendeter Personalunion begegnet.«
    Ein kaum merkliches Erstarren in ihrem Lächeln zeigte, dass dies ein wenig zu viel des Guten war. Brissot verdrehte ganz offen die Augen. »Was war Ihr Eindruck von der Nationalversammlung, Madame?«, erkundigte er sich.
    »Ich denke, sie hat sich vielleicht ein wenig überlebt – gnädiger kann man es nicht ausdrücken. Und ein so ungebärdiger Haufen! Die heutige Sitzung kann doch wohl kaum typisch gewesen sein?«
    »Leider doch.«
    »Sie verschwenden so viel Zeit – kabbeln sich wie die Schuljungen! Ich hatte auf einen etwas würdigeren Ton gehofft.«
    »Die Jakobiner haben Ihnen besser gefallen, schien mir. Eine sachlichere Form der Debatte.«
    »Zumindest scheinen sie sich mit den anstehenden Aufgaben zu befassen. Auch in der Versammlung sind ja sicher Patrioten, aber es ist doch erschreckend, dass sich erwachsene Männer so leicht hinters Licht führen lassen.« Ihr Blick verdüsterte sich unter der unvermeidlichen Schlussfolgerung: »Gut, wahrscheinlich sind einige von ihnen nur zu gern dazu bereit. Einige müssen ja direkt vom Hof gekauft sein. Andernfalls kämen wir nicht derart langsam vom Fleck. Begreifen sie denn nicht, dass die Freiheit nur dann in Europa einziehen kann, wenn wir uns aller Monarchen entledigen?«
    Danton ging an ihnen vorbei, unterwegs in

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