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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Satz auf die Füße. Er trat wieder ans Pult, aber nicht, um ihre Aufmerksamkeit lange zu strapazieren; mit seiner kühlen, gleichmäßigen Stimme bat er die Versammlung um etwas Zeit, um seine Verteidigung vorzubereiten. Danton hätte sich am Pult aufgebaut und sie alle miteinander zurechtgestutzt, die Anklage in der Luft zerrissen, aber das war nicht Robespierres Art. Er gab Danton ein Zeichen, ein kurzes Nicken, fast eine Verneigung, dann verließ er den Saal, umdrängt von einer Schar Montagnards, allen voran sein Bruder Augustin, der seinen Arm umklammerte und sagte, dass die Gironde ihn umbringen würde.
    »Ein böser Moment«, sagte Legendre. »Wer hätte damit gerechnet? Ich sicher nicht.«
    Danton war sehr bleich. Seine Narbe leuchtete. »Sie wollen mich ködern.«
    » Dich ködern, Danton?«
    »Ja, mich. Wenn sie Robespierre angreifen, greifen sie gleichzeitig mich an; wenn sie es mit ihm aufnehmen wollen, dann müssen sie es auch mit mir aufnehmen. Sagt ihnen das. Sagt das Brissot.«
    Sie sagten es Vergniaud, später. »Ich bin nicht Brissot«, sagte er. »Ich bin kein Brissotist. Jedenfalls halte ich mich nicht dafür. Ihr werft mit diesem Wort um euch wie mit Almosen für die Armen. Trotzdem – wir haben Danton unnett behandelt. Wir haben ihm seine Machtposition im Kabinett verübelt, wir haben schlecht über seine Freunde geredet. Manche von uns haben ihren Frauen erlaubt, persönliche Bemerkungen zu machen. Wir haben Einsicht in seine Bücher gefordert, was ihn natürlich nervös machen muss. Wir sind, kurz gesagt, nicht ordnungsgemäß vor ihm im Staub gekrochen. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass er deshalb einen Groll gegen uns hegt. Wie sträflich naiv von mir.« Er breitete die Hände aus. »Aber privat dürften er und Robespierre sich doch eigentlich nicht grün sein? Spielt das eine Rolle? O ja, irgendwann wird es das.«
    Und Louvet: Nun hatte er seinen großen Auftritt, und die Knie haben ihm gezittert dabei; das Beifallklatschen des Herzogs verfolgt ihn wie eine böse Erinnerung. Er ist eben doch nur ein kleiner Romancier, unbedeutend, ein Leichtgewicht, Spielzeug für eine Raubkatze, die ihre Krallen wetzt. Jetzt werden sie sich fragen, warum sie ihn ausgewählt haben, seine Freunde, die Robespierre am Zeug flicken wollten. Die Ebene hat lediglich gesehen, wie Robespierre Platz machte, wie er sich hinsetzte, wie er Schweigen geboten hat: So handelt kein Despot. Aber nur ich, denkt Louvet, werde wissen, dass ich schon erledigt war, noch bevor ich den Mund öffnete, noch bevor ich überhaupt die Tribüne betrat – dass in diesem netten, ermutigenden Judaslächeln ein Dolch verborgen war.
    »Für uns«, sagte Mme Duplay, »ist er wie ein Sohn.«
    »Aber tatsächlich«, erwiderte Charlotte Robespierre, »ist er mein Bruder. Weshalb leider Gottes mein Anrecht auf ihn vor jeglichen Anrechten kommt, die Sie und Ihre Töchter zu haben glauben.«
    Mme Duplay als vielfache Mutter konnte von sich behaupten, dass sie etwas von Mädchen verstand. Sie verstand ihre krankhaft schüchterne Victoire, ihre ernsthafte, linkische Eléonore und ihre hübsche, kindliche Babette. Sie verstand auch Charlotte Robespierre. Aber sie wusste nicht, wie ihr Paroli bieten.
    Als Maximilien ihr mitgeteilt hatte, dass sein Bruder Augustin nach Paris ziehen würde, hatte er sie um Rat wegen seiner Schwester gefragt. Zumindest dachte sie, das hätte er. Er schien es schwierig zu finden, über das Mädchen zu sprechen.
    »Wie ist sie so?« Sie war natürlich neugierig gewesen. Er erzählte so wenig von seiner Familie. »Ist sie ein stiller Mensch, so wie Sie? Worauf darf ich mich einstellen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er mit besorgtem Gesicht.
    Maurice Duplay hatte darauf bestanden, dass das Haus groß genug für sie alle sei. Und in der Tat gab es zwei Zimmer, die derzeit unmöbliert waren und nie benutzt wurden. »Können wir Ihre Geschwister bei Fremden unterkommen lassen?«, fragte er. »Nein, wir gehören alle zusammen, als eine Familie.«
    Der Tag kam heran. Der Wagen fuhr vor dem Tor vor. Augustin machte gleich einen angenehmen Eindruck – ein liebenswürdiger, tüchtiger junger Mann, dachte Madame, der es sichtlich kaum erwarten konnte, seinen Bruder wiederzusehen. Sie breitete die Arme aus, um das holde, junge Ding, das eine Schwester von Max doch gewisslich sein musste, an ihr Herz zu drücken. Charlottes kalter Blick ließ sie zurückprallen. Ihre Arme fielen herab.
    »Wenn Sie uns vielleicht gleich unsere

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