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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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typischen kleinen Kladden; eine frische. Er schlug die erste Seite auf. Er setzte sich hin, tauchte die Feder in die Tinte, schrieb DANTON . Am liebsten hätte er noch etwas hinzugefügt: Privat. Nur für meine Augen bestimmt. Aber auch wenn er sich für keinen großen Menschenkenner hielt, war ihm klar, dass er damit nur zu Wühlen und Schnüffeln einlud, zu gierigem Vorwärtsgeblätter. Er runzelte die Stirn. Sollten sie doch lesen … oder konnte er die Kladde einfach immer mit sich herumtragen? Er war sich selbst nicht sehr sympathisch, als er sich an die Arbeit machte, sein Gespräch mit Camille niederschrieb.
    Maximilien Robespierre:
Wir wollen in unserem Land anstelle des Egoismus die Moral setzen, anstelle der Ehre die Rechtschaffenheit, anstelle der Gewohnheiten die Grundsätze, anstelle der Willkür die Pflichten, anstelle der Tyrannei der Mode das Reich der Vernunft, anstelle der Verachtung des Unglücks die Verachtung des Lasters … anstelle der Geldgier die Liebe zum Ruhm, anstelle der »guten Freunde« die guten Menschen, anstelle der Intrige das Verdienst … anstelle der Kleinheit der Großen die Größe des Menschen, ein großmütiges, mächtiges, glückliches Volk anstelle eines liebenswürdigen, frivolen und erbärmlichen, d. h. alle Tugenden und alle Wunder der Republik anstelle der Laster und Lächerlichkeiten der Monarchie.
    Camille Desmoulins:
Bis zum heutigen Tag war man sich mit den Gesetzgebern von einst darüber einig, dass die notwendige Grundlage einer Republik die Tugend sei; der ewige Ruhm der Jakobiner wird darin bestehen, eine Republik ganz auf das Laster gegründet zu haben.
    Den Juni hindurch Katastrophenmeldungen aus der Vendée. Die Rebellen erobern vorübergehend Angers, dann Saumur, dann Chinon und unterliegen nur knapp in der Schlacht um Nantes, wo vor der Küste die britische Marine darauf wartet, ihnen Unterstützung zu leisten. Der Danton-Ausschuss gewinnt weder den Krieg, noch kann er einen Frieden in Aussicht stellen. Wenn die Kette der Unglücksbotschaften und Niederlagen bis zum Herbst nicht abreißt, werden die Sansculotten das Ruder in die eigene Hand nehmen und sich gegen die Regierung und ihre gewählten Anführer wenden. So zumindest beurteilt man die Lage (ob mit oder ohne Danton) beim Wohlfahrtsausschuss, dessen Beratungen geheim sind. Unter dem schwarzen Dreispitz, der das Abzeichen seines Amtes ist, wird Bürger Fouquier täglich abgehärmter, während er auf die Aktenberge auf seinen Schreibtisch starrt und Ablenkungen für die kommenden Tage ersinnt; mit dem scharfen, verhungerten Ausdruck, den er jetzt immer auf dem Gesicht trägt, erscheint er als ein Abbild der Republik selbst.
    Und wenn eine Ablenkung her muss, warum nicht einen General verhaften? Arthur Dillon ist ein Freund hochangesehener Abgeordneter, ein Bewerber um den Posten des Oberbefehlshabers der Nordfront, er hat sich bei Valmy und in einem halben Dutzend Schlachten seither hervorgetan. In der Nationalversammlung war er ein Liberaler, jetzt ist er Republikaner. Was also liegt näher, als dass er am 1. Juli ins Gefängnis geworfen wird, weil er angeblich Militärgeheimnisse an den Feind verraten hat?
    Claudes Gesundheit, so versicherten ihm alle, erfordere Spazierengehen, ausgedehntes, tägliches Spazierengehen. Sein Arzt war an dem Komplott beteiligt: Schonende körperliche Ertüchtigung konnte nie schaden, und wenn eines der garstigsten Konventsmitglieder unbedingt eine Affäre mit seiner Schwiegermutter haben wollte, wer war er, dass er ihm Steine in den Weg legte?
    Annette für ihren Teil fand ihr Leben weit weniger aufregend, als allgemein angenommen wurde. Jeden Vormittag durchforstete sie die Provinzzeitungen, überflog die Artikel, schnitt aus, exzerpierte. Sie saß neben ihrem Schwiegersohn, öffnete gemeinsam mit ihm seine Post, notierte auf den Umschlägen, wie damit zu verfahren sei – was geschickt oder gesagt werden musste, ob sie oder besser doch er das Antworten übernahm oder ob der Brief geradewegs ins Kaminfeuer wandern sollte. Wer hätte gedacht, sagte sie manchmal zu ihm, dass ich als deine Sekretärin enden würde? Fast zehn Jahre war es jetzt her, dass sie nicht miteinander geschlafen und den Rest der Familie grausam getäuscht hatten. Sie versuchten zu rekonstruieren, wann genau Fréron sich erstmals mit Camille im Schlepptau in Annettes Salon gedienert hatte. Damals hatte sie noch nicht so sorgfältig Buch über alles geführt.
    Wenn sie auf das exakte Datum kämen,

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