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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Verfassung wäre ich nicht allzu gut aufgelegt.«
    »Ach ja, Dillon. Fünf Minuten kann ich für das Thema erübrigen. Insoweit Dillon Aristokrat von Geburt ist, gehört er guillotiniert –«
    »Für seine Geburt kann er nichts.«
    »Jeder hat Mängel, für die er nichts kann, aber darauf können wir nicht bis in alle Ewigkeit Rücksicht nehmen. Insoweit Dillon der Liebhaber Ihrer Frau ist, stellen Sie nur Ihre widernatürliche Veranlagung unter Beweis, wenn Sie sich für ihn einsetzen. Insoweit hinter dieser Sache die Ausschüsse stecken – gehen Sie ihnen an die Gurgel, und Gott segne Sie, mein Kind.« Marat hieb mit der geballten Faust auf sein Schreibbrett. »Machen Sie ihnen die Hölle heiß.«
    »Ich befürchte, wenn Dillon wegen dieser lächerlichen Anschuldigungen vor das Tribunal kommt – wenn er als der völlig Unschuldige, der er ist, vor das Tribunal kommt –, könnte er trotz allem verurteilt werden. Halten Sie das auch für möglich?«
    »Ja. Er hat Feinde, mächtige Feinde. Was erwarten Sie? Das Tribunal ist ein Werkzeug der Politik.«
    »Das Tribunal ist eingesetzt worden, um die Volksjustiz zu beenden.«
    »Das hat Danton gesagt, ja. Aber es wird noch über sie hinausgehen. Machen Sie sich auf ein paar hitzige Kämpfe gefasst.« Marat sah auf. »Und Sie – wenn Sie sich zum Anwalt dieser ci-devants machen, wird es ein übles Ende mit Ihnen nehmen.«
    »Und Sie?«, fragte Camille gleichmütig. »Geht es bergab mit Ihnen? Sterben Sie?«
    Marat klopfte gegen die Wand seiner Wanne. »Nein … ich schleppe mich weiter … und weiter.«
    Szenen im Nationalkonvent. Dantons Freund Desmoulins und Dantons Freund Lacroix versuchen, sich über die Bankreihen hinweg niederzuschreien wie bei einer Straßenversammlung. Dantons Freund Desmoulins attackiert den Danton-Ausschuss. Buhgebrüll von beiden Seiten des Hauses. Vom Berg herab ruft der Abgeordnete Billaud-Varennes: »Es ist ein Skandal, hält denn keiner ihn auf, er macht seinem eigenen Namen Schande!«
    Also stürmte er wieder einmal aus dem Saal. Es wurde langsam zur Gewohnheit. Fabre folgte ihm. »Schreib stattdessen«, sagte er.
    »Das habe ich vor.« Den Brief, den ihm Dillon aus dem Gefängnis geschickt hatte, kannte man bereits, er hatte ihn den Deputierten vorgelesen. Ich habe nichts getan, schrieb Dillon, das nicht zum Besten meines Landes gewesen wäre. »Ein Pamphlet«, sagte Camille. »Wie soll ich es nennen?«
    »Nenn es einfach ›Ein Brief an Arthur Dillon‹. Die Leute lesen gern fremde Post.« Fabre nickte in Richtung des Sitzungssaals. »Begleich ein paar Rechnungen, wenn du schon dabei bist. Bring ein paar Feldzüge auf den Weg.«
    Insgeheim dachte er, was tue ich da, was mache ich da nur? Das Letzte, was er wollte, war, in die Sache mit Dillon hineingezogen zu werden.
    »Was hat Billaud gemeint – ich mache meinem eigenen Namen Schande? Bin ich denn eine Institution?«
    Er kannte die Antwort: Ja. Er war die Revolution. Und nun hielt man es offenbar für angezeigt, die Revolution vor sich selbst zu beschützen.
    Ein ältlicher Abgeordneter näherte sich ihm mit ernstem Blick, nahm ihn trotz seiner grimmigen Miene beiseite und wollte ihm einen Kaffee ausgeben. Kennen Sie Dillon gut?, fragte der Mann ihn. Ja, sehr gut. Und wissen Sie, fragte der Mann – schauen Sie, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie müssen doch Bescheid wissen – von Dillon und Ihrer Frau? Camille nickte. Im Geist formulierte er den nächsten Absatz. Sie haben das nicht verdient, sagte der Abgeordnete. Sie verdienen etwas Besseres, Camille. Es ist die alte Geschichte, denke ich mir – Sie sind von öffentlichen Angelegenheiten in Beschlag genommen, Ihre Frau langweilt sich, sie ist flatterhaft, und Sie haben nicht Dillons Äußeres.
    Es gab also doch Güte auf der Welt – dieser überforderte, geduldige Mensch, der sich todesmutig in eine Situation begab, die er nicht durchschaute – der irgendwelche reißerischen Gerüchte aufgeschnappt hatte und nun einem jungen Mann etwas Gutes tun wollte, vielleicht, wer konnte es wissen, weil er vor zwanzig Jahren selbst betrogen worden war. Danke, sagte Camille höflich. Als er das Café verließ, um heim an seinen Schreibtisch zu gehen, spürte er wieder dieses ganz eigene Prickeln im Blut; es war wie in den Tagen der Révolutions , die Macht der Worte berauschte ihn wie eine Droge. Entsprechend war er die nächsten zwei Wochen auch nicht ganz bei Verstand. Wenn er nicht gerade schrieb oder mit jemandem

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