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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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reden«, sagte Danton.
    Sie waren in einem der staubigen, spärlich möblierten kleinen Räume, die man über das Labyrinth dunkler Gänge erreichte, das vom Sitzungssaal wegführte. Sie waren unter sich, fühlten sich aber nicht so, dafür war der Aufruhr zu nahe; sie konnten den Mob fast riechen. Camille und Fabre drüben an ihrer Wand versuchten sich möglichst unsichtbar zu machen. Es war der 5. September, und die Sansculotten waren bei ihren Vertretern im Saal und demonstrierten oder randalierten.
    »Ich habe gesagt, Danton, warum lehnen Sie sich gegen die Tür?«
    »Damit Saint-Just nicht hereinkommt«, parierte Danton geistesgegenwärtig. Bloß nie Erklärungen abgeben. Robespierre öffnete den Mund. »Nein, jetzt rede ich«, sagte Danton. »Das haben Hébert und Chaumette organisiert.«
    Robespierre schüttelte den Kopf.
    »Also«, sagte Danton, »ganz unwahr ist es sicher nicht. Oder die Sansculotten haben sich selbst organisiert, was eine Wendung der Dinge wäre, die mir noch weniger passt. Also müssen wir sicherstellen, dass wir ihnen einen Zug voraus sind. Ihre Forderungen als Paket bündeln und es ihnen als Geschenk von der Bergpartei überreichen. Zwangswirtschaft, Preisbeschränkungen, jederzeit. Festnahme von Verdächtigen, auch in Ordnung. Aber dabei bleibt’s dann – keine Enteignungen. Ja, Fabre, ich weiß, was die Geschäftsleute von einer Zwangswirtschaft halten werden, aber das ist ein Notfall, wir müssen Zugeständnisse machen, und wieso soll ich mich vor dir überhaupt rechtfertigen?«
    »Wir dürfen Europa kein statisches Ziel bieten«, sagte Robespierre leise.
    »Was sagen Sie?«
    Nichts; Robespierre winkte ab, nervös und am Ende mit seiner Geduld.
    »Du musst dich mit der Inhaftierung Verdächtiger anfreunden, Camille, definieren können wir es später. Ja, ich weiß, das ist das A und O, aber ich brauche einen Schrieb, um das Gesetz auf den Weg zu bringen. Nein, sei still, ich hör dir jetzt eh nicht zu.«
    »Hören Sie dann vielleicht mir zu?«, rief Robespierre, so laut er konnte. Danton unterbrach sich. Er sah Robespierre misstrauisch an.
    »Na schön, lassen Sie hören.«
    »Morgen wird der Ausschuss neu gewählt. Wir wollen ihn um Collot d’Herbois und Billaud-Varennes erweitern. Sie legen uns vollständig lahm mit ihrer andauernden Kritik an allem, und wir wissen nicht, wie wir sie sonst zum Schweigen bringen sollen. Ja, ich weiß, das ist feige gehandelt. Uns fehlt jemand, der die Zügel anzieht, das ist es. Der Ausschuss will Sie zurückhaben.«
    »Nein.«
    »Bitte, Danton«, sagte Fabre.
    »Ihr erhaltet von mir alle Unterstützung, die ihr braucht. Ich setze die Ausweitung eurer Befugnisse durch. Sagt mir einfach, was ihr vom Konvent wollt, und ihr bekommt es. Aber ich sitze nicht mit euch im Ausschuss, das ertrage ich nicht. Verdammt noch mal, könnt ihr das nicht begreifen? Ich bin nicht für Ausschüsse geschaffen. Ich arbeite allein, ich habe meinen Instinkt, und ich muss in der Lage sein, ihm zu folgen. Ich hasse eure verfluchte Tagesordnung und eure Protokolle und eure Regularien.«
    »Ihre Einstellung ist eine Zumutung!«, schrie Robespierre ihn an.
    Der Lärm außerhalb des Zimmers schwoll an. Danton bewegte den Kopf in die Richtung. »Lasst mich das für euch in die Hand nehmen. Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der sich da draußen Gehör verschaffen kann.«
    »Es ist empörend, wie Sie –«, begann Robespierre. Seine Worte gingen unter. »Das Volk«, schrie er, »ist durch und durch gut, und wenn es die Zwecke der Revolution behindert – ja, selbst in Toulon –, müssen wir dafür seine Anführer zur Verantwortung ziehen.«
    »Wie kommen Sie jetzt auf so was?«, fragte Danton ihn.
    Fabre stieß sich von der Wand ab. »Er versucht eine Doktrin zu verkünden!« Seine Stimme überschlug sich fast. »Er fühlt sich zu einer Predigt berufen!«
    »Wenn nur«, übertönte ihn Robespierre, »wenn nur mehr vertu in der Welt wäre!«
    »Mehr was?«
    » Vertu . Vaterlandsliebe. Opfermut. Bürgersinn.«
    »Ihr Humor in allen Ehren«, – Danton reckte den Daumen in die Richtung, aus der der Lärm kam –, »aber die einzige vertu , die diese Bagage kennt, ist die Sorte, die ich jede Nacht bei meiner Frau beweise.«
    Robespierres Gesicht verzog sich wie das eines Kindes, das gleich zu weinen anfangen wird. Er folgte Danton auf den dunklen Gang hinaus.
    »Das wünschst du dir jetzt wahrscheinlich ungesagt, oder?«, fragte Fabre. Sanft zog er Camille von der Wand

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