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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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zu sehen, was geschehen war, die Wachen hielten die Schaulustigen nur mit Mühe zurück.
    »Was für ein Ende«, sagte einer der Geschworenen.
    Mit unbewegter Miene gab Vergniaud Dr. Lehardi, einem der Angeklagten, ein Zeichen. Lehardi kniete sich neben den zu Boden gesunkenen Mann. Dann hielt er einen langen Dolch hoch, der bis zum Schaft blutverschmiert war. Der Staatsanwalt nahm ihm die Waffe sofort ab. »Dazu werde ich mich noch äußern«, sagte Fouquier. »Den hätte er auch gegen mich verwenden können.«
    Brissot saß in sich zusammengesackt da, das Kinn auf der Brust. Valazés Blut lief jetzt dunkelrot über das Schwarzweiß. Man schaffte etwas Raum. Zwei Gendarmen hoben den klein und sehr tot aussehenden Valazé auf und trugen ihn hinaus.
    Das Drama war noch nicht vorbei. Bürger Desmoulins war bei dem Versuch, den Gerichtssaal zu verlassen, in eine tiefe Ohnmacht gesunken.
     
    17.  BRUMAIRE : Hinrichtung von Philippe, bekannt als Bürger Égalité. Als Henkersmahl verzehrte er zwei Koteletts, mehrere Austern und fast eine ganze Flasche Bordeaux. Bei seinem Gang aufs Schafott trug er eine Weste aus weißem Pikee, einen grünen Rock und gelbe Lederhosen: sehr englisch. »Nun, guter Mann«, sagte er zu Sanson, »dann bringen wir das mal schnell hinter uns, ja?«
     
    DER HENKER : Seine Betriebskosten sind in erschreckendem Maße gestiegen, seit der Terror begonnen hat. Er muss von seinem eigenen Lohn sieben Männer bezahlen, und bald wird er bis zu einem Dutzend Karren pro Tag mieten müssen. Vorher ist er mit zwei Gehilfen und einem Karren ausgekommen. Was er als Lohn anbieten kann, verlockt die Leute nicht eben, für ihn zu arbeiten. Er muss die Stricke, mit denen die Verurteilten gebunden werden, selbst bezahlen und ebenso die Weidenkörbe, in denen die Leichen hinterher fortgetragen werden. Zuerst hatte man geglaubt, die Guillotine würde die Enthauptung zu einer sauberen, angenehmen Sache machen, doch wenn man zwanzig, dreißig Leute am Tag köpfen muss, stellen allein die Dimensionen ein ganz eigenes Problem dar. Haben die Machthaber irgendeine Vorstellung davon, wie viel Blut auch nur aus einem einzigen Enthaupteten läuft? Das Blut greift alles an, ruiniert es, zuallererst seine Kleider. Manchmal spritzt es ihm bis zu den Knien, das ist den Leuten da unten gar nicht klar.
    Es ist Schwerstarbeit. Wenn jemand vorher versucht hat, sich umzubringen, ist er möglicherweise in übler Verfassung, ist durch die Wirkung des Gifts oder den Blutverlust zusammengebrochen, und man kann sich bei dem Versuch, ihn unter dem Beil in die richtige Position zu bringen, verheben. Kürzlich hat Bürger Fouquier darauf bestanden, eine Leiche zu enthaupten, was ein Haufen unnötige Arbeit war, wie alle fanden. Ist wiederum jemand verkrüppelt oder missgebildet, kostet es viel Schweiß und Kraft, ihn auf den Tisch zu schnallen, und das Publikum (das ohnehin nicht viel sehen kann) beginnt oft, sich zu langweilen und zu pfeifen und zu buhen. Vor der Guillotine bildet sich unterdessen eine Schlange, und den Leuten am Ende der Schlange wird mulmig, sie fangen an zu schreien oder werden ohnmächtig. Wären alle Hinzurichtenden junge Männer, stoisch und in guter körperlicher Verfassung, hätte er weniger Probleme, aber es ist erstaunlich, wie wenige Todeskandidaten all diese Eigenschaften auf sich vereinigen. Die Bürger, die in der Nähe des Schafotts leben, beschweren sich, er verstreue nicht genügend Sägespäne, die das Blut aufsaugen, sodass sich ein übler Gestank verbreite. Die Maschine selbst arbeitet lautlos, effizient, verlässlich, aber natürlich muss er den Mann bezahlen, der die Klinge schärft.
    Er versucht den Vorgang so effizient wie möglich zu gestalten, ihn zu beschleunigen. Fouquier sollte sich nicht beklagen. Man denke nur an die Brissotisten: einundzwanzig Leute plus die Leiche, in genau sechsunddreißig Minuten. Nicht dass er einen seiner ausgebildeten Gehilfen zur Zeitmessung hätte entbehren können, aber ein wohlwollender Zuschauer hatte sich bereit erklärt, sich mit der Uhr daneben zu stellen – nur für den Fall, dass es später Beschwerden geben sollte.
    In früheren Zeiten war der Henker angesehen; man blickte zu ihm auf. Es gab ein spezielles Gesetz, das ihn davor schützte, verunglimpft zu werden. Er hatte ein Stammpublikum, das kam, um fachmännische Arbeit zu sehen, und das es zu schätzen wusste, wenn er sich zusätzliche Mühe machte. Damals kamen die Leute zu den Hinrichtungen, weil sie

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